Die Corona-Hygienevorschriften im Klinikum Landkreis Erding erlauben es Vätern gerade noch, im Kreißsaal bei der Geburt ihres Kindes dabei zu sein, aber dann ist Schluss. Eine Stunde Besuch am Tag dürfen die frischgebackenen Mamas im Anschluss erhalten. Diese Einschränkung wird laut Landratsamt bis auf Weiteres auch so bleiben. Die Angst vor dem Alleinsein hat nun im Landkreis Starnberg dazu geführt, dass das Interesse an Hausgeburten gestiegen ist. Die Erdinger hingegen bleiben dem Klinikum treu. Bis zum Stichtag 5. Mai wurden 235 Geburten gezählt. Das sind 41 mehr als im entsprechenden Zeitraum im Vorjahr.
Am Klinikum Erding mache sich kein Trend zur Hausgeburt bemerkbar. "Wir haben sogar bis jetzt mehr Geburten als letztes Jahr", sagt Hebamme Eliane Eberl, eine der insgesamt neun Hebammen am Krankenhaus. 235 Babys sind bis zum Stichtag 5. Mai im Klinikum auf die Welt gekommen. 2019 waren es im selben Zeitraum 194. Insgesamt gibt es am Klinikum im Jahr knapp 600 Geburten. Die Corona-Schutzmaßnahmen seien ein wenig gelockert worden, erklärt Eberl. Jetzt dürfen die Väter bei der Geburt dabei sein und dann einmal täglich für eine Stunde beim Nachwuchs und der Mutter vorbeischauen. Die Besuchseinschränkung werde bis auf Weiteres so bestehen bleiben, ist bei Daniele Fritzen, Pressesprecherin des Landratsamtes, am Dienstag zu erfahren.
Wer coronabedingt kurzfristig auf eine Hausgeburt umschwenken will, hat in Erding ohnehin schlechte Karten: Es gibt einfach zu wenig Hebammen. Marlene Rachl von der Hebammenpraxis "Gaia" aus Taufkirchen betreut im Jahr 40 bis 50 Hausgeburten. Kurzfristige Termine könnten nicht vergeben werden, sie sei bis November ausgebucht. Das Interesse sei auf jeden Fall da, "allerdings nicht coronabedingt". Die Mütter, die sie betreue, hätten sich bereits frühzeitig und ganz bewusst für eine Hausgeburt entschieden. "Sie wollen aus eigener Kraft gebären, selbstbestimmt", erklärt Rachl. Sie kümmere sich um die komplette Vorsorge, begleitete die gesamte Schwangerschaft und helfe der jungen Mutter nach der Geburt des Kindes bei der Nachsorge, also bei allen Fragen rund ums Stillen, Pflegen, Wiegen.
Beim Punkt Nachsorge besteht im Landkreis Erding laut Marlene Rachl eine Lücke. Anfragen von Müttern aus der Stadt Erding nehme sie zum Beispiel nicht mehr an, "wir betreuen unseren ländlichen Raum, mehr geht nicht". Es gebe einen starken Mangel bei der Nachsorge, das sagt auch Marion Prince von der Hebammenpraxis Erding. Sie ist bis Dezember ausgebucht. Der Hauptgrund für den Mangel sei ganz klar der finanzielle Aspekt. Das Klinikum Erding biete durchaus attraktive Arbeitsplätze, aber für die Nicht-Klinik-Hebammen sehe es nicht so gut aus. "Es ist tatsächlich nicht ganz einfach, von dem Beruf zu leben", erklärt Prince.
Im Oktober 2018 ist am Klinikum die Wochenbett-Ambulanz eröffnet worden. Die Moosburger Hebamme Evelin Altenbeck stand jungen Müttern mit Rat und Tat zur Seite. Inzwischen ist Altenbeck nicht mehr am Klinikum tätig. Die Nachfrage sei dagewesen, sagte sie, und die meisten seien auch sehr dankbar für das Angebot gewesen. "Aber wenn von vier vereinbarten Terminen nur zwei erscheinen, dann rechnet sich für mich die Hin- und Herfahrerei nicht mehr", so Altenbeck.
Seit März 2019 bietet auch Marion Price in der Hebammenpraxis Erding zweimal in der Woche eine Sprechstunde an, "für Frauen, die keine Hebamme für die Nachsorge gefunden haben", wie auf der Homepage der Hebammenpraxis zu erfahren ist. Auf der Homepage des Klinikums Erding findet sich hingegen kein Hinweis auf die Wochenbett-Ambulanz. Laut Eliane Eberl gibt es das Angebot aber weiterhin. Im Moment fänden aber coronabedingt keine Sprechstunden statt.