Prozess am Landgericht:Randale und Todesdrohungen

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Weil er in Taufkirchen, unter anderem auf dem Gelände des Isar-Amper-Klinikums, randaliert, Widerstand gegen Polizisten geleistet und Todesdrohungen ausgesprochen hat, muss sich ein 35-Jähriger jetzt am Landgericht verantworten. (Foto: Renate Schmidt)

Ein Angeklagter mit Persönlichkeitsstörung sowie Drogen- und Alkoholproblemen wütet im Oktober 2023 in Taufkirchen. Die alarmierten Polizisten beleidigt er wüst und spricht erschreckend detaillierte Morddrohungen aus.

Von Alexander Kappen, Landshut/Taufkirchen

Erst hat er sich freiwillig in die geschlossene Abteilung des Isar-Amper-Klinikums für Psychiatrie und Psychotherapie in Taufkirchen begeben, dann gegen den ärztlichen Rat selbst entlassen - und ein paar Stunden später war er, diesmal allerdings nicht freiwillig, schon wieder zurück. Weil der heute 35-jährige gebürtige Münchner seinen eigenen Angaben zufolge nach seiner Entlassung im Oktober 2023 zwei Bier und eine Flasche Wodka trank, geriet er außer Rand und Band, randalierte auf dem Gelände des Taufkirchener Klinikums und später auch in der Ortschaft vor einem Café.

Die herbeigerufenen Polizistinnen und Polizisten, die ihn letztlich trotz heftigen Widerstands überwältigen und ins Klinikum zurückbringen konnten, beleidigte er nach allen Regeln der Fäkalsprachen-Kunst und sprach detaillierte Morddrohungen gegen die Beamten aus. Ähnliches trug sich, so lautet die Anklage der Staatsanwaltschaft, ein paar Monate zuvor in Österreich zu. Deshalb musste der 35-Jährige, der derzeit in Untersuchungshaft sitzt, am Mittwoch vor der sechsten Strafkammer des Landgerichts Landshut erscheinen. Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in sechs Fällen in Tateinheit mit Bedrohung sowie Bedrohung in einem weiteren Fall, lautete der konkrete Vorwurf. Zum Prozessauftakt am Mittwochvormittag räumte der Angeklagte sofort alle ihm zur Last gelegten Vorwürfe ein.

Laut Anklageschrift leidet der Angeklagte an einer schwer ausgeprägten kombinierten Persönlichkeitsstörung mit emotional-instabilen und dissozialen Zügen, Alkoholmissbrauch, Stimulanzienmissbrauch sowie einem Missbrauch multipler Substanzen. Zudem liege mit hoher Wahrscheinlichkeit ein adultes Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom vor. Psychotherapeutische Einrichtungen hat der Angeklagte in seinem Leben schon zur Genüge von innen gesehen. Und auch sein Drogen- und Alkoholproblem räumte er in der Verhandlung offen ein.

Wäre es nach dem Angeklagten gegangen, hätte alles blitzschnell vorbei sein können. "Ich will das Ganze hier abkürzen, ich gebe alles zu, sieht man ja eh alles auf der Body-Cam der Polizei", sagte er dem Richter. "Ich weiß nicht, warum ich das getan habe, bei Polizeibeamten werde ich immer aggressiv, keine Ahnung, warum", sagte der 35-Jährige. Er wolle in einer Therapieeinrichtung "an mir arbeiten, weil ich eine seelische Störung habe, fertig aus, wir können alles kurz halten".

Laut Anklage ist der 35-Jährige "für die Allgemeinheit gefährlich"

Ganz so kurz wollte es Vorsitzender Richter Thomas Lindinger dann doch nicht halten. Die Kammer müsse, um ein gerechtes Urteil zu fällen, ihn schließlich ein wenig kennenlernen und Beweise aufnehmen, erklärte der Vorsitzende dem geständigen Angeklagten. Der berichtete bereitwillig auch aus seinem Leben: Als Baby adoptiert, mehrmals zwischen verschiedenen Pflegeeltern hin- und hergeschoben, unzählige leibliche, Halb- und Stiefgeschwister, deren genaue Zahl er gar nicht benennen konnte, als Zehnjähriger erstmals mit Alkohol in Kontakt gekommen und straffällig geworden. Kein Schulabschluss, keine Ausbildung, Jobs in verschiedenen Berufen, unter anderem in der Security-Branche, wechselnde Wohnorte im Ausland und in ganz Deutschland.

Mit Drogen - konkret Amphetamine und Kokain - habe er erst vor fünf Jahren angefangen, mit dem Alkohol sei es nach dem Verbüßen einer mehrjährigen Haftstrafe so richtig schlimm geworden. "Wenn ich fit bin, trinke ich auch drei, vier Flaschen Wodka am Tag", behauptete er. Die wüsten Beleidigungen und Bedrohungen gegenüber den Polizeibeamten seien eben seiner starken Alkoholisierung geschuldet gewesen. Diese waren allerdings nicht ohne. In Taufkirchen sagte er zu den Polizisten Dinge wie "Du stehst auf meiner Todesliste", "Todesurteil" oder dass er ihnen eine befreundete und bewaffnete Rockerbande auf den Hals hetzen werde. In Österreich drohte er einer Beamtin, er werde ihren Kehlkopf zudrücken, sie enthaupten und ihren Kopf vor die Dienststelle hängen.

In der Verhandlung entschuldigte er sich bei allen anwesenden Polizisten. Er sei halt "ein bisschen impulsiv", und die Drohungen seien "nur leere Worte" gewesen. Dass er sie ernst gemeint habe, "ist Quatsch. Wenn ich sauer bin, beleidige ich Leute halt. Und dann entschuldigt man sich und es ist wieder gut". Die Staatsanwaltschaft geht in ihrer Anklageschrift jedoch davon aus, dass der Angeklagte "für die Allgemeinheit gefährlich ist".

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