Es begab sich...:Mit weitem Blick

Lesezeit: 1 min

(Foto: Matthias Ferdinand Döring)

Martin Elsässer ist Hobby-Astronom der Volkssternwarte Berg am Laim

Von Jutta Czeguhn

"Und siehe, der Stern, den sie im Morgenland gesehen hatten, ging vor ihnen hin, bis dass er kam und stand oben über, da das Kindlein war."

Mit welchen Instrumenten die Sternendeuter aus dem Morgenland die verheißungsvolle Himmelserscheinung erspäht haben, ist nicht überliefert. Fest steht, es war kein 80-Zentimeter- Cassegrain-Spiegelteleskop mit acht Metern Brennweite, ausgestattet mit einer azimutalen, computergesteuerten Montierung. Durch ein solches lässt Martin Elsässer jeden, der nach Sonnenuntergang die Beobachtungsplattform der Volkssternwarte an der Rosenheimer Straße erklimmt, einen Blick ins Universum tun. Sofern es nicht bewölkt ist.

Elsässer ist einer von etwa 40 Hobby-Astronomen, die ehrenamtlich das Abendprogramm der Sternwarte mit Führungen, Vorträgen und Sterngucken stemmen. Der 45-jährige Informatiker kennt sich recht gut aus mit dem Geschehen im näheren und weiteren Kosmos. Auch mit Himmelsbeobachtern aus dem Morgenland hat er Erfahrung: Elsässer baut selbst Teleskope und hat Kundschaft im arabischen Raum, wo man wegen des lunarischen Kalenders die Mondsicheln genau anlinst. Eine Mondfinsternis war es, bei der Martin Elsässer mit dem Astronomie-Virus infiziert wurde: "Grenzenlos interessant".

In einer Winternacht ist es auf dem Dach der Sternwarte gefühlt so kalt wie auf dem eisigen Ex-Planeten Pluto, weshalb Elsässer ein Gespräch über den Weihnachtsstern in den Aufenthaltsraum verlegt. Die angebrochene Schachtel Schokoküsse auf dem Tisch kann nicht ablenken von den großen Fragen und Elsässers beinahe philosophischen Antworten: "Was immer das Ding war, dem sie da gefolgt sind, ist sehr interpretierbar - wenn das alles überhaupt stattfand." Soll man sich nach so einem Satz noch mit den bekannten Theorien von Jupiter-Saturn-Konjunktionen oder Kometen-Erscheinungen aufhalten?

Besser, es kommt gleich die Gretchenfrage neben die Schokokuss-Schachtel auf den Tisch: "Herr, Elsässer, wie halten Sie's mit der Religion?" Es sieht so aus, als habe ihn die Sache auch schon etwas beschäftigt, denn er antwortet mit Lichtgeschwindigkeit: Bei allem Respekt für religiöse Menschen, für ihn sei "das Wichtigste überhaupt", die Freiheit zu haben, nicht an die Verheißung des Weihnachtssterns glauben zu müssen.

Als Adventskalender erzählt die Stadtviertel- Redaktion bis Weihnachten Münchner Geschichten rund um Schlüsselworte aus den Weihnachtsevangelien nach Lukas und Matthäus. Morgen: Gold.

© SZ vom 21.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: