Landwirtschaft:"Lebensmittel werden knapp und teuer"

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Im Landkreis Erding wird viel Getreide angebaut, vorwiegend Winterweizen, der aktuell zu hohen Preisen gehandelt wird. (Foto: Stephan Görlich)

Der Weizen könnte erst der Anfang sein, vermutet Bauernverbands-Obmann Jakob Maier. Denn hohe Ausgaben für Futtergetreide könnten auch die Fleischpreise nach oben treiben.

Von Thomas Daller, Erding

Es ist damit zu rechnen, dass die Ukraine heuer als Lieferant für Agrargüter ausfällt und russische Importe reduziert werden. Die Ukraine erzeugt üblicherweise knapp zehn Prozent des Weizens weltweit, Russland knapp 20 Prozent. Derzeit wird Weizen daher bereits für mehr als 400 Euro pro Tonne gehandelt, übliche Preise liegen unter 200 Euro. Bei den Landwirten in der Region wird allerdings nicht viel davon als Nettogewinn ankommen, sagt der Erdinger Bauernverbands-Obmann Jakob Maier. Ein Großteil der Ernte 2022 sei vertraglich bereits unter Dach und Fach, zudem müsse man auch höhere Betriebskosten kompensieren: Diesel sei zweimal so teuer wie noch vor einem Jahr, und der Düngerpreis sei auf das Zweieinhalbfache des bislang Üblichen gestiegen.

Maier sagte, die aktuellen Preise könnten nur von wenigen Landwirten realisiert werden. Dazu müsste man Weizen einlagern und spekulativ verkaufen. Das würden aber die meisten nicht tun. Außerdem könne man zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht wissen, wie die Ernte 2022 ausfalle. Denn die Landwirte haben in den vergangenen Jahren Wetterkapriolen erlebt, die offenbar auch mit dem Klimawandel zusammenhängen: Manche Jahre fielen viel zu trocken aus, in anderen war es monatelang so nass, dass man beim Getreide gegen Schimmelpilze spritzen musste, und manchmal lagen die Temperaturen tagelang über 30 Grad - alles Faktoren, die auf die Weizenernte negative Einflüsse haben.

Kein Raum für Spekulationen

Deutschland und auch der EU wird der Weizen nicht ausgehen, auch wenn die Ukraine nicht ernten könnte. Die EU ist selbst ein wichtiger Weizenexporteur, vorausgesetzt, es stehen im Frühjahr genügend Dünge- und Pflanzenschutzmittel zur Verfügung. Auch im Landkreis Erding wird viel Weizen angebaut. Von den knapp 59 000 Hektar landwirtschaftlicher Fläche belegt das Getreide, überwiegend Winterweizen, mit 19 000 Hektar Platz zwei nach dem Mais. Aber die Landwirte in der Region werden keine Kriegsprofiteure werden, indem sie nun vermehrt Weizen ernten. Das hängt damit zusammen, dass im Raum Erding eben überwiegend Winterweizen angebaut wird. Und der wird bereits im Herbst ausgesät. Die schweren lehmigen Böden eignen sich nicht gut für den Sommerweizen, der nun im Frühjahr ausgesät werden müsste, wenn man auf die höheren Preise spekulieren wollte.

Außerdem tendiere man in der Landwirtschaft nicht dazu, überstürzt auf den Markt zu reagieren, sagte Maier: "Durch die Agrarreform haben wir Fruchtfolgenvorgaben. Jeder Landwirt plant seine Fruchtfolge bereits weit vorher, im Herbst. Umdisponieren geht nur bis zu einem gewissen Grad. Da wird sich nicht viel bewegen."

Den Betrieb einfach umstellen, ist schwierig

Neben Weizen hat die Ukraine bislang auch viel Raps- und Sonnenblumenöl exportiert. Auch hier sieht man in manchen Regalen des Lebensmitteleinzelhandels schon die Folgen von Hamsterkäufen. Aber Maier ist auch dabei skeptisch, ob sich ein Umstieg von Mais auf Sonnenblumen lohnen würde: "Die Ukraine ist ein großer Produzent. Das können wir nicht kompensieren. Für Sonnenblumen braucht man die richtige Lage, wie in der Rheinebene. Bei uns geht es vereinzelt an manchen Standorten. Doch man braucht auch Erfahrung mit dieser Fruchtart. Ich würde es nicht machen." Beim Raps sei es anders: Der werde im Landkreis im größeren Umfang angebaut und die Preise dafür seien in den vergangenen Jahren bereits gestiegen. Er ist der Ansicht, dass im vergangenen Herbst schon wieder mehr Raps ausgesät worden sei.

Doch es geht nicht allein um Weizen oder Pflanzenöle, denn 60 Prozent des deutschen Getreides wird als Tierfutter verwendet. Maier glaubt deshalb, dass auch die Preise für Fleisch für die Endverbraucher anziehen werden: "Die Tendenz wird nach oben gehen. Wir haben jetzt schon eine Schlachtviehknappheit. Die Schlachtereien schreien förmlich nach Fleisch. Wir haben seit Jahren schlechte Preise im Schweinebereich. Etliche Mäster haben schon gar keine Tiere mehr eingestellt, viele Ställe sind bereits leer. Das kann ich als kleiner Mäster schon machen. Aber nun brechen auch die Ferkelerzeuger weg." Die geringe Versorgung mit Schlachtvieh werde weitergehen, sagte Maier. Aber wie dann die Preise im Lebensmitteleinzelhandel aussehen werden, darüber könne man als Bauer nur spekulieren: "Das entzieht sich unserem Einfluss."

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