FC Pipinsried:Erfolgsmodell

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Leichteste Übung: Pipinsrieds Spieler bejubeln einen eigenen Treffer. Gegen Kirchanschöring siegte der FC zum vierten Mal nacheinander mit fünf Toren. (Foto: Toni Heigl)

Der Tabellenführer deklassiert Kirchanschöring mit 5:0 und übt sich vor dem Spitzenspiel in Wasserburg in Demut.

Von Ralf Tögel, Pipinsried

Stephan Thee schien auf die Frage vorbereitet. Ob es etwas zu kritisieren gebe, nach diesem 5:0 gegen Kirchanschöring? Und ob, sagte der Kapitän des FC Pipinsried: "Wir brauchen mehr Stabilität im Spiel, die Chancenverwertung in der ersten Halbzeit war schlecht, so haben wir dem Gegner die Chance gegeben, ins Spiel zu kommen." Das war schon reichlich selbstkritisch vom ehemaligen Profi, der zugab, dass es schon "Meckern auf hohem Niveau" sei, aber "wir haben diesen Anspruch an uns selbst". Man kann das Spiel auch anders einordnen. Die Salzachtaler zählen zu den besseren Mannschaften der Bayernliga Süd, in der Vorwoche war ihr Spiel gegen Türkspor Augsburg beim Spielstand von 1:0 nach 30 Minuten wegen eines Notfall-Einsatzes im Publikum abgebrochen worden. Mit diesen drei Punkten wäre der SV als Tabellendritter angereist, ein Vergleich, dem man gerne das Prädikat "Spitzenspiel" aufdrückt. Und dieses geriet letztlich zu einer Demonstration der Stärke des Tabellenführers.

Thee gab immerhin zu, dass der Kantersieg "schon ein Statement" gewesen sei, aber man blicke eben von Spiel zu Spiel. Gedankenspiele zum Aufstieg würden in der Mannschaft schlichtweg nicht vorkommen. "Jeder muss Topleistung bringen", das sei man Klub, Zuschauern und nicht zuletzt sich selbst schuldig. Der momentane Lauf - in den vergangenen vier Spielen schoss der Favorit jeweils fünf Tore und musste nur in Hankofen einen Gegentreffer hinnehmen -, sei "ein Ausnahmezustand, wir müssen weiter hart arbeiten". Keine guten Nachrichten für die Konkurrenz, wie auch Kirchanschörings Co-Trainer Alex Harsch, der seinen aus privaten Gründen sofort abgereisten Trainer Michael Kostner in der Pressekonferenz vertrat, gerne zugab: "Wir wussten schon, was da auf uns zukommt. Für uns gab es heute wieder etwas zu lernen, wir müssen uns weiterentwickeln und Punkte gegen andere Gegner holen." In der Tat verfügt der Regionalliga-Absteiger über einen auserlesen guten Kader, in dem auch noch die beiden Spielertrainer fehlten. Fabian Hürzeler coachte vom Spielfeldrand, er steigt nach seinem Schienbeinkopfbruch erst wieder ins Training ein. Kollege Muriz Salemovic fehlte wegen einer Hochzeit, wo er war als Trauzeuge unabkömmlich war. Zudem fehlt noch Benjamin Kauffmann, ein Akteur vom Schlage eines Stephan Thee. Angesichts der Qualität des üppigen Kaders, der von Ex-Profis und höherklassig bewährten Kräften nur so wimmelt, war das aber gar nicht zu bemerken.

Die Pipinsrieder setzten von der ersten Sekunde an die Gäste unter Druck und erspielten sich eine Chance nach der anderen. Die Gastgeber waren Kirchanschöring in allen Belangen überlegen, das 1:0 durch Steffen Krautschneider nach 19 Minuten die logische Konsequenz. Nach einer feinen Kombination hatte Kenan Muslimovic maßgerecht aufgelegt. Danach versäumte es Mittelstürmer Pablo Pigl bei zwei großen Gelegenheiten, den Gästen früh die Illusion zu rauben, dass sie etwas aus dem Dachauer Hinterland mitnehmen können. Trainer Hürzeler bemerkte eine "eigenartige Stimmung" auf dem Platz und unter den 515 Zuschauern, was nach dem guten Beginn zu "einer Trägheit" im Spiel seiner Mannschaft geführt habe. Leichtfertige Ballverluste gaben den Gästen die Gelegenheit, per Konter kurz vor der Halbzeit auszugleichen, doch Keeper Johann Hipper lenkte das Geschoss von Anton Peter an die Latte. Nach dem Wechsel knackten Pigl (53.), erneut sehenswert von Muslimovic in Szene gesetzt, und Thee (57.) den Widerstand der Gäste, die eingewechselten Daniel Leugner (74.) und Dennis Hoffmann, der nach einem Kniescheibenbruch mit einem 35-Meter-Hammer zum 5:0 (83.) sein Comeback feierte, stellten den Endstand her. Dabei fiel nicht einmal auf, dass der FCP die letzten zehn Minuten zu neunt spielte, denn Krautschneider musste wegen einer Zerrung vom Feld, Hürzeler hatte aber bereits dreimal gewechselt.

Nun blickt natürlich die ganze Liga auf das Topspiel am kommenden Freitag, wenn Pipinsried beim Verfolger Wasserburg gastiert. "Wird schwer", sagte Thee, "wenn wir aber 100 Prozent bringen, sollte es klappen." Dass der Primus dem Rest der Liga nominell klar überlegen ist, muss man nicht erwähnen. Die Frage ist vielmehr, ob jeder Spieler immer an seine Grenzen geht. Denn angesichts des edlen Kaders sitzen Akteure wie etwa Stürmer Marcel Ebeling auf der Bank, der nach dem Spiel wenig erfreut wirkte. "Das ist das Modell, das wir fahren", erklärt Trainer Hürzeler, "jeder muss immer Topleistung anbieten, um zu spielen." Die Trainingsintensität sei hoch, wer nicht gut genug übe, der sitze eben auf der Bank. Hürzeler sieht die Konkurrenzsituation eher "fördernd als hemmend". Auch er schien auf diese Frage vorbereitet.

© SZ vom 09.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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