Spazierweg in den Landkreis Erding:Markt Schwaben gibt sich geschlagen

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Es gibt nur noch ein Fünkchen Hoffnung, dass der Abriss der Gebäude verhindert werden kann. (Foto: Christian Endt)

Nach jahrelangem Zwist um die Sägmühle zieht die Gemeinde die Klage zurück. Der Grundeigentümer darf das alte Bauernhaus nun wegreißen

Von Korbinian Eisenberger, Markt Schwaben

An der Markt Schwabener Sägmühle ist lange kein Brett mehr gesägt worden. Über die Jahre ist das Areal eher zu einer Art Zwickmühle geworden. In der Klemme saß am Dienstagabend der Markt Schwabener Gemeinderat, und zwar ausweglos. Der Grund: Der Verwaltungsgerichtshof hat der Gemeinde im Kampf um den Erhalt der alten Sägmühlengebäude per Urteilsspruch den Rest gegeben. Demnach darf der Eigentümer das alte Bauernhaus nun abreißen und durch einen Neubau ersetzen. Die Gemeinde wollte das verhindern. Nun aber zieht der Gemeinderat die Klagen zurück. Mangels Erfolgsaussichten - und wegen eines Funkens Resthoffnung.

Markt Schwaben gibt sich dem Mann geschlagen, der die Sägmühle der Gemeinde einst vor der Nase wegersteigerte und sich seither mit Bürgern, Politikern und Verwaltung im Ort anlegt. Bemerkenswert daran: Wer auch immer einen Prozess gegen den Münchner führt, verliert. Jüngstes Opfer: Die Gemeinde Markt Schwaben.

Hintergrund ist eine 2018 erteilte Baugenehmigung für das Areal. Deren Grundlage ist ein Vorbescheid aus dem Jahr 2015, der - nach Auffassung des Markt Schwabener Bauamts - so nie erteilt werden hätte dürfen. Es geht darin um das sogenannte Grüne Haus, ein altes Bauerngebäude in marodem Zustand, das der Eigentümer durch ein Wohnhaus ersetzen möchte. 2014 hatte die Marktgemeinde hierfür das "Einvernehmen" erteilt, woraufhin das Landratsamt Ebersberg den Vorbescheid, der Grundlage für die spätere Baugenehmigung war, erließ.

Hier setzten Klagen der Gemeinde an, mit dem Ziel, die Baugenehmigung nachträglich unwirksam zu machen. Nach Ansicht des Marktes passierten bei der Erteilung des Einvernehmens 2014 durch die Gemeinde Fehler. Also vor seiner Amtszeit, wie der seit 2016 zuständige Sachbearbeiter Walter Rohwer erklärte. Der nächste Fauxpas unterlief nach Ansicht der Gemeinde dem Landratsamt. "Dort hätte man die Entscheidung des Markt Schwabener Bauamts überprüfen und für unwirksam erklären müssen", so Rohwer. Das Münchner Verwaltungsgericht teilte die Ansicht der Gemeinde per Urteilsspruch. Dagegen klagte der Eigentümer - und zwar vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die höhere Instanz gab ihm Recht und hebelte das erste Urteil aus.

Ein kleiner Exkurs in die Untiefen der Sägmühlen-Saga: Das Areal steht im ländlichen Außenbereich des Orts und darf nach dem bundesweit geltendem Baurecht nur bebaut werden, wenn ein Neubau für eine landwirtschaftliche Nutzung zwingend erforderlich ist. Der Eigentümer war zum Zeitpunkt von Antrag und Genehmigung aber kein Bauer, sondern ein Zuzögling, der ein Wohnhaus errichten wollte. Der Konflikt der Gemeinde, so Rohwer: "Wie sollen wir dann begründen, dass so ein Vorgehen an anderer Stelle nicht zulässig ist?"

An dieser Stelle kommt der Funken Hoffnung ins Spiel, der nur noch ein Fünkchen ist - oder wie es Bernd Romir von den Freien Wählern ausdrückte: "Unsere Chancen stehen bei 1:99." Indem der Gemeinderat die zum Scheitern verurteilten Klagen zurück gezogen hat, sind die laufenden Verfahren beendet. Das gibt der Gemeinde die Möglichkeit, den Vorgang der Regierung von Oberbayern vorzulegen, "mit der Bitte, das Landratsamt zu verpflichten, erneut über die Aufhebung des Vorbescheids" zu entscheiden. Der Gemeinderat stimmte dafür, im Wissen, dass es nun schnell gehen muss.

Die Gesichtsausdrücke der Gemeinderatsmitglieder vom Dienstagabend gaben Hinweise darauf, dass es bei der Sägmühle längst nicht mehr nur um die Einhaltung von Regeln und Gesetzen geht. Seit seinem Einzug zankt sich der Sägmühlen-Eigentümer mit der Gemeinde, mit dem Landratsamt oder mit Spaziergängern. Im steten Zwist werden bisweilen Beleidigungen ausgetauscht, Prozessakten stapeln sich, kaum eine Dorfposse bietet verlässlicher Stoff.

Sonderlich erheitert sind die Markt Schwabener jedoch nicht. Die Sägmühle hatte im Ort auch ohne zersägte Bretter stets eine wichtige Funktion, weil das Grundstück die Verbindung für einen Spazierweg ist, der bis in den Landkreis Erding führt. Diesen Durchgang hat der Eigentümer vor Jahren versperrt. Er störte sich daran, dass Fremde über sein Grundstück spazierten, teils mit unangeleinten Hunden. Also reagierte er: Zunächst verlangte er Wegzoll, zwei Euro pro Strecke, dann riss er die Verbindungsbrücke über dem Fehlbach ab und sperrte alles mit Bauzäunen ab. Die Gemeinde wehrte sich auch hier vergebens.

© SZ vom 17.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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