Markt Schwaben:"Hunderte werden ausgebremst"

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Nach Gemeinderatsbeschluss ist die Markt Schwabener Kletteranlage zu

Interview von Korbinian Eisenberger, Markt Schwaben

Seit Mittwoch hängt ein Zettel am Eingang zur Markt Schwabener Kletteranlage: Der Stützpunkt des Alpenvereins (DAV) ist geschlossen. Infolge eines Gemeinderatsbeschlusses ist der zweitgrößte Verein im Ort nun handlungsunfähig. Vorstand Sven Idek und seine Kollegen kommen nicht mehr ans Materiallager und an die Geschäftsstelle heran.

SZ: Herr Idek, der Gemeinderatsbeschluss fiel am Dienstagabend in nichtöffentlicher Sitzung. Wie und wann haben Sie davon erfahren, dass Ihre Kletteranlage geschlossen werden muss?

Sven Idek: Mittwochnachmittag kam eine E-Mail von der Gemeinde, "dass mit sofortiger Wirkung eine Nutzungsuntersagung" erteilt sei. Ein Schlag ins Gesicht.

Weil Sie nicht damit rechnen konnten?

Nicht in dieser Art und Weise, ohne Fristen oder Alternativen. Zumal die Gespräche mit der Gemeinde in dieser Sache bisher immer gut waren, konstruktiv und ehrlich.

Wie in einer nachträglichen Erklärung des Bürgermeisters zu erfahren ist, hat das Landratsamt Ebersberg seit längerem Bedenken wegen des Geländes - eine alte Kläranlage, die als Sportareal nicht mehr vertretbar sei. War es nicht absehbar?

Ende Gelände: Fortan darf der Kletterturm des Alpenvereins in Markt Schwaben nicht mehr genutzt werden. (Foto: Christian Endt)

Man muss das differenziert sehen. Die Gemeinde hat bereits im Mai 2017 vom Landratsamt die Mitteilung erhalten, dass die Anlage baurechtlich nicht einwandfrei ist. Ja, wir wussten, dass hier etwas im Argen liegt, bisher hieß es aber immer, man arbeite an einer Lösung. Umso schwerer tun wir uns im Verein, zu verstehen, warum wir nun von einen Tag auf den anderen vor vollendete Tatsachen gestellt wurden.

Worin genau liegt denn das Problem?

Die Anlage ist über die Jahre im Freien immer wieder ausgebaut worden - zum Beispiel mit neuen Griffen oder einer Holzvorsatzwand. Die Gemeinde hat nicht für jeden dieser kleinen Schritte eine Genehmigung vom Landratsamt verlangt. Hinzu kommt: Der Keller unterhalb der Außenkletteranlage wird von der Feuerwehr für Atemschutzübungen genutzt. Da werden Brände gelegt, um Rettungssimulationen durchzuführen - was ja auch sehr wichtig ist. Das Gemäuer hat aber über die Jahre unter den Flammen gelitten, sodass befürchtet wird, dass die Standfestigkeit der Gebäude nicht vollständig gegeben ist.

Ende Gelände: Fortan darf der Kletterturm des Alpenvereins in Markt Schwaben nicht mehr genutzt werden. (Foto: Christian Endt)

Vom Bürgermeister war am Sonntag zu erfahren, dass die Verwaltung mit einigem Zeitaufwand erst jetzt Kostenvoranschläge für Gutachten zum Kläranlagengelände samt Kletterwände erhalten habe - der Grund, warum das Thema jetzt im Gemeinderat auf der Tagesordnung stand.

Der Gemeinderat hätte dort ein Maßnahmenpaket beschließen können, wie man den Problemen auf dem Klettergelände Herr werden kann. Zum Beispiel ein Gutachten, um festzustellen, wie sehr die Anlage kontaminiert ist, allein dafür wären gut 60 000 Euro angefallen. Beim Thema Geld ist die Stimmung im Gemeinderat meinen Infos nach aber derartig gekippt, dass das Paket krachend abgelehnt wurde.

Haben Sie mit Beteiligten gesprochen?

Am Donnerstag habe ich mich mit Bürgermeister Hohmann und dem Markt Schwabener Bauamt getroffen. Da wurde uns nochmal erläutert, dass dies keine Entscheidung der Gemeindeverwaltung gewesen sei, sondern des Gemeinderats. Uns sind nun die Hände gebunden.

Was bedeutet das nun für Ihren Verein?

Am Mittwoch musste ich mit der ersten Vorsitzende Marina Krauß die Jugendlichen während dem Klettern von der Wand runter bitten. Am Abend standen dann die Erwachsenen vor verschlossenen Türen. Bei mir brennen die Telefonleitungen, auch weil in der Geschäftsstelle samt Materiallager niemand mehr zu erreichen ist. Es kommen täglich Anfragen von Mitgliedern, die Tourenski, Eispickel, Schneeschuhe oder Lawinensuchgeräte ausleihen wollen. Die können gerade alle nicht bedient werden - weil wir nicht reindürfen. Es werden also Hunderte Leute ausgebremst.

Inwieweit können Sie tätig werden?

Als gemeinnütziger Verein haben wir kein Geld. Es fühlt sich ein bisschen so an wie bei einem Mieter, den man rausschmeißt, weil es sich der Vermieter nicht leisten kann, die feuchte Wand zu sanieren.

© SZ vom 25.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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