FC Ismaning:"Die schlimmste Niederlage"

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Ein Tag zum Vergessen: Trainer Mijo Stijepic ist über Ismanings 0:2 gegen Schlusslicht Türkspor Augsburg entsetzt.

Von Gerhard Fischer, Ismaning

Mijo Stijepic saß nach dem Spiel alleine auf seiner Bank. Er hockte dort drei Minuten. Seine Spieler trotteten in die Kabine. Er saß fünf Minuten. Der Trainer des FC Ismaning sah fertig, enttäuscht und nachdenklich aus. Er saß sieben Minuten. Würde er jemals wieder aufstehen? Und was müsste man dafür tun? Ein Witz würde nicht reichen, ein aufmunterndes Schulterklopfen auch nicht. Müsste man ihm sagen, er habe das alles nur geträumt; es sei ein Albtraum gewesen, für die Verhältnisse des Fußballs jedenfalls? Nach neun Minuten stand Stijepic endlich auf und ging langsam in die Kabine zu seinen Spielern, die gerade eine verheerende Leistung geboten hatten.

Draußen, vor dem Vereinsheim, standen drei Tische für die Pressekonferenz. Auf den Tischen waren Schilder, eines für Stijepic, den Trainer; eines für Walter Werner, den Sportlichen Leiter des FCI; und eines für Servet Bozdag, den Trainer von Türkspor Augsburg. Die Schilder von Stijepic und Werner fielen um, vielleicht war es ein Luftzug, jedenfalls zeigten sie genauso wenig Standfestigkeit wie die Ismaninger Spieler in den 90 Minuten davor. Ein Helfer eilte herbei und stellte die Schilder auf. Sie fielen wieder um. Er ließ sie liegen.

Neun Minuten Fassungslosigkeit: Mijo Stijepic brauchte lange, bis er sich dem Spiel gegen Augsburg von seiner Bank erhob. Dann sagte der Trainer des FC Ismaning, er müsse sich „über alles Gedanken machen“. (Foto: Claus Schunk)

Dann kamen Stijepic, Werner und Bozdag und stellten sich hinter die Tische. Bozdag sagte einige nette Sachen, er vermied Jubelposen und herabsetzende Worte über die Leistung des Gegners. Stijepic sagte, er sei seit einem Jahr Trainer des FC Ismaning, und er habe schon höher verloren als 0:2, aber das sei "die schlimmste Niederlage" gewesen. Er habe in der zweiten Halbzeit gefühlt, dass sein Team "noch zwei Tage" hätte spielen können, ohne ein Tor zu erzielen. "Alles, was wir machen wollten, hat nicht geklappt." Das Pressing habe nicht funktioniert, auch das Herausspielen von hinten sei schief gegangen an diesem "Tag zum Vergessen". Dann sagte dieser erstaunlich selbstkritische Trainer, er habe auch Fehler gemacht, was System und Personal angehe.

Welche Fehler konkret?

"Ich habe in der Pause von defensiver Dreierkette auf Viererkette umgestellt, das war ein Griff in die Hose, wir waren danach noch instabiler", antwortete er konkret und gleichzeitig mit einem etwas schiefen Vergleich. Dann erklärte Stijepic, er wolle öffentlich nicht mehr sagen. Er müsse sich erst "über alles Gedanken machen".

Ismaning hatte zuletzt vier Mal nicht verloren, und Türkspor reiste als Letzter an. Stijepic wird sich also die Frage stellen, ob sein Team den Gegner unterschätzt hat. Aber das wäre zu einfach, zumal die Gäste von Beginn an mit Pressing und technisch feinen Zügen zeigten, dass mit ihnen nicht zu spaßen sein würde. Ihre erste Chance vergaben sie noch, weil Tobias Heikenwälder mit einem Flachschuss am gut aufgelegten Torwart Sebastian Fritz scheiterte (14.). Fritz war am Samstag der einzige Ismaninger, der überzeugte. Seine Vordermänner verhielten sich wie die Ismaninger Tischkarten bei der Pressekonferenz: bloß keinen Widerstand leisten, wenn ein bisschen Druck ausgeübt wird. In der 23. Minute sahen zwei, drei, vier, am Ende gar fünf Verteidiger zu, wie sich Fatih Baydemir die Ismaninger Strafraumlinie entlang bewegte. Baydemir schoss schließlich halbhoch ins rechte Eck - und lief dann im Sprint zur Augsburger Bank, wo sie das Tor so enthusiastisch feierten wie den Beginn eines neuen Jahres. Fehlten nur die Böller.

Die Ismaninger reagierten auf den Rückstand nicht etwa mit wütenden oder wenigstens überhaupt mit Angriffen, sondern mit enervierendem Ballgeschiebe vor dem eigenen Strafraum. Mit Rückpässen. Mit Querpässen. Mit Fehlpässen.

In der zweiten Halbzeit hatte der FC Ismaning eine Chance; eine einzige. Maximilian Siebald schlug die schönste Flanke an diesem Tag, aber Orhan Akkurts Abschluss war ein echter Griff in die Hose: Er schoss den Ball nicht ins Tor, sondern vom Tor weg (65.). Zehn Minuten später verdichtete Angelo Hauk die Ismaninger Kopflosigkeit in einer noch kurioseren Szene: Hauk stand an der Mittellinie und passte den Ball auf den linken Flügel. Dort war aber niemand, was kein Wunder war, denn den linken Flügel besetzt für gewöhnlich er selbst, Angelo Hauk.

Türkspor hätte mehrmals das 2:0 erzielen können, scheiterte aber an den Fäusten von Fritz oder an der eigenen Schusseligkeit beim Torabschluss. Der Ismaninger Anton Siedlitzki war dann so freundlich, den Ball nach einer Ecke ins eigene Tor zu lenken (90.). Das passte gut zu diesem Spiel.

© SZ vom 16.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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