Wildtiermanagement:Wildgänsen geht es an die Eier

Lesezeit: 2 min

Die Population der Wildgänse im Landkreis Erding hat so stark zugenommen, dass nun die Zahl der schlüpfenden Küken reduziert wird. (Foto: Johannes Simon)

Die Zahl der Vögel hat so stark zugenommen, dass ihre Gelege nun angestochen werden. Dafür gelten feste Regeln.

Von Thomas Daller, Erding

Wildgänse breiten sich in Bayern immer weiter aus. Auch im Erdinger Moos sorgt das für Probleme. Sie gefährden den Flugverkehr, fressen Feldfrüchte und verkoten die Ufer von Gewässern. An Badeweihern können sie zudem Krankheiten verbreiten und sie verdrängen andere Vögel wie Enten oder Rohrdommeln. Die Untere Jagdbehörde am Landratsamt Erding hat nun mit der Gelegebehandlung begonnen, die durch eine Änderung des Bundesjagdgesetzes möglich wurde. Das Verfahren wurde bei der Hegeschau in Isen vorgestellt.

Nicole Anzinger-Bitch, ehrenamtliche Mitarbeiterin der Unteren Jagdbehörde im Wildgänse-Management, eröffnete ihren Vortrag mit einem kurzen Film, der von einem fahrenden Auto aus im Erdinger Moos aufgenommen wurde. Am Himmel sieht man einen nicht abreißenden Schwarm der Vögel, geschätzt eine hohe dreistellige Zahl von Gänsen.

Es handelt sich überwiegend um Graugänse, im Moos leben zudem eine kleine Population von Kanadagänsen und ein paar Nilgänse. Obwohl die Gänsepopulation im Revier Erding West stark bejagt wird, breitet sie sich von Jahr zu Jahr weiter aus. Die Vermehrungsrate ist hoch: Erwachsene Gänse haben keine natürlichen Feinde und das Angebot an Brutplätzen und geeigneter Nahrung ist groß.

Die Jagd mit dem Gewehr auf die Tiere ist schwierig. Sie sind sehr wachsam und beobachten ihre Umgebung ständig. Die flache Topografie des Mooses bietet den Jägern kaum Deckung und sobald sie gesehen werden, fliegt der ganze Schwarm auf.

Die landwirtschaftlichen Schäden nehmen zu. Gänse fressen überwiegend Gras, etwa ein Kilogramm pro Tag. Sie sind aber auch schon beim Winterweizen auf den Geschmack gekommen und fressen die jungen Pflanzen auf den Äckern ab. Auch Sportplätze, Parks und Liegewiesen von Badeweihern sind nicht vor ihnen sicher. Sie fressen den Rasen und hinterlassen große Mengen an Kot. An Badegewässern machen sie sich wegen der Badedermatitis unbeliebt: Sie übertragen Zerkarien, mikroskopisch kleine Parasiten, die in die Haut eindringen und kurze Zeit später zu Juckreiz und Ausschlag führen.

Durch eine Änderung des Bundesjagdgesetzes dürfen seit dem vergangenen Jahr Gelege von Federwild unfruchtbar gemacht werden, "sofern es keine andere zufriedenstellende Lösung gibt". Anzinger-Bitch hat mit diesen "Gelegebehandlungen" bereits begonnen und sie für den Vortrag dokumentiert. "Es ist ein Eingriff in die Fortpflanzung, praxisreif, tierschutzgerecht und sehr effizient", sagte sie. Ziel sei die Reduzierung der schlüpfenden Küken.

Sie brüten auf Inseln, man benötigt Boote

Voraussetzung für die Gelegebehandlung sei die Genehmigung der Unteren Jagdbehörde sowie die Zustimmung des Revierinhabers. "Die Gänse brüten auf Inseln, um an die Gelege heranzukommen, benötigt man Boote oder im Flachwasser eine Wathose." Vor der Gelegebehandlung habe sich eine Absuche nach den Nestern bewährt. Die Nester seien oft gut versteckt in Brombeerhecken zu finden und die brütenden Gänse ließen sich nicht so einfach verscheuchen. Die Eier dürfen nur bis zum 14. Tag der Eientwicklung auf Basis der Bebrütungsdauer behandelt werden. "Danach leben die Küken bereits und zeigen Schmerzempfinden", sagte Anzinger-Bitch.

Das Entwicklungsstadium der zu behandelnden Eier muss mithilfe einer mobilen Durchleuchtungsstation, einem sogenannten Schierkasten, sicher festgestellt werden. Erst dann wird das Ei mit einer Nadel angebohrt, dadurch können Bakterien eindringen, die den Rest erledigen. Pro Gelege müssen jedoch zwei Eier unbehandelt im Nest bleiben und die Nester dürfen nicht zerstört werden. Zielsetzung sei, dass man den Bestand erhält und lediglich ein weiteres Anwachsen der Population verhindert. "In der Literatur heißt es, dass Graugänse im Durchschnitt vier bis sechs Eier legen", sagt die ehrenamtliche Wildgansmanagerin. "Aber wir haben auch schon Gelege mit zwölf bis 16 Eiern gesehen."

© SZ/vo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Haus der Bayerischen Geschichte
:Wir bauen für Sie

Die neue Sonderausstellung "Ois anders" im Haus der Bayerischen Geschichte in Regensburg thematisiert Großprojekte in Bayern seit 1945. Der Bau des Flughafens im Erdinger Moos und der A 94 durchs Isental gehören dazu - inklusive Widerstand und Protest.

Von Florian Tempel

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: