Facebook-Entzug als Strafe:Ein kreatives Exempel

Lesezeit: 1 min

Statt Gefängnis: Das Münchner Amtsgericht hat gegen einen 21-Jährigen ein Facebook-Verbot verhängt. (Foto: dpa)

Internet-Entzug statt Gefängnis: Das Münchner Amtsgericht bestraft einen jungen Mann mit einem Verbot sozialer Netzwerke. Das ist phantasievoller als ein Aufenthalt in einer Strafanstalt - und hoffentlich wirksamer.

Ein Kommentar von Heribert Prantl

Das Jugendstrafrecht ist ein vorbildliches Strafrecht. Es ist flexibler, phantasievoller und menschenfreundlicher als das Strafrecht für Erwachsene - was nicht heißt, dass die Strafen für Jugendliche und Heranwachsende ein Zuckerschlecken sind. Die Jugendrichter verteilen keine Gummibärchen und keine Gutscheine für die Disco. Aber das Strafrecht für junge Menschen hat die stupiden Alternativen Geld- oder Freiheitsstrafe erweitert und eine Fülle anderer Sanktionen entwickelt: Weisungen, Arbeitsauflagen, Trainingskurse.

Da ist die Phantasie des Richters gefragt, der sich seine jungen Kunden genau anschauen und dann eine möglichst passgenaue Strafe finden oder gar erfinden soll - eine, die nicht nur straft, sondern erzieht. Weil die jugendrichterliche Phantasie gut geschult ist, wirkt sich das auch auf die klassischen Strafen und auf das Erwachsenenstrafrecht aus: Auch aus der klassischen Gefängnisstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt wird, kann eine kreative Strafe werden, wenn Bewährungsauflagen pfiffig gewählt werden.

Das Schöffengericht am Amtsgericht München hat an einem jungen Straftäter, der sich im Internet aufgeführt hat wie die Axt im Wald, ein kreatives Exempel statuiert: Der junge Mann, der die sozialen Netzwerke zu massiven Beleidigungen, zu üblen Nachreden und wüster sexueller Nötigung missbraucht hat, wurde zwar zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Er braucht aber nicht ins Gefängnis, wenn er ein halbes Jahr die sozialen Netzwerke strikt meidet. Dem Straftäter wurde also ein umfassendes Betätigungsverbot im Internet auferlegt.

Es handelt sich quasi um die Einziehung der Tatwaffe für vorübergehende Zeit.

Es ist dies gewiss auch ein Eingriff in die Freiheit - aber ein weit geringerer Eingriff, als dies die Gefängnisstrafe wäre. Wenn so das Einsperren vermieden werden kann: wunderbar. Das Risiko, dass ein junger Erwachsener im Knast vor allem zur Begehung weiterer Straftaten erzogen wird, ist hoch. Die Rückfallquote nach Jugendstrafen beispielsweise liegt bei mehr als 70 Prozent. Also: Besser ein halbes Jahr nicht im Netz als zwei Jahre hinter Gittern. Dort gibt es übrigens auch kein Netz.

© SZ vom 25.03.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: