Markt Schwaben:Vom Wirt zum Bürgermeister

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Der 45-jährige Raphael Brandes kandidiert für die Grünen bei der Kommunalwahl in Markt Schwaben. Für seinen Wechsel in die Kommunalpolitik gibt er den Betrieb des Oberbräus ab

Von Korbinian Eisenberger, Markt Schwaben

Die Markt Schwabener Grünen schicken einen Kandidaten ins Rennen um die Nachfolge von SPD-Bürgermeister Georg Hohmann. Beim Stammtisch des Markt Schwabener Grünen-Ortsverbands am Montagabend votierten die Mitglieder ohne Gegenstimme für Raphael Brandes, der mit der Idee von sich auf die Grünen zugekommen war. Der 45-Jährige ist in Markt Schwaben ein bekannter Mann, Wirt des Oberbräus und in örtlichen Vereinen engagiert. Brandes ist damit der bisher dritte Kandidat. Er tritt gegen den bisherigen Bauamtsleiter Frank Eichner an, der für die CSU ins Rennen geht. Und gegen Michael Stolze, den gemeinsamen Bewerber von SPD und Freien Wählern.

Brandes lebt seit gut 20 Jahren in Markt Schwaben, hat zwei Söhne und arbeitete 15 Jahre lang für einen Betrieb mit Personalverantwortung für 60 Mitarbeiter und einem Jahresumsatz von 200 Millionen Euro. Seit 2010 betreibt er das Oberbräu. Die überraschende Nachricht am Montagabend: Ende März - also pünktlich zum Start der neuen Legislaturperiode - werde er das Lokal an einen Nachfolger weitergeben. "Gespräche laufen", so Brandes. Als Grund nennt er seine Bürgermeister-Kandidatur. Er wolle verhindern, dass ihm Befangenheit unterstellt wird, etwa falls im Oberbräu Gemeindefeiern stattfinden.

Viermal in der Ortsgeschichte ist ein Wirt des Oberbräus in Markt Schwaben zum Bürgermeister gewählt worden, das geht aus dem historischen Band "Markt Schwaben" von Irmgard Köhler und Josef Blasi hervor. Raphael Brandes wäre demnach der fünfte. Und der erste Grüne, der in Markt Schwaben Chef im Rathaus wird. Bei der Präsentation des Kandidaten in der Markt Schwabener Gaststätte Mythos musste sich Brandes durchaus kritischen Fragen der Ortsverbandsmitglieder stellen, ehe sie ihn wählten.

Ein leidiges Thema in Markt Schwaben ist Geld, weil die Gemeinde zu den ärmsten in Oberbayern zählt. In einer längeren Rede machte Brandes wohl nicht ganz zufällig Werbung mit seiner Erfahrungen in der Finanzwelt. Andere Politiker kämen von der Verwaltung, so Brandes. "Ich komme vom Verkauf." So habe er den finanzschwachen BSG Markt Schwaben in zehn Jahren als Präsident wirtschaftlich flott gemacht.

Brandes äußerte sich auch zum großen Politikum, den kostspieligen Neubau der Grund- und Mittelschule. "Der Bau ist voll am laufen und muss fort betrieben werden", so Brandes. Zudem wolle er sich für ein Markt Schwabener Verkehrskonzept einsetzen. Ein weiterer wichtiger Punkt für ihn: Das Miteinander in der Gemeinde. "Markt Schwaben ist ein sehr bunter Ort", sagte er und lieferte entsprechende Zahlen. Menschen aus 85 Nationen seien in Markt Schwaben gemeldet, der Migrationsanteil liegt bei 38 Prozent. Manchmal vermisse er aber das Vermischen der Bevölkerungsgruppen. Er führe deswegen Gespräche mit dem türkischen Verein und der türkisch-islamischen Gemeinde Ditip. Es gibt in Markt Schwaben je einen Zuständigen für Jugendliche und Senioren. Brandes Forderung: "Es braucht auch einen Beauftragten für Migration."

Im Anschluss an seinen Vortrag kam es zur Debatte mit den Mitgliedern des Ortsvereins, die ihrerseits Themen einbrachten. Tobias Vorburg, der für die Grünen im Markt Schwabener Gemeinderat sitz, erklärte etwa, dass sich der kommende Bürgermeister für "einfache Sprache" im Markt Schwabener Rathaus einsetzen solle. Hier liege einiges im Argen, so Vorburg, es würde zu kompliziert formuliert, wodurch etwa Asylbewerber "meist keine Chance haben, überhaupt etwas zu verstehen", so Vorburg, dessen Anliegen bei Brandes augenscheinlich ankam.

Grünen-Gemeinderat Andrä le Coutre wollte schließlich wissen, warum der einstige CSUler Brandes sich nun den Grünen anschließe. Brandes dazu sinngemäß: Er stehe in gutem Verhältnis zu vielen CSU-Anhängern und -Politikern in der Region. Bei der Parteispitze der Christsozialen habe er zuletzt aber das C und S vermisst. Mit Grün habe er zuletzt immer stärker sympathisiert. Sein Wirtshaus betreibe er "sehr ökologisch" und so weit es geht mit Produkten aus der Region, sagte er. "Man wird bei mir nur selten einen Salzwasserfisch auf der Speisekarte finden."

Die Markt Schwabener Grünen-Mitglieder müssen ihn bei einer Nomminiertenveranstaltung noch offiziell als Kandidat wählen. Brandes erklärt auf Nachfrage, er strebe kein Parteibuch an, kündige aber an, sich auf die Liste der Grünen stellen zu lassen - er kandidiert demnach auch für den Gemeinderat.

© SZ vom 16.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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