Markt Schwaben:Der Sprinter vom Dienst

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Markt Schwabens Kämmerer Andreas Kleebauer bringt in Rekordzeit den größten Haushalt der Ortsgeschichte durch den Gemeinderat. Grund für das Volumen sind die Ausgaben für parallel laufende Bauvorhaben - darunter das teuerste Projekt, das es in der Marktgemeinde je gab, der Neubau der Grund- und Mittelschule

Von Korbinian Eisenberger, Markt Schwaben

Kurz vor dem Finale setzte der Kämmerer Andreas Kleebauer noch einmal zu einem Sprint an. In Hemd und schwarzem Anzug flitzte Kleebauer hinaus aus dem Sitzungssaal über die Straße hinein ins Markt Schwabener Rathaus. Kleebauer hatte offenbar etwas wichtiges vergessen. Zwei Minuten vor dem Beginn der Gemeinderatssitzung betrat er dann den großen Saal im Unterbräu-Gebäude. So lässig, als hätte der rekordverdächtige Sprint nie stattgefunden.

Die Kombination aus Schnellkraft und Souveränität ist eine vortreffliche Gabe. Vor allem dann, wenn die Dinge zuvor besser hätten laufen können. So oder so ähnlich könnte man die derzeitige Situation der Gemeinde Markt Schwaben zusammenfassen. In seiner Februarsitzung hat der örtliche Gemeinderat nun ebenso früh wie flott den Haushalt für das Jahr 2021 verabschiedet. Mit insgesamt 72,6 Millionen ist Kleebauers zweites Werk nach 2020 so voluminös wie nie zuvor. Grund sind die hohen Ausgaben für mehrere parallel laufende größere Vorhaben und das teuerste Bauprojekt in der Ortsgeschichte.

Die Historie dieses Haushalts geht weit zurück, zehn, vielleicht 20 Jahre, in denen in Markt Schwaben der Erhalt des Bestandes dem Angriff neuer Bauprojekte vorgezogen wurde, was auch seine Vorteile hatte - aber nicht nur. Für Bürgermeister Michael Stolze (parteilos und seit Mai 2020 im Amt) hat es nun vor allem zur Folge, dass er riesige Schuldenberge aufnimmt, um so das von seinem Vorgänger Georg Hohmann (SPD) gestartete Millionenprojekt Schulneubau zu Ende zu bringen. Dabei kommt Stolze in seiner neuen Rolle fast schon entgegen, dass sich Markt Schwaben ein Alleinstellungsmerkmal erwirtschaftet hat und als derzeit einzige Gemeinde Oberbayerns millionenschwere Zuwendungen aus der Stabilisierungshilfe des Finanzministeriums erhält.

Um die anstehenden wie laufenden Projekte zu finanzieren, erhöht Markt Schwaben mit dem Haushaltsvolumen auch die Schulden. Anfang des Jahres lagen die Verbindlichkeiten bei 28,3 Millionen, Ende 2021 sollen sie bei 42,9 Millionen Euro liegen. Die Pro-Kopf-Verschuldung steigt von 2073 auf dann 3100 Euro und liegt erheblich über dem oberbayerischen Durchschnitt.

Zur Finanzierung des Neubaus der Grund- und Mittelschule tragen zudem Fördergelder des Freistaats bei. Aufgrund der wirtschaftlich angespannten Lage Markt Schwabens wird ein besonders hoher Prozentsatz der förderbaren Anteile des Schulneubaus erstattet. Insgesamt rechnet Kämmerer Kleebauer mit 35 Millionen Euro aus München. Ein Teil davon werde dieses Jahr ausgezahlt, so Kleebauer, "der Großteil 2022".

Im Haushalt 2021 sind Kosten von 17,1 Millionen Euro für die Grund- sowie weitere 9,6 Millionen Euro für die Mittelschule einkalkuliert. Hinzu kommen insgesamt 3,7 Millionen Euro für den Hochwasserschutz-Ausbau am Hennigbach, den barrierefreien Umbau des Rathauses samt Aufzug, die Sanierung der Alten Bräugasse und der dortigen Abwasserbeseitigungen, ebenso im Graf-Ulrich-Weg.

Die Hebesätze der Gemeindesteuern sind verglichen zum Vorjahr unverändert: Die Grundsteuer A für land- und forstwirtschaftliche Betriebe sowie für Grundstücke (B) liegen weiterhin in Markt Schwaben bei je 400, die Gewerbesteuer bleibt bei 360 Punkten.

Die Details hatte das Gremium bereits in der Finanzausschusssitzung Ende November geklärt, und so verabschiedete der Gemeinderat den Haushalt fraglos und in allen Punkten einstimmig. Ein ungewöhnliches Tempo für das Markt Schwabener Gremium, dessen Talent für voluminöse Detaildebatten ausgeprägt ist. Am Ende dieses in vielerlei Hinsicht rekordverdächtigen Abends, ließ sich auch noch erfahren, warum Kleebauer es so eilig hatte: Die Haushaltspräsentation, der USB-Stick, alles war vorbereitet. "Ich hatte meinen Stift und Block vergessen." Und was wäre ein Sprinter vor dem Start ohne Block.

Zum Rekord gehört, dass man ihn brechen kann. Das gilt im Sport wie in der Kämmerei. Kleebauer etwa hat vor, den aktuellen Spitzenwert umgehend zu überbieten. In seiner Prognose für 2022 vergrößert sich der Gesamthaushalt um eine halbe Million Euro. In den Folgejahren geht die Prognose deutlich nach unten (siehe Kasten). Und so könnte es sein, dass die prognostizierte Rekordsumme von 73 130 900 Euro in die Ortsgeschichte eingeht.

© SZ vom 02.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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