Express-Züge zum Flughafen:Die Bogenhauser kommen zuletzt zu Wort

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S-Bahnen und Güterzüge sollen zwischen Daglfing und Johanneskirchen (im Bild) getrennte Gleise bekommen. 2037 soll es so weit sein. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Vier ebenerdige Gleise, ein Trog oder ein Tunnel stehen zur Debatte für den Ausbau der Bahnstrecke zwischen Daglfing und Johanneskirchen. Lokalpolitiker fordern die Einbindung der Bürger, bevor im Herbst die Entscheidung fällt

Von Ulrike Steinbacher, Bogenhausen

Bis zum Herbst soll feststehen, für welche Ausbau-Variante der Bahnstrecke zwischen Daglfing und Johanneskirchen Freistaat und Bund Geld bezahlen. Zur Auswahl stehen vier ebenerdige Gleise, ein Trog oder - von der Stadt München favorisiert - ein Tunnel. Erst wenn entschieden ist, welche der drei Alternativen verwirklicht wird, sieht das Planungsverfahren eine formelle Bürgerbeteiligung vor. Dies ist Bogenhausens Lokalpolitikern zu wenig. Bei einem nichtöffentlichen Gespräch mit Vertretern der DB Netz AG im Unterausschuss Planung forderten sie, die Bürger einzubinden, noch ehe die Varianten-Entscheidung fällt.

Der viergleisige Ausbau der gut vier Kilometer langen Bahnstrecke von Daglfing bis Johanneskirchen ist eines der großen Infrastrukturprojekte im Osten der Stadt und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Neben der Flughafenlinie S 8 sind dort die Güterzüge vom und zum Rangierbahnhof unterwegs. Will man also - wie die bayerische Staatsregierung - eine Express-S-Bahn zum Flughafen schicken, muss man Personen- und Gütergleise entflechten, sonst lässt sich die S-Bahn-Folge nicht enger takten. Will man außerdem - wie die Stadt München - ein Wohngebiet für 10 000 bis 30 000 Menschen östlich der Bahn entwickeln, müssen diese Gleise in einen Tunnel, sonst ist das Quartier von der Stadt abgeschnitten. Abgesehen davon schlagen vier ebenerdige Gleise eine noch breitere Trennschneise durchs Stadtviertel als jetzt zwei, und die Anwohner leiden noch stärker unter Lärm, weswegen der Bezirksausschuss (BA) Bogenhausen geschlossen für die Tunnel-Variante plädiert.

Das Geld dafür muss die Stadt nahezu allein aufbringen, Freistaat und Bund zahlen nur so viel, wie die oberirdische Lösung kostet. Ursprünglich lag die Schätzung bei 670 Millionen Euro insgesamt. Davon entfielen 500 Millionen auf den Tunnel. Inzwischen haben sich die Summen vervielfacht: Nach Zahlen von 2018 betragen die Kosten für die Tunnelvariante 2,3 Milliarden Euro, für oberirdische Gleise 757 Millionen. SPD und CSU im Münchner Stadtrat votierten im März 2012 für den Tunnel und bestätigten diesen Beschluss 2016, als die Stadtkasse schon nicht mehr ganz so gut gefüllt war. Seit die Kosten explodiert sind - und vermutlich bis nach der Kommunalwahl 2020 -, wird das Thema nicht auf die Tagesordnung genommen. Hinzu kommt, dass die CSU im Nordosten nur noch Wohnungen für maximal 10 000 Menschen möchte. Wenn aber weniger gebaut wird, gilt womöglich auch ein Tunnel nicht mehr als unabdingbar. Grüne und FDP im Stadtrat favorisierten von Anfang an eine preiswertere Lösung mit oberirdischen Gleisen, Lärmschutzwällen und Grünbrücken.

Bei der Bahn sind mittlerweile die Planungen für den viergleisigen Ausbau angelaufen. Derzeit werden die "drei grundsätzlich denkbaren ,Grobvarianten' (Ausbau im Tunnel/Ausbau im Trog/ebenerdiger Ausbau)" verglichen und bewertet, wie aus einem Brief der DB Netz AG an den Bezirksausschuss Bogenhausen hervorgeht. Das Planungsreferat der Stadt habe an den Bewertungskriterien mitgearbeitet, die Universität Innsbruck begleite das Auswahlverfahren wissenschaftlich, heißt es dort. "Selbstverständlich" plane man, auch die Bogenhauser Bürger einzubeziehen, "voraussichtlich im vierten Quartal", wie die Vertreter der Bahn schreiben, "da zu diesem Zeitpunkt das Ergebnis des Variantenauswahlverfahrens vorliegen wird".

Den Bogenhauser Stadtviertelvertretern reicht das nicht. Zum einen fordern sie dringend Einblick in den Kriterienkatalog, den die Bahn entwickelt hat. Zum anderen wollen sie, dass die "Akzeptanz der Planung" bei den Bürgern als eigenes Kriterium in diesen Katalog aufgenommen wird. Und damit die Bürger sich eine Meinung bilden können, sollen sie schon über das Projekt informiert werden, bevor endgültig feststeht, ob oberirdisch, im Trog oder im Tunnel gebaut wird.

© SZ vom 30.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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