Eröffnungspremiere:Elfenprinzessin, digitale Clowns und ein Flughund

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Im Circus Krone würdigt eine historische Bilderprojektion die 100-jährige Geschichte des Manegenbaus in München. Das erste Winterprogramm der Jubiläumsspielzeit verbindet die klasssische Tradition mit modernen circensischen Künsten

Von Barbara Hordych

Den Titel der Königin der Herzen, zumindest in der ersten Hälfte des Jubiläumsprogramms "100 Jahre Circus Krone in München", erobert sich bei der festlichen Eröffnung am ersten Weihnachtsfeiertag vor 3000 Zuschauern die Handstandakrobatin Kelly Saabel: Obwohl sie, das gleich vorneweg, beim Höhepunkt und Abschluss ihrer virtuosen Darbietung nicht exakt trifft. Und der Pfeil der Armbrust, die sie mit den Füßen bedient, während sie kopfüber im Handstand "ruht", nicht den auf einer Zielscheibe steckenden gelben Luftballon zum Platzen bringt. Geschenkt. Denn die junge Deutsch-Italienerin hat zuvor die Kunst des vermeintlich mühelosen Verbiegens, insbesondere ein- und zweiarmige Handstände mit Drehen um die eigene Achse, so kraftvoll und zugleich mit solch schwebender Leichtigkeit zelebriert, dass sich das Publikum tatsächlich in einem Wunderland wähnte. In dem eben auch junge Amazonen mit spitzen Elfen-Ohren hausen - solche trägt Kelly Saabel tatsächlich als augenzwinkernde Hommage an die Herr der Ringe-Filme - die die Welt auf den Kopf stellen. Kaum wiederzuerkennen unter ihrer pelzgefütterten Kapuze ist Kelly übrigens bei einer weiteren Attraktion an diesem Abend: Mit ihrer Schwester Jennifer dirigiert sie sibirische Huskys und schneeweiße Samojeden-Spitzhunde in einer rasanten "Petersburger Schlittenfahrt" durch das Manegenrund. Dabei scheint einer ihrer tierischen Schützlinge einer ganz eigenen Spezies anzugehören, wenn er als "Flughund" durch die Lüfte und die Reifen springt.

Zuvor war das Publikum Zeuge einer historischen Zeitreise geworden: Am 19. Mai 1919 hieß es zum ersten Mal "Manege frei" auf dem Marsfeld in München. Seinerzeit eröffneten Carl und Ida Krone ihren ersten festen Circusbau, seinerzeit noch aus Holz, in der Landeshauptstadt. Der Beginn einer Erfolgsgeschichte, in deren Verlauf Krone zum heute größten Zirkusunternehmen der Welt wurde. Ein Weg, den das Publikum in Form einer historischen Großbildprojektion mitverfolgen konnte, während Direktorin Jana Mandana Lacey-Krone und ihr Mann, der britische Raubtierlehrer Martin Lacey Junior, die Geschehnisse erläuterten. Darunter auch eine Aufnahme des 1944 bei Luftangriffen zerstörten Zirkusbaus, der schon ein Jahr später durch ein Provisorium ersetzt werden konnte.

1962 entstand an derselben Stelle der steinerne Bau, den die Münchner heute kennen. "Während der Circus in den Sommermonaten auf Tournee geht, spielten hier Stars wie die Beatles, die Stones, ACDC und Tina Turner", erzählt Jana Mandana, die im vergangenen Jahr die Nachfolge der verstorbenen Chefin Christel Sembach-Krone angetreten hat.

Die neue Direktorin hat es sich zum Ziel gesetzt, die Tradition des klassischen Zirkus mit modernen circensischen Künsten zu verbinden. Davon zeugten im Eröffnungsprogramm etwa die Auftritte der "digitalen" Clowns und Comedians Steve & Jones, zwei Brüder, die bei ihren Späßen komplett auf die klassischen roten Nasen verzichteten und sich zum großen Vergnügen des Publikums stattdessen einen Zweikampf mit Beats, Smartphones und Klingeltönen lieferten. Freilich birgt die neue Technik auch ihre Tücken: Die eine der beiden Schönen, die sie sich mithilfe einer Dating-App herbeizaubern, verschwindet leider viel zu schnell. Stattdessen ist es einer der rot uniformierten Requisiteure, der auf einmal seinen Besen zur Seite wirft und Jones verliebt in die Arme eilt.

Bei all dem Neuen, das es zu bestaunen gab, ist es doch schön, dass Einiges auch beim Alten blieb: Dazu zählte die Pferdedressur, die Jana Mandana mit prächtigen Cremellos und Falben präsentierte. Und dazu gehörte das Wiedersehen mit der größten gemischten Raubtiernummer der Welt mit 26 weißen und goldfarbenen Tigern und Löwen, dargeboten von Martin Lacey.

© SZ vom 27.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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