Schwedenspiele am Schönen Turm:Generalprobe mit Hindernissen

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Es ist vorbei, die Kämpfer ziehen ab: Die Schwedenspiele 2022 waren ein großer Erfolg, aber auch ein großer Kraftakt für alle Mitwirkenden. (Foto: Renate Schmidt)

Pech für die Volksspielgruppe Altenerding: Der Tontechniker fällt wegen Krankheit aus und dann bringt auch noch ein Wasserrohrbruch die Planungen durcheinander. Doch am Ende geht es gut aus.

Von Regina Bluhme, Erding

Wenn es stimmt, dass Pleiten und Pannen bei der Generalprobe ein gutes Omen sind, dann hat die Volksspielgruppe Altenerding bei der Premiere am Donnerstag eine der besten Vorstellungen jemals abgeliefert. Ein Wasserrohrbruch und die kurzfristige Erkrankung des Tontechnikers brachten die beiden Regisseurinnen der Schwedenspiele bei der letzten Probe fast an den Rand der Verzweiflung. Dafür waren die Schauspieler in ihren Rollen als mordende Schweden oder bedrängte Erdinger und Erdingerinnen anno 1632 absolut textsicher. Nur mit dem Abfackeln der Stadt hat es dann nicht recht geklappt, aber das kann nur ein gutes Zeichen gewesen sein.

Es ist Mittwoch, kurz nach 21 Uhr, die Generalprobe am Schönen Turm sollte beginnen, doch daran ist im Moment nicht zu denken. Renate Eßbaumer und Manuela Schieder, die beiden Regisseurinnen der Neuinszenierung, eilen herum, diskutieren, telefonieren. Die Straße Am Rätschenbach, durch die die Schweden mit den Pferden hinausreiten sollen, ist gesperrt. Es hat einen Rohrbruch gegeben und nun muss eine neue Route überlegt werden. Viel Spielraum gibt es ja nicht. In all der Hektik entgeht Eßbaumer aber nicht, dass Stadtrat Burkhard Köppen, der als Ratsherr bereits auf der Bühne sitzt, offensichtlich Kaugummi kaut. Sie wird ihn noch ansprechen. Das gehe wirklich nicht.

Am Vortag der Premiere ist klar: Der Tontechniker fällt für mehrere Tage aus

Ein absoluter Schlag ist für das Team die kurzfristige Erkrankung des Tontechnikers. Vor wenigen Stunden haben die Regisseurinnen erfahren, dass er für mehrere Tage ausfallen wird. "Er hatte alles im Griff, von uns kennt sich damit niemand so genau aus", so Eßbaumer. Viele der Darsteller stünden heute zum ersten Mal mit Mikrofon oder Headset auf der Bühne. Oje.

Bürgermeister, Ratsherren, Pfarrer und Bürger sind in großer Sorge. (Foto: Renate Schmidt)
Es heißt Abschiednehmen. (Foto: Renate Schmidt)
Nur einer kommt zurück vom Feld. (Foto: Renate Schmidt)

45 Minuten später als geplant, ein Ruf: "Mikro 27 ist da!" und es geht los. Licht an. Ein Erzähler tritt auf. Es geht 400 Jahre zurück, in "Erdings schreckliche Leidenszeit", die Zeit des Dreißigjährigen Kriegs, die Schweden vor der Tür. Der Erdinger Bürgermeister (Stadtpfarrer Martin Garmaier) berät mit den Ratsherren, wie die Stadt die drohende Invasion verhindern könne. Es geht um Kriegssteuer, der Pfarrer im Stück spricht vom "gerechten Krieg", ein Ratsherr ruft: "Es hat noch nie einen guten Krieg gegeben!" Dann werden die Männer von Erding doch zur Fahne gerufen, ab nach Landsberg gegen die Schweden.

Es kommt zu herzzerreißenden Szenen, die Frauen und Mütter weinen, eine Mutter mit zwei kleinen Kindern betet: "Schick uns den Vater wieder." Und schon ist man als Zuschauer in Gedanken doch wieder mitten drin in der Gegenwart, bei einem Krieg ein paar hundert Kilometer weiter, ganz nah.

Die Schweden erstürmen Erding. (Foto: Renate Schmidt)
Die Schwedenkrieger rauben, brandschatzen und morden. Das Stück ist keine leichte Kost. (Foto: Renate Schmidt)
Eine der letzten Szenen: Erding liegt in Schutt und Asche. (Foto: Renate Schmidt)

Die Fähnler aus Erding, aus Schwaig, Oberding, Siglfing und Wartenberg ziehen unter Trommelschlägen ins Feld, sie marschieren aus der Stadt durchs Tor in die dunkle Nacht, hinein ins Verderben. Die Schwedenspiele bieten beeindruckende Bilder und Szenen. Fackelzüge, Reiter zu Pferd, marodierende Horden, die berührende Sterbeszene eines schwer verwundeten jungen Mannes. Frauen schreien aus Angst, aus Schmerz und Trauer. Manchmal ist das schwer auszuhalten.

Der Schwedenkrieger will Erding in Brand stecken. Da streikt die Fackel.

In den 90 Minuten ohne Pause ist es daher auch ganz gut, wenn ein Satz zumindest für ein wenig Entspannung sorgt. So darf der aktuelle Stadtpfarrer Garmaier als Bürgermeister über den knausrigen Pfarrer im Stück schimpfen, als der beim Thema finanzielle Unterstützung auf den Kurfürsten verweist: "Das denke ich mir, dass die Kirche da wieder mal nach weltlicher Macht ruft."

Es zeigt sich, dass die Schauspieler und Schauspielerinnen bei der Generalprobe mit den Mikros ganz gut zurechtkommen und auch mit dem Text. Alle spielen ganz natürlich, nichts wirkt gekünstelt oder einstudiert. Und sie können improvisieren. Ein Schwedenkrieger zum Beispiel verlässt das ausgeplünderte Erding mit den Worten "Erding soll brennen", allerdings verglimmt die Fackel in seiner Hand. So lauten die letzten Worte eben: "Die Fackel hat nicht gezündet" und weg ist er. Dafür klappt es prima mit dem Einsatz von weißem Rauch und von einem Darsteller, der als lebende Fackel mit brennendem Rücken durchs Bild läuft.

Der Oberbürgermeister persönlich spricht einen längeren Epilog. Fehlerfrei.

Die Schwedenspiele sind harte Kost und nicht ohne Grund wird die Veranstaltung erst für Kinder ab zwölf Jahren empfohlen. Erding liegt am Schluss in Trümmern, und dann kommt auch noch die Pest. Und trotz alledem ist die Stimmung am Ende des Stücks hoffnungsvoll. In einer der letzten Szenen erscheint ein Paar, dreckig und in Lumpen, und die beiden sind sicher: Wir werden Erding wieder aufbauen. Dass sie mit ihrem Optimismus recht haben, betont die letzte Szene. Da schreitet nämlich Oberbürgermeister Max Gotz persönlich durch das Tor am Schönen Turm und spricht zu den Zuschauern von Hoffnung und Zuversicht: Schaut auf die Stadt - Erding hat sich aus Schutt und Asche erhoben. Es ist ein ziemlich langer Monolog. Der OB spricht ihn fehlerfrei.

Aufführungen: Samstag, 25. Juni, Freitag, 24. Juni, Donnerstag, 30. Juni, Donnerstag, 7. Juli, Freitag, 8. Juli, Samstag, 9. Juli, Mittwoch, 13. Juli, Donnerstag, 14. Juli, Freitag, 15. Juli, Samstag, 16. Juli, Donnerstag, 21. Juli, Freitag, 22. Juli, und Samstag, 23. Juli. Beginn ist jeweils um 21 Uhr.

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