Prozess am Landgericht Landshut:Tritt gegen den Kopf

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Einen Freispruch gab es für einen 36-jährigen Mann, der an einem Raubüberfall in Neufahrn beteiligt gewesen sein soll. Ihm war nichts nachzuweisen. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Weil er nicht nach Hause gehen will, gerät ein Besucher der Neuchinger Beachparty mit einem anderen Mann aneinander, schlägt ihn nieder und attackiert ihn mit dem Fuß. Jetzt sitzt er wegen versuchten Totschlags auf der Anklagebank.

Von Alexander Kappen, Neuching

Es hörte sich teilweise an wie bei einem Fußballtrainer-Lehrgang. Diverse Zeugen wurden befragt, wie fest denn der Tritt nun auf einer Skala von eins bis zehn gewesen sei und als wie intensiv man ihn einstufen könne, wenn man ihn mit einem Schuss beim Fußball vergleiche. Der Anlass für derlei Fragen war jedoch viel ernster als ein schnöder Bolzplatz-Kick: Weil er im vergangenen November auf einer Beachparty in Neuching einen 27-jährigen Mann mit einem Faustschlag niedergestreckt und dem am Boden Liegenden anschließend mit dem Fuß gegen den Kopf getreten haben soll, muss sich ein 25-Jähriger aus Erlangen derzeit vor der als Schwurgericht zusammengekommenen ersten Strafkammer des Landshuter Landgerichts verantworten. Der Vorwurf lautet: gefährliche Körperverletzung und versuchter Totschlag.

Es war offenbar ein rauschendes Fest. Um die 1200 Leute sollen es im November gewesen sein bei der Beachparty des Oberneuchinger Burschenvereins. Darunter auch der Angeklagte und ein paar Kollegen, die dort den ganzen Abend umsonst trinken durften, weil einem von ihnen die Örtlichkeit gehörte, die er für die Party zur Verfügung gestellt hatte. Von der "Drink for free"-Option machten der Angeklagte und seine Kollegen ihren Aussagen zufolge offenbar reichlich Gebrauch. Mehr noch: Der 25-Jährige gab an, an dem Abend neben diversen, teils hochprozentigen Drinks auch drei bis vier Lines Kokain konsumiert und einen Joint geraucht zu haben.

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Unter diesem Einfluss geriet der 25-jährige Erlanger - nach Aussage eines Zeugen sonst ein "entspannter, hilfsbereiter und zuvorkommender Kerl" ohne Aggressionspotenzial - offenbar völlig aus der Spur. An dem Abend lieferte er sich den Erzählungen nach gleich mehrere handfeste Auseinandersetzungen. Unter anderem mit seinem Freund und Kollegen, mit dem er an dem Abend ebenfalls aneinandergeriet. Wie aus dem Vernehmungsprotokoll des Ermittlungsrichters hervorgeht, das am Donnerstag in der Verhandlung vorgelesen wurde, hatte der Angeklagte zunächst einen Streit mit einem anderen Festbesucher, der ihn "in den Schwitzkasten genommen" haben soll. Danach war er offenbar sehr aufgebracht und beschwerte sich beim Security-Dienst.

Sein Kollege, 26, soll versucht haben, ihn zu beruhigen. Und dann prügelten sich die beiden, wobei der Kollege Verletzungen davontrug, die später ärztlich behandelt werden mussten. Der Kollege, der am Donnerstag als Zeuge aussagte, konnte sich aufgrund seiner damaligen Alkoholisierung nur noch an die Auseinandersetzung erinnern, aber nicht mehr daran, worum es ging.

Der folgenschwerste Streit ereignete sich dann gegen fünf Uhr morgens, als das eigentliche Fest bereits zu Ende war und nur noch das Personal zur After-Party blieb. Diese sei eigentlich nur noch für Interne gewesen, warum der Angeklagte und sein Kumpel immer noch da waren, wisse sie nicht, sagte eine Zeugin. Das 27-jährige Opfer, das in der Verhandlung als Nebenkläger fungiert, soll den Angeklagten mit den Worten "Verpiss dich" zum Gehen aufgefordert und dabei geschubst haben. Und der Angeklagte - möglicherweise noch verärgert von der vorherigen Auseinandersetzung - schlug zu.

"Er ist umgefallen wie ein Sack Mehl"

"Das war ein dumpfer Schlag, das kann nicht nur eine Watschn gewesen sein", sagte eine Zeugin, die ihren Sohn abholen wollte und das Geschehen mitbekam. Der 27-Jährige sei "umgefallen wie ein Sack Mehl" und bewusstlos liegen geblieben. Dann sei der Angeklagte zurückgewichen und habe mit Anlauf von der Seite gegen den Kopf des Opfers getreten, das glücklicherweise durch den Vorfall keine gravierenden Verletzungen davontrug. Eine andere Zeugin sagte, der Angeklagte habe direkt aus ein bis zwei Meter Entfernung wieder zugetreten. Danach gefragt, sagte sie, er habe "nicht ausgeholt wie beim Fußball, aber einen Tritt gegen einen Kopf kann man ja nur schwer mit einem Schuss beim Fußball vergleichen".

Nach der Tat, das berichteten die Zeuginnen übereinstimmend, habe der 25-Jährige offenbar realisiert, was er getan habe. "Er war wohl selber ein bisserl erschrocken", sagte eine. Nachdem eine Barmitarbeiterin die Polizei gerufen hatte, wurde der Angeklagte in der Nähe des Veranstaltungsgeländes festgenommen. Der Prozess wird fortgesetzt.

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