FC Pipinsried:Gut gespielt, schlecht gelaunt

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Angeschlagen: Pipinsrieds Spielertrainer Fabian Hürzeler (rechts) stand offenbar schon vor zwei Wochen kurz vor seiner Entlassung. (Foto: Toni Heigl)

Für ein paar Minuten ist Pipinsried so gut wie abgestiegen, dann gewinnt die Mannschaft noch 2:1 gegen Rosenheim. Von Aufbruchsstimmung ist aber auch nach dem wichtigen Sieg nichts zu bemerken.

Von Christoph Leischwitz, Pipinsried

Plötzlich ging alles wahnsinnig schnell, Thomas Berger bekam den Ball mit dem Rücken zum Tor, machte eine Drehung, eigentlich in seinen Gegner hinein, aber so flink, dass er diesen wie eine rote Slalomstange stehenließ. Sein rechter Fuß, sagt Berger, sei beim Schießen eigentlich der Genauere, der Linke habe dafür "etwas mehr Zug, das haben mir meine Eltern so beigebracht". Er wurde nicht angegriffen, einmal legte er sich den Ball noch vor, zog aus 20 Metern mit links ab - und traf zum 2:1-Sieg für den FC Pipinsried (69.). Keine fünf Sekunden hatte seine erlösende Aktion gedauert, und doch war das nach eigenem Bekunden genug, um noch einmal die "ganze sch... Saison" am geistigen Auge vorbeiziehen zu sehen. Die wiederum genau wegen dieses Tores vielleicht ja doch gar nicht so sch.... ist.

Es war eine seltsame Gefühlslage nach dem Regionalliga-Abstiegskrimi gegen den TSV 1860 Rosenheim, zu dem die Pipinsrieder nach dem 0:1 (36.) durch Linor Shabani innerhalb weniger Blitztabellen-Minuten den Abstand von acht auf zwei Punkte verringert hatten. "Das Schöne ist ja: Wir waren so schlecht in dieser Saison und haben trotzdem noch die Chance, drin zu bleiben", sagte der ehemalige Kapitän Berger, der den FC Pipinsried zum Saisonende nach fünf Jahren verlassen wird.

Irgendwie war sie schon zu erkennen, die Freude über den Sieg, ohne den die Mission Ligaverbleib schon geendet hätte. Aufbruchsstimmung aber sieht anders aus.

Einig scheint man sich nur darin zu sein, dass man die Saison so gut wie möglich über die Bühne bringen will. Wobei, nicht einmal das scheint noch komplett zu kitten. Nach dem Spiel war zwischen Rasen und Vereinsheim zu hören, dass der Aufwand für die vielen Ehrenamtlichen in der Regionalliga so hoch sei, dass der eine oder andere nichts einzuwenden hätte gegen einen entschleunigenden Abstieg. Der Rest scheint ein Fleckenteppich aus Einzelinteressen. Marian Knecht, dessen Weggang zum künftigen Regionalligisten Türkgücü-Ataspor schon recht lange feststeht, sagte nach dem Spiel, er habe eine Schambeinentzündung Das müsse man in aller Vorsicht ausheilen, er wisse nicht, ob er für den FC noch einmal auflaufen kann. Gleichzeitig saß Knecht aber auch während der Partie gegen Rosenheim in Zivil auf der Ersatzbank und fieberte mit. Im Verein zeigt man sich allerdings überrascht. Von einer Schambeinentzündung wussten auch Verantwortliche bis vor Kurzem: gar nichts.

Da ist Abwehrspieler Luis Grassow, der sich vor einigen Wochen für zwei Spiele abgemeldet hatte und damals vom Manager Roman Plesche dafür heftig kritisiert worden war. Grassow hatte während des Spiels viel zu kommentieren, positiv formuliert: Er putschte die Mannschaft auf. Als er mit einer Kopfballverlängerung nach einem Freistoß in der 50. Minute das immens wichtige 1:1 erzielte, jubelte allein der Vorlagengeber Amar Cekic mit ihm, andere Mitspieler trotteten nur mit dem Blick auf den Boden zurück in die eigene Hälfte.

Da ist der Spielertrainer Fabian Hürzeler, der hernach von "Mut und Überzeugung" in seiner Mannschaft sprach, und in der Tat hatte Pipinsried gut gespielt, oft sicher kombiniert und abgesehen vom Gegentor sehr wenige Chancen des Gegners zugelassen. Gleichzeitig deutete Hürzeler an, dass er selbst intern immer wieder kritisiert werde, dass er vor dem Spiel gegen den TSV Buchbach am vorvergangenen Wochenende schon fast gefeuert war; vermutlich blieb er nach dem 0:1 nur deswegen Trainer, weil auch dort die Leistung stimmte. Doch der 26-Jährige wirkt ausgelaugt, der Job als Co-Trainer bei der U20-Nationalmannschaft, sagt er, sei sicherlich weniger nervenaufreibend. Was die Frage aufwirft, wie sehr er noch gewillt ist, an dem anderen Job festzuhalten.

Da ist Kasim Rabihic, zweifellos einer der wichtigsten Spieler und auch gegen Rosenheim einer der besten. Auch intern war er oft dafür kritisiert worden, dass er defensiv kaum mithilft. Diesmal tat er es. "Was er heute gearbeitet hat, habe ich selten so gesehen. Wenn alle mitarbeiten, ist es richtig schwer gegen uns", lobte Hürzeler. Doch es passt zum FC Pipinsried dieser Tage, dass Rabihic ausgerechnet bei seiner Fleißarbeit einen folgenschweren Fehler beging: Als er einen Gegenspieler anlief, rutschte er weg, in den Mann hinein, und sah zum Entsetzen der Pipinsrieder Bank Gelb-Rot (80.). Er wird am Freitag beim FC Memmingen fehlen. Am Sonntag bestätigte der FC Pipinsried, dass Rabihic in Kontakt mit Türkgücü steht. Auch bei ihm werden womöglich nicht mehr viele Partien im Dachauer Hinterland anstehen.

© SZ vom 29.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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