Prozessauftakt am Landgericht Landshut:Eine knappe Million im Planwagen

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Goldmünzen im Wert von 940 000 Euro sind im Mai 2022 auf dem Weg von Frankfurt nach Erding verschwunden. Ein Täter wurde bereits verurteilt, zwei mutmaßliche Komplizen sitzen derzeit auf der Anklagebank. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Ein 32-Jähriger Fahrer einer Spedition soll mit einem Komplizen Goldmünzen im Wert von 940 000 Euro auf dem Weg zu einem Erdinger Händler unterschlagen haben. Von der Beute, die nicht besonders gesichert war, fehlt jede Spur.

Von Alexander Kappen, Erding

Es ist wohl eher ungewöhnlich, dass derartige Ware auf diese Weise verschickt wird. Wie der Hauptverantwortliche für diesen Fall von der Erdinger Kriminalpolizei als Zeuge am Landgericht Landshut zu berichten wusste, "war es die einzige Fahrt in der Geschichte dieser Firma, dass eine solch wertvolle Ware nicht besonders gesichert war". Doch bei jenem Transport im Mai 2022 habe der Auftraggeber, die staatliche australische Münzprägeanstalt Royal Australian Mint das offenbar aus Kostengründen so entschieden. Die letzte Etappe von Frankfurt bis zu einem Erdinger Edelmetallhändler legten die Goldmünzen im Gesamtwert von rund 940 000 Euro auf der Ladefläche eines Kleintransporters mit Plane zurück - und die Sache ging schief.

Der 32-jährige Fahrer des Kleinlasters, so lautet die Anklage, soll zusammen mit einem anderen Mitarbeiter der Speditionsfirma, gegen den ein gesondertes Verfahren läuft, unterwegs die Goldmünzen aus der Transportkiste entwendet und den Karton mit Steinen aufgefüllt haben. Nun muss sich der 32-Jährige wegen Unterschlagung in Mittäterschaft vor der sechsten Strafkammer des Landgerichts verantworten. Zum Prozessauftakt am Montag räumte er die Tat ein.

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Der Vorsitzende Richter Thomas Lindinger wies den Angeklagten gleich zu Beginn der Verhandlung darauf hin, dass es aufgrund der Akten- sowie der aktuellen Sach- und Beweislage vielleicht sinnvoll wäre, über ein Geständnis nachzudenken. Er nannte Fotos und DNA-Spuren, die den Kraftfahrer belasten. Zu diesem Zeitpunkt des Verfahrens würde es auch noch als frühzeitiges Geständnis gewertet und entsprechend Berücksichtigung bei der Strafzumessung finden, so der Richter.

Über eine Erklärung seines Verteidigers teilte der Angeklagte schließlich mit, dass er für seine Person die Vorwürfe voll umfänglich einräume. Allerdings mache er keine Angaben zu Mittätern und auch nicht zum Verbleib des Goldes, über das man bis heute nichts weiß. Darüber habe man überhaupt keine Erkenntnisse, bestätigte der Kripo-Beamte. Die Münzen hätten keine Nummerierung oder andere individuelle Merkmale, über die man sie nachverfolgen könne. Über ihren Verbleib könne man nur spekulieren: "Vielleicht sind sie schon eingeschmolzen worden, aber vielleicht liegen sie auch noch irgendwo rum." Die Haftung jedenfalls übernehme die Royal Australian Mint, die als Auftraggeber entschieden habe, die Münzen als gewöhnliche Sammelfracht zu verschicken.

Beim Empfänger in Erding sei man einigermaßen überrascht gewesen, mit welchem Fahrzeug die Münzen antransportiert wurden. Die Mitarbeiter hätten "gar nicht gedacht, dass das die Edelmetalllieferung ist, sondern die Werbe-Flyer der Münzprägeanstalt, die sonst mit so einem Fahrzeug kommen", sagte der Polizist. Überrascht seien die Mitarbeiter nicht nur über die Art des Transporters, sondern dann natürlich auch beim Öffnen des Kartons gewesen. Die ungläubigen Blicke könne man auf den Aufzeichnungen der Überwachungskameras am Firmengelände gut erkennen.

Der Angeklagte gibt zu, die Münzen genommen zu haben, sagt aber nichts über die Mittäter

Wo genau sich der Tatort befindet, an dem die Münzen zwischen Frankfurt und Erding durch Steine ersetzt wurden, könne er nicht sagen, gab der Angeklagte auf Nachfrage des Richters an. Er wisse nur, dass es ein Parkplatz in der Nähe der Autobahn gewesen sei. Die Folie des Pakets, in dem auch der Karton mit den Goldmünzen war, habe vorher schon ein Loch gehabt. Es könne aber durchaus sein, dass er diese vergrößert habe, so der Angeklagte. Er gab zu, das Gold aus der Schachtel genommen und Steine hineingelegt zu haben.

Dass sich Münzen in dem Karton befanden, habe er aufgrund des Namens der Empfängerfirma vermutet, der darauf hindeute, sagte er. Zudem hatte der Angeklagte offenbar auch eine Handelsrechnung, eine so genannte Commercial Invoice, auf der die genaue Ware und der Wert aufgeführt waren. Auf dem Handy des 32-Jährigen entdeckte die Polizei später ein Foto dieser Rechnung sowie ein Bild vom Tattag mit den Goldmünzen. Auf den Steinen in dem Karton wurden zudem seine DNA-Spuren gefunden. Ebenso die des vermeintlichen Mittäters sowie die einer Frau, die bislang aber niemandem zugeordnet werden können.

Über Mittäter "möchte ich nichts sagen", teilte der Angeklagte mit. Gleiches gelte für den Verbleib des Goldes und die Höhe des eigenen Anteils an der Beute. Der inzwischen ebenfalls verhaftete mutmaßliche Mittäter - wohl eine Art Seniorchef des Sub-Sub-Unternehmens der Firma, die den Transport von Australien nach Deutschland organisierte - soll den Angeklagten im Gefängnis besucht haben. Der Kripo-Beamte berichtete von einem "überwachten Besuch". Dabei habe der mutmaßliche Mittäter 15 Minuten lang Mantra-artig zum Angeklagten gesagt: "Sag nichts, der Anwalt regelt das." Sein subjektiver Eindruck sei gewesen, "dass der Angeklagte eingeschüchtert wurde". Für den Prozess ist noch ein weiterer Verhandlungstag angesetzt.

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