FC Pipinsried:Gewürfelt und gewonnen

Lesezeit: 3 min

"Das war mit Abstand der beste Gegner bisher", fand Pipinsrieder Torhüter Johann Hipper. (Foto: Lackovic/imago)

Spitzenreiter Pipinsried schlägt seinen Verfolger Wasserburg 2:0 und sendet damit ein klares Zeichen an die Konkurrenz. Eigentlich kann der FC sich nur selbst schlagen.

Von Christoph Leischwitz, Wasserburg

Die Atmosphäre war in jeder Beziehung einem Spitzenspiel angemessen, sogar schon Stunden vor dem Anpfiff. Da saßen die Pipinsrieder Fans in ihren gelben Trikots vor den Restaurants auf dem malerischen Wasserburger Marienplatz und ließen es schon einmal warmlaufen für das Duell Zweiter gegen Erster in der Fußball-Bayernliga Süd. In das 300 Meter entfernte Stadion kamen dann 1400 Zuschauer, was für den TSV 1880 einen Rekord bedeutete. Als in der dritten Spielminute ein Ball über den Maschendrahtzaun auf das Basketballfeld der angrenzenden Realschule flog, fing einer der mehr als 100 Wartenden, die noch an der Kasse anstanden, den Ball auf und warf ihn zurück. "Glückwunsch an Wasserburg, was hier entstanden ist, das ist famos", sagte Pipinsrieds Spielertrainer Fabian Hürzeler nach dem volksfestartigen Duell des Regionalliga-Absteigers beim fünffachen Aufsteiger. Dieser gilt als extrem heimstark. Ein enger Platz, nur einen Abschlag vom Inn entfernt, es riecht nach Krustenbratensemmeln, die Flügelspieler haben den Atem der Zuschauer im Nacken. Sie denken beim TSV auch gar nicht daran, in das große, geräumige Stadion oben auf dem Hügel zu ziehen, der Heimvorteil wäre wohl schlagartig dahin. "Jetzt weiß ich auch, warum das hier so eine Festung ist", sagte Hürzeler. Für den ehemaligen Löwen dürfte es ziemlich ungewohnt sein, Menschen zu sehen, die rote Fahnen schwenken und "Einmal Löwe, immer Löwe" schreien.

"Das war kein Fußballspiel heute, das war ein Charakterspiel", sagt FC-Trainer Hürzeler

Es ist nur so: Wenn das so weitergeht wie am Freitagabend, wird es in der Bayernliga Süd trotzdem bald keine Spitzenspiele mit Pipinsrieder Beteiligung mehr geben. Denn selbst dieses Duell, das Wasserburg lange Zeit auf Augenhöhe bestritt, gewann der FC 2:0 (0:0). Bis auf eine Wasserburger Drangphase zu Beginn der zweiten Halbzeit war der Erfolg ungefährdet. Wie viel er bedeutete, konnte man an Hürzelers Reaktion nach dem 2:0 in der 87. Minute durch Marcel Ebeling sehen. Hürzeler spielt wegen einer Knieverletzung zurzeit nicht, aber sein Luftsprung von der Coaching-Zone ins Spielfeld ließ erahnen, dass er durchaus fit ist. Über seine Freude sagte er später: "Ich denke, das war auch ein Zeichen an die Liga."

Sie hatten bestanden gegen ein eingespieltes Team, das auf holprigem Rasen - Letzteres war den Pipinsriedern später wichtig zu erwähnen - auf Fehler lauert, um dann zu kontern. Selbst der erfahrene Verteidiger Christoph Rech wusste einmal nicht, wie ihm geschah, als der flinke Robin Ungerath ihn mit Ball einfach überlief. Aber: "Es war kein Fußballspiel heute, es war ein Charakterspiel", fand Hürzeler. Seine Mannschaft habe das richtig gut gemacht: laufen, Zweikämpfe suchen, zweite Bälle gewinnen. Deswegen sei er über das 2:0 so froh gewesen.

Hürzelers Trainerkollege Muriz Salemovic war erst einmal bemüht, mit beiden Beinen auf dem Boden zu bleiben. Bis zum 25. Spieltag werde man von ihm nichts anderes zu hören bekommen als: Wir schauen von Spiel zu Spiel. Danach könne man ja noch mal nachfragen. Doch eigentlich kann sich Pipinsried nur selbst schlagen.

Vorher war das Match zum Duell des besten Angriffs gegen die beste Abwehr stilisiert worden. Dabei wird angesichts der insgesamt schon 38 Pipinsrieder Treffer (Kurs: 117 Saisontore) oft vergessen, dass der Tabellenführer in den vergangenen sechs Spielen nur ein Gegentor zugelassen hat. Und das, obwohl Kapitän und Abwehrchef Stephan Thee zuletzt mehrmals fehlte. Doch auch die Youngster im Team, Timon Kuko und Alexander Langen, machten als Außenposten in der Abwehr-Dreierkette eine gute Partie.

"Am Anfang haben wir uns ein bisschen schwergetan, wir sind ja ein zusammengewürfelter Haufen", sagte Torwart Johann Hipper über die Pipinsrieder Defensive. Die ersten Spiele hätten sie noch gebraucht, um sich zu finden. Doch mittlerweile stimmten die Abläufe, so der 20-Jährige, "das hat ja jetzt mega funktioniert". Ein paarmal musste er gegen Wasserburg schon eingreifen. Aber gewonnen hatte die Partie trotzdem die Pipinsrieder Abwehr.

Dem 1:0 war möglicherweise eine Abseitsstellung voraus gegangen. Schön herausgespielt war der Treffer vor dem überlegten Schuss von Kenan Muslimovic dann aber schon (57.). In einem sehr schnellen, zweikampfbetonten Spiel mit insgesamt wenigen Tormöglichkeiten entschied letztlich die individuelle Klasse der Pipinsrieder. So sah es auch Wasserburgs Trainer, der ehemalige Profi Leonhard Haas. Dabei hatte der FC in Thee, Steffen Krautschneider, Benjamin Kauffmann und Maximilian Zischler gleich mehrere Leistungsträger zu ersetzen. "Das war mit Abstand der beste Gegner bisher", fand Hipper. Alle hörten sich so an, als hätte ihnen die Partie großen Spaß bereitet, weil man mal wieder richtig gefordert wurde.

Der Spitzenreiter empfängt am Freitag den FC Ismaning. Wasserburg wird versuchen, weiter so erfolgreich zu bleiben, dass man auch das Rückspiel Mitte April noch Spitzenspiel nennen kann.

© SZ vom 16.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: