Bauen:Kommunen ausgebremst

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Das alte Rathaus Erding spiegelt sich im neuen Verwaltungsgebäude. (Foto: Renate Schmidt)

Laut Bundesverwaltungsgericht sind beschleunigte Verfahren fürs Bauen im Außenbereich unzulässig. In Erding sind vier Bebauungspläne betroffen. OB Gotz bleibt gelassen, aber Berglerns Bürgermeister ärgert sich.

Von Regina Bluhme und Philipp Schmitt, Erding

Eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts führt dazu, dass im Landkreis Erding einige Bauprojekte im beschleunigten Verfahren ausgebremst werden. Wegen akuter Wohnungsknappheit hatte es der Paragraf 13b Baugesetzbuch Kommunen seit 2017 ermöglicht, Flächen von bis zu 10 000 Quadratmetern am Ortsrand als Bauland auszuweisen, ohne die sonst vorgeschriebenen Umweltprüfungen oder Ausgleichsmaßnahmen. Der Bund Naturschutz hatte dagegen in Leipzig geklagt und im Juli Recht erhalten.

Das Leipziger Urteil kam auf Antrag der Umweltorganisation Bund Naturschutz (BN) nach einer Klage gegen ein 13b-Baugebiet in Gaiberg in Baden-Württemberg zustande. Die Richter stellten Verfahrensmängel und keine Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht in Europa fest, erklärte Oberbürgermeister Max Gotz (CSU) in der jüngsten Stadtratssitzung. Damit wurden sämtliche noch nicht verjährte Bebauungspläne im beschleunigten und vereinfachten Verfahren im Bundesgebiet unwirksam oder sind zumindest nicht mehr rechtssicher. Das Urteil hat in den Rathäusern für Wirbel und zusätzliche Arbeit gesorgt. Dort stellt sich seitdem die Frage, ob an den nach 13b begonnenen Bauleitplanungen im beschleunigten Verfahren ohne Ausgleichsflächen und ohne Umweltbericht ohne Rechts- und Planungssicherheit festgehalten oder ins Regelverfahren gewechselt werden soll.

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In der Stadtratssitzung erläuterte Andreas Erhard vom städtischen Rechtsamt die derzeit diffuse rechtliche Lage: "Wir sind in Erding mit vier betroffenen Baugebieten, die bei aktueller Rechtslage nicht mehr rechtssicher sind, noch vergleichsweise glimpflich davon gekommen." Zwei 13b-Baugebiete seien wegen der Verjährung nicht mehr anzufechten. Für die vier "Problem-Bebauungspläne" (westlich der Ganghoferstraße in Erding, Nußbaumstraße in Pretzen, südlich der Horststraße in Langengeisling, nördlich der Eittinger Straße östlich der Dorfstraße in Siglfing) empfahl er dem Stadtrat den Wechsel ins Regelverfahren.

In Berglern hat das Urteil Bürgermeister Anton Scherer sehr geärgert, sagt er auf Nachfrage der SZ: Dort ist ein Bauvorhaben an der Sattlerstraße betroffen, das schon recht weit im beschleunigten Verfahren war "und dann kam eine Woche vor Satzungsbeschluss das Urteil", so Scherer. Jetzt müsse der Bauherr wieder ins Regelverfahren mit öffentlicher Auslegung und Umweltprüfung, das koste Geld und vor allem Zeit. In Oberding wiederum sind drei Bebauungspläne betroffen. Je einer in Notzing, Schwaig und Aufkirchen. Diese seien nun "ins Regelverfahren zu überführen", wie Gemeinde auf Nachfrage informiert.

Auch Erding hat vom Paragrafen 13b Gebrauch gemacht

"Der 13b ist ein leidiges Thema, auch wir haben davon bei der Planung von kleineren Neubaugebieten Gebrauch gemacht",, sagte Max Gotz (CSU) in der jüngsten Stadtratssitzung. Weil Erding schnell neuen Wohnraum brauche, wurde das befristete Angebot des Bundes zur vereinfachten Planung von "kleinen" Wohnbaugebieten (bis maximal einen Hektar reine Wohnbaufläche zuzüglich Straßen, Freiflächen) im Außenbereich wahrgenommen.

Er werde weiter beobachten, ob und wie die beim runden Tisch Bauwirtschaft im von Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesbauministerin Klara Geywitz (beide SPD) angekündigten neuen Vereinfachungen im Planungs- und Genehmigungsverfahren für die Stadt in Frage kommen, so Erhard. Auf Nachfrage der SZ schreibt die Pressestelle des Bundesbauministeriums: "Unser Ziel ist eine Änderung des Baugesetzbuches, damit begonnene Bebauungsplan-Verfahren nach Paragraf 13b Baugesetzbuch rechtssicher und europarechtskonform zu Ende geführt und fehlerhafte Pläne ergänzt werden können." Dazu habe das Ministerium vor kurzem eine Ressortabstimmung innerhalb der Bundesregierung eingeleitet. "Wir werden zu dem Vorschlag auch schnellstmöglich die Meinung der Länder und kommunalen Spitzenverbände einholen. Um hier möglichst schnell Klarheit zu schaffen, arbeiten wir mit Hochdruck an einer solchen Änderung."

Der Wechsel ins Regelverfahren wurde für einen Bebauungsplan bereits beschlossen

Am vergangenen Dienstag hat der Stadtentwicklungsausschuss des Erdinger Stadtrats beschlossen, mit dem betroffenen Bebauungsplan, Nr. 239 östlich der Dorfstraße in Siglfing, auf Nummer Sicher zu gehen und vom beschleunigten ins Regelverfahren zu wechseln. Nun müssen für das Projekt ein Umweltbericht erarbeitet und Ausgleichsflächen zur Verfügung gestellt werden. Wie die Verwaltung informierte, fallen zunächst anteilige Kosten für den Umweltbericht in Höhe von circa 5000 Euro an.

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