Eisenwaren und Werkzeuge:Traditionsgeschäft Ziegler schließt

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Die Inhaber Annette und Alfred Blüml neben einer alten Registrierkasse aus dem Jahr 1904. Sie soll damals 1000 Goldmark gekostet haben - ein Vermögen. (Foto: Stephan Görlich)

Der Familienbetrieb existiert bereits seit etwa 1860 in Dorfen. Doch Ende Mai ist Schluss, danach zieht ein Lebensmittelgeschäft ein.

Von Thomas Daller, Dorfen

Das Traditionsgeschäft "Josef Ziegler Zum Pollin" am Unteren Markt in Dorfen hört auf. Inhaber Alfred "Fredi" Blüml hat keinen Nachfolger und wird seinen Laden schließen. Der Abverkauf des Lagerbestandes beginnt bereits am 2. Mai. Fredi Blüml hat bereits einen Interessenten für die Ladenflächen gefunden: Edeka wird dort einen Laden eröffnen, damit zieht in der Dorfener Altstadt nach langer Zeit wieder ein Lebensmittelgeschäft ein.

Handwerker, Heimwerker, Gartenliebhaber oder Holzofenbesitzer: Beim Ziegler bekam man fast alles, was mit Eisenwaren oder Werkzeugen zu tun hatte: Maschinen, Schließtechnik, Elektro, Sanitär, Gartenbedarf oder Forstwerkzeuge. Blüml bot Lieferdienste an, Schlüsseldienst, Reparaturservice, Maschinenverleih, Schärfdienst und einen Gasflaschen-Tauschservice. Zudem gab es dort auch Tageskarten für die Gewässer der Isenfischer. Schrauben konnte man einzeln kaufen, Nägel nach Gewicht und die Beratung war hervorragend. Auf den Baustellen im Landkreis wird man wohl eine Trauerminute einlegen, wenn es dieses tadellose Fachgeschäft nicht mehr gibt.

Die Außenansicht des um 1860 erbauten Traditionsgeschäftes am Unteren Marktplatz in Dorfen. (Foto: Stephan Görlich)
Der Warenbestand des Pollin ist breit gefächert - hier eine Waage zum Abwiegen von Nägeln und Senkstiften. (Foto: Stephan Görlich)

Seit ein paar Wochen war klar, dass es wohl nur noch eine Frage der Zeit ist: Auf regionalen Immobilienforen wurden Ladenflächen in Dorfen angeboten. Wenn man das dazugehörige Foto größer zoomte und Kunde beim Ziegler war, kam einem das abgebildete Sortiment bekannt vor.

Die Dorfener Bürger werden den Wechsel wohl mit einem weinenden und einem lachenden Auge verfolgen. Denn der Verlust des Traditionsgeschäftes schmerzt zwar, andererseits zieht wieder ein Lebensmittelmarkt in der Innenstadt ein. Denn es ist schon eine Zeitlang her, dass man ohne Auto zentral einkaufen konnte. Früher gab es in der Stadtmitte noch einen Penny-Markt und den HZ-Markt, der zum Spar-Konzern gehörte. Der Penny schloss 2003, der HZ 2004. Man hat zwar immer noch die Wahl zwischen Lidl und Aldi, Rewe und Edeka, aber diese Anbieter konzentrieren sich alle am südöstlichen Stadtrand. Hinzu kommt noch die Kramerei am Kreisel im Norden.

Der Familienbetrieb existiert bereits seit etwa 1860 in Dorfen, sagt Fredi Blüml. Gegründet wurde er vom Ururgroßvater Valentin Ziegler. Beim Urgroßvater gehörte noch ein Bankhaus dazu. Bis zum Umbau 1990 gab es beim Ziegler auch Stoffe sowie Handarbeitszubehör wie Wolle oder Knöpfe und landwirtschaftlichen Bedarf wie Kuhketten. Fredi Blüml hat 1984 im Geschäft angefangen, nach seiner Lehre in Rosenheim. In den vergangenen 40 Jahren hat er jede Woche rund 60 Stunden gearbeitet. "Ich habe es ihm mal als Lebensarbeitszeit vorgerechnet", sagte seine Frau Annette. "Demnach hätte er bereits mit 52 in Rente gehen können." Jetzt ist er 64, seine Frau 62.

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Es hängt viel Arbeit an dem Geschäft, von den fünf Kindern will keiner die Nachfolge antreten. Und auch Fredi Blüml sieht die Zeit gekommen aufzuhören. Während der Corona-Zeit lief das Geschäft schlechter, dann kam der Bau der Isenbrücke, durch den ebenfalls Kunden ausblieben. Die Märkte auf der grünen Wiese wie Hagebau und Würth machen ihm Konkurrenz und das Internet sowieso: "Manche Kunden lassen sich eine halbe Stunde beraten und kaufen ein Gerät dann doch im Internet, weil es dort drei Euro billiger ist", sagte Annette Blüml. Ihr Dank gilt all den Kunden, die ihnen jahrelang die Treue gehalten haben.

Der Räumungsverkauf auf den 350 Quadratmetern Fläche soll von 2. bis 31. Mai dauern. 26 000 Artikel sind noch im Computer angelegt. Die Rabatte werden unterschiedlich hoch ausfallen. Im Juni wird die Familie noch etwa drei Wochen benötigen, um auszuräumen. Danach kann das Lebensmittelgeschäft übernehmen. Die Blümls haben sich bewusst für ein Lebensmittelgeschäft als Nachmieter entschieden, weil es der Innenstadt den größten Nutzen biete. Beibehalten wollen sie ihr Geschäft in Altenerding-Südwest. Dort hat man nur noch "Lieferscheinkunden" mit wenig Aufwand. Der Schlüsseldienst und die Schließanlagen für die Hausverwaltungen sollen weiterbetrieben werden. Dabei bleibt dann immer noch Zeit für die Enkel.

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