Energiewende und Klimaschutz:Eine gute Idee ist am Geld gescheitert

Lesezeit: 2 min

Auch die Kirche in Lengdorf hatte Interesse an einem lokalen und klimafreundlichen Wärmenetzanschluss bekundet. (Foto: Renate Schmidt)

In Lengdorf ist das Vorhaben, ein klimafreundliches Wärmenetz als Genossenschaft aufzubauen, aus wirtschaftlichen Gründen geplatzt. Dabei war schon alles durchgeplant und vorbereitet. Doch das unternehmerische Risiko ist vor allem angesichts gestiegener Zinsen zu groß.

Von Florian Tempel, Lengdorf

Die Idee schien so zeitgemäß, wegweisend und vorbildhaft. Die Regionalwärme Lengdorf eG wollte im Hauptort der 2700-Einwohner-Gemeinde ein klimafreundliches Wärmenetz aufbauen. Mit der Abwärme von zwei Biogasanlagen und einem Hackschnitzelheizwerk zur Unterstützung an kalten Tagen sollten künftig in Lengdorf Gebäude geheizt werden.

Das alles auf genossenschaftlicher Basis und in Kooperation mit dem Erdgasversorger Erdgas Südbayern, der das Leitungsnetz verlegen sollte. Doch das Projekt ist geplatzt. Die Genossenschaft in Gründung existiert nicht mehr. Bei der letzten Versammlung vor einem Monat wurde ihre Auflösung beschlossen.

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Die gute Idee ist am Geld gescheitert. Eine Genossenschaft könnte unter den aktuellen Bedingungen das Lengdorfer Wärmenetz nicht wirtschaftlich betreiben, sagt Franz Obermeier, einer der beiden ehemaligen Vorstände. Die gestiegenen Zinsen hatten das technisch schon fertig durchgeplante und durchgerechnete Projekt scheitern lassen. Die Aussicht, auf Jahre hin defizitär zu sein und erst irgendwann schwarze Zahlen schreiben zu können, solch ein Risiko könne und dürfe eine Genossenschaft nicht wagen, sagt Obermeier.

Die Genossenschaft in Gründung hatte etwa 150 Mitglieder

In Lengdorf sollten die Schule und die Kitas, das Rathaus und die VR-Bank, dazu viele Eigenheime ans Netz gehen, es gab viele Interessenten an einem Wärmenetzanschluss. Die Genossenschaft in Gründung hatte etwa 150 Mitglieder und jeder hatte 300 Euro Startgeld hingelegt. Vieles habe man zwar in Eigenleistung geplant und organisiert, sagt Franz Obermeier, doch es brauchte unter anderem auch ein professionelles Ingenieurbüro für die solide technische Planung. Die grundsätzliche Planung sah vor, die Abwärme aus Biogasanlagen von zwei landwirtschaftlichen Betrieben etwas außerhalb von Lengdorf in das Dorf zu leiten.

Im Ort "braucht man eine hohe Anschlussdichte", sagt Obermeier, das sei von Anfang an klar gewesen. Im dem Gebiet, in dem das Wärmenetz hätten verlegt werden sollen, hätten zwischenzeitlich mehr als die Hälfte der Anlieger Interesse an einem Anschluss bekundet. Wenn die Leitungen tatsächlich verlegt worden wären, hätten sich wohl noch einige mehr dazu entschlossen. Auch die Kooperation mit der Erdgas Südbayern schien der richtige Weg, die Sache noch tragfähiger zu machen.

Dann aber kam das Ende der jahrelangen Niedrigzinsphase und die Wirtschaftlichkeitsberechnungen mussten alle paar Wochen erneuert werden. Bis allmählich immer deutlicher wurde, dass es sich nicht mehr rechnen würde. Dazu seine weitere Faktoren gekommen, sagt Obermeier. Als vor einem Jahr die Erdgas- und Heizölpreise massiv anstiegen, nahm das Interesse an einer Lengdorfer Regionalwärme noch mal zu - als die Preise für fossile Brennstoffe wieder runter gingen, nahm es ebenso schnell wieder ab.

Offensichtlich ist für viele beim Heizen nicht der Klimaschutz der wesentliche Aspekt

Ganz offensichtlich ist für viele beim Heizen nicht der Klimaschutz der wesentliche Aspekt. Ein dritter Punkt ist, dass die Lengdorfer Initiative in einer anderen Hinsicht ihrer Zeit voraus war: die staatlichen Förderprogramme waren, als es in Lengdorf darauf ankam, nicht so gestrickt, wie es wünschenswert gewesen wäre, sagt Franz Obermeier. Wenn vieles zusammenkommt, ist irgendwann das Maß voll. "Ich habe gemerkt, dass es den Leuten, die bei uns mitgearbeitet haben, nicht mehr gut ging." Der Frust und die schlaflosen Nächte nahmen zu und die Fristen für bereits ausgehandelten Angebote verstrichen.

Ende Juni wurde die letzte Versammlung einberufen. 42 Genossinnen und Genossen kamen noch einmal zusammen. "Es war eigentliche eine positive Stimmung, dafür, dass es eine Beerdigung war", sagt Obermeier. Nur einige wenige wollten die Genossenschaft erhalten und ihre eine neue Ausrichtung geben. Doch die klare Mehrheit war für ein Ende. Und was werden die Lengdorfer jetzt machen? "Wahrscheinlich werden viele auf die Wärmepumpe setzen", sagt Franz Obermeier - oder sich vom Klimaschutz vorerst verabschieden.

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