Prozess:Sucht lässt 21-Jährigen zum Kriminellen werden

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Um sich Drogen zu kaufen, hat ein Erdinger zahlreiche Einbrüche begangen. Nun wurde er zu 28 Monaten Haft verurteilt. Eine Drogentherapie ist seine letzte Chance.

Thomas Daller

Die Einbrüche in das Erdinger Schwimmbad, das Eisstadion, das Tennisheim und in die Gaststätte Blumenhof im Herbst 2008 trugen alle die gleiche Handschrift: Sie wurden mit einer massiven Zerstörungswut ausgeführt. 12.000 Euro Sachschaden hinterließ der 21-jährige Erdinger, der nun zu zwei Jahren und vier Monaten Haft verurteilt worden ist. Da ihm die Untersuchungshaft angerechnet wird, kann er allerdings bereits in fünf Wochen eine Drogentherapie antreten. Denn ein Motiv für seine Einbrüche war Geld, um sich Drogen zu kaufen.

Die Einbrüche hat er nicht alleine begangen, die Polizei konnte an einem Tatort drei verschiedene Fußspuren sichern. Über seine Komplizen machte der Angeklagte jedoch keine Angaben. Auch ihm kam man erst eineinhalb Jahre nach den Einbrüchen auf die Spur: Er hatte sich verletzt, als er die Scheiben eines Kiosks einschlug und dieser Blutstropfen war als DNA-Datei in der Datenbank der Polizei gespeichert worden. Als er wegen eines anderen Verfahrens eine DNA-Probe abgeben musste, kam die Sache ans Licht.

Bei der Polizei und vor Gericht gab er die Taten offen zu. Einen "alten Bekannten" nannte ihn Jugendrichter Winfried Semmer, da der Angeklagte bereits dreimal wegen diverser Diebstähle und Einbrüche verurteilt worden war. Immer wieder hatte ihm die Gesellschaft noch eine Chance gegeben: Die Justiz, indem sie ihn nur zu Bewährungsstrafen verurteilte und auch sein Arbeitgeber, ein Malermeister, bei dem er eine Lehre angefangen hatte und der von seiner Vergangenheit wusste.

Seinen Marihuana-Konsum, die Ursache seiner Probleme, setzte er jedoch fort. Fünf bis sechs Gramm pro Woche habe er durchschnittlich geraucht, gab der 21-Jährige zu. Schließlich fehlte er so oft unentschuldigt in seiner Lehre, dass auch die Geduld des wohlmeinenden Malermeisters zu Ende ging und ihm gekündigt wurde. Der Angeklagte beging weitere Einbrüche und Autoaufbrüche, wurde erwischt und verspielte damit auch noch seine Bewährung.

"Hohe kriminelle Energie"

In der Untersuchungshaft schien ihm offenbar zu dämmern, dass es so nicht mehr weitergehen könne. Diesen Eindruck hatte zumindest Petra Bantner von der Jugendgerichtshilfe Erding, die den jungen Mann von früheren Verfahren her nur als verstockt und unzugänglich kannte. So offen und einsichtig habe sie ihn vorher nie erlebt. Das hänge wohl auch damit zusammen, dass er bislang ständig bekifft gewesen sei und sich daraus "massive Entwicklungsverzögerungen" ergeben hätten.

Auch sein Verteidiger, Rechtsanwalt Robert Alavi, betonte die Bemühungen seines Mandanten, einen Schlussstrich unter sein bisheriges Leben zu ziehen: Während seiner Haft habe er sich um neun Termine bei der Drogenberatung bemüht, außerdem sei es ihm gelungen, eine Zusage für einen Therapieplatz in einer Klinik in Bad Aibling zu erhalten.

Die Staatsanwaltschaft beantragte dennoch eine Jugendstrafe in Höhe von zwei Jahren und acht Monaten. Zum einen habe er nicht "Ross und Reiter genannt" und gesagt, wer bei den Einbrüchen noch mit dabei gewesen sei. Zum anderen habe er seit diesen Taten im Herbst 2008 noch weitere Einbrüche begangen, weswegen noch ein weiteres Verfahren anstehe. "Ich sehe keine günstige Sozialprognose."

Das Jugendschöffengericht sprach den Angeklagten schuldig und verurteilte ihn zu zwei Jahren und vier Monaten Jugendstrafe. Die vier Einbrüche seien mit "hoher krimineller Energie" ausgeführt worden, sagte Richter Semmer. "Du hast nichts, die Geschädigten werden auf ihren Schäden sitzen bleiben." Da er aber bereits drei Monate Untersuchungshaft abgesessen habe, müsse er nur noch fünf Wochen in der Justizvollzugsanstalt in Erding verbringen. Bei einer Haftstrafe von unter zwei Jahren könne er dann in Therapie gehen. Allerdings werde das seine allerletzte Chance sein: "Ein Verstoß gegen die Bewährungsauflagen und du bist weg vom Fenster."

Nach Rücksprache mit seinem Verteidiger nahm der Angeklagte das Urteil an. Auch die Staatsanwaltschaft kündigte an, keine Rechtsmittel einzulegen. Das Urteil ist somit rechtskräftig.

© SZ vom 02.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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