SZ-Serie: Mit dem Bus in den Landkreis, Folge 2:Zügig voran mit Bussen

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Bayerns Verkehrsminister will Weichen für Ringbuslinien statt einer Stadt-Umland-Bahn stellen. Kommunen hoffen auf die Tangentialverbindungen, fordern aber eine höhere finanzielle Beteiligung des Freistaats

Von Martin Mühlfenzl, München

Was sind schon drei Jahre angesichts einer Jahrzehnte andauernden Debatte darüber, wie das sternförmig angelegte Münchner S-Bahn-Netz mit einem sinnvollen Angebot in der Peripherie ergänzt werden kann? Mitte der Neunzigerjahre gab es bereits konkrete Vorstellungen, wie eine Stadt-Umland-Bahn aussehen könnte - ein schienengebundener Ring um die Landeshauptstadt, der die Landkreise miteinander verbindet und damit die Schwächen der auf die Stadt München zentrierten S-Bahn ausgleicht. Nur wurde nie auch nur ein Meter gebaut. Zu teuer, zu wenig Platz, zu wenig Planungssicherheit, lauteten stets die Argumente.

Nun schürt Bayerns Verkehrsminister Hans Reichhart (CSU) Hoffnungen, dass die Stadt-Umland-Bahn gewissermaßen durch die Hintertür realisiert wird. In drei Jahren - und als Ringbus-Linie rund um die Landeshauptstadt. Reichhart sagte bei der Vorstellung des Konzeptes, es gehe darum, ein "Netz von landesbedeutsamen Buslinien" aufzubauen. Also attraktive Tangentialverbindungen, die rund um die Landeshauptstadt in den Landkreisen München, Dachau, Fürstenfeldbruck, Starnberg und Bad Tölz-Wolfratshausen etwa die Kreisstädte und wichtige S-Bahn-Haltestellen miteinander verbinden.

So ist im nördlichen Landkreis München eine Tangentialverbindung von Haar über Ismaning und Unterschleißheim bis in den Landkreis Dachau denkbar. Ebenso eine Verbindung von Fürstenfeldbruck nach Dachau oder von Wolfratshausen bis Oberhaching. Letztere hätte den Vorteil, dass am Haltepunkt Deisenhofen in der Gemeinde Oberhaching wieder die S-Bahn angebunden werden könnte. Die Koordination und Ausarbeitung möglicher Trassen der Ringbus-Linien wurde im Landratsamt München angesiedelt, von dort aus wird das Projekt gesteuert.

Längst spüren die Landkreise rund um München, dass der Druck durch das stetig weiter wachsende Verkehrsaufkommen an der Stadtgrenze nicht Halt macht. Im Landkreis München werden daher auch verstärkt alternative und innovative Verkehrskonzepte angedacht, um dem Verkehrskollaps entgegenwirken zu können. Seilbahnen etwa aus München heraus bis nach Unterföhring oder durch das Hachinger Tal bis in den Westen über die Isar nach Grünwald. Stadtbahnen von Unterschleißheim bis nach Garching. Die Verlängerung der U 5 von Neuperlach-Süd über Neubiberg und Ottobrunn bis nach Taufkirchen. Alles Ideen mit Charme - aber langer Vorlaufzeit und ohne Garantie, jemals realisiert zu werden. Und wenn, sagt Münchens Landrat Christoph Göbel (CSU), dauere es eine Ewigkeit, "bis man ein Gleis kriegt".

(Foto: oh)

Doch die Zeit drängt. Ismanings Bürgermeister Alexander Greulich (SPD) wird nicht müde zu betonen: "Wir ersaufen im Verkehr." Und der Mann weiß, wovon er spricht, steht doch der vierspurige Ausbau der so wichtigen Bundesstraße 471 von Aschheim über Ismaning bis Garching bevor, die auch als Entlastung für die chronisch überlastete Ostumfahrung der A 99 dienen soll. Neue Straßen aber, sagt Greulich, zögen auch mehr Verkehr an. Wie also können neue Busse zur Entlastung beitragen, wenn sie wie der motorisierte Individualverkehr auch nur im Dauerstau stehen? Markus Büchler, Landtagsabgeordneter der Grünen aus Oberschleißheim, sagt, Busse bräuchten als "Brückentechnologie" eigene Spuren. Vorfahrt für Expressbusse also. Denn, so Büchler: "Noch mehr Autoverkehr wird nicht auf die Straße passen." Im Münchner Kreistag wird regelmäßig darüber diskutiert, etwa auf der A 99 nach dem achtspurigen Ausbau zwischen dem Kreuz München-Nord und der Anschlussstelle Aschheim/Ismaning eine Spur für den Express-Busverkehr freizuschalten.

Minister Reichhart will den Ringbus unbedingt, um "große Pendlerpunkte" miteinander zu verknüpfen. Und das quer durch die Region rund um München. Eine grobe Trassenführung sieht vor, die Linien im Münchner Süden von Wolfratshausen aus im Uhrzeigersinn über Starnberg, Gilching, Fürstenfeldbruck, Dachau, Oberschleißheim, Garching, Ismaning, Feldkirchen, Haar, Hohenbrunn und Deisenhofen laufen zu lassen. Zudem könnte es Anbindungen nach Bad-Tölz, Buchenau und zum Forschungszentrum Garching geben. Geht es nach Münchens Landrat Göbel, sollen auch die Themen Umweltschutz und moderne Antriebstechnologien beim Aufbau der Ringbus-Linien eine Rolle spielen. Er könne sich auf den Trassen mit Brennstoffzellen betriebene Fahrzeuge oder Elektrobusse vorstellen, auch ein Oberleitungssystem - also eine Tram ohne Schienen - sei möglich.

Bisher hat die Staatsregierung acht Millionen Euro für den Aufbau der Buslinie zugesagt. Doch es werden Forderungen laut, den Freistaat noch stärker in die Pflicht zu nehmen. Wer bestellt, der müsse auch zahlen, sagt Büchler, denn den Landkreisen stünden ohnehin gewaltige Investitionen in den Ausbau der Netze bevor, wenn im kommenden Jahr der neue Nahverkehrsplan greift. Für den Landkreis München etwa wird mit einem Investitionsvolumen von etwa 30 Millionen Euro gerechnet.

© SZ vom 07.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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