50 Jahre Kreiskrankenhaus Erding:Spitzenmedizin in turbulenten Zeiten

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Am Tag der offenen Tür durften Besucher Bereiche des Klinikums Erding erkunden, die sonst Personal und Patienten vorbehalten sind. Bei Vorführungen mit dem Facharzt für Viszeral- und Thoraxchirugie, Helmut Liedke, konnten Neugierige die Technik auch selbst ausprobieren. (Foto: Renate Schmidt)

Die mehr als tausend Mitarbeitenden sind das Herzstück des Klinikums, das medizinische Angebot ist breitgefächert - zur Jubiläumsfeier sparen die Festredner nicht mit Lob. Die Belastungen aber bleiben aufgrund steigender Kosten hoch.

Von Philipp Schmitt, Erding

Im Oktober 1973, vor einem halben Jahrhundert, wurde das Kreiskrankenhaus Erding eröffnet. An diesen historischen Tag haben der Landkreis und das "Klinikum Landkreis Erding" am Samstag mit einem Festakt und Tag der offenen Tür erinnert: "Fünf Jahrzehnte voller Engagement, Hingabe und medizinischem Fortschritt sind ein Grund zur Freude und zur Anerkennung all derer, die dazu beigetragen haben, dieses Krankenhaus zu dem zu machen, was es heute ist", sagte Martin Bayerstorfer (CSU) bei der Feier im Bildungszentrum an der Bajuwarenstraße.

Der Landrat schilderte die Entwicklung der Krankenhaus-Standorte als "unverzichtbaren Teil der kommunalen Daseinsvorsorge und Pfeiler der Gemeinschaft im Landkreis" mit inzwischen breitgefächertem Angebotsspektrum. Das Thema Gesundheit und deren Bedeutung sei 2022 und 2023 in der Pandemie stark ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Das Klinikum mit gehobener Grund- und Regelversorgung sei ein Ort höchster medizinischer Kompetenz geworden.

Auch bei kleinen Besuchern war das Interesse groß, Nikolas schaute ganz genau hin. (Foto: Renate Schmidt)
Ein Blick hinter die Kulissen war auch im Technik-Bereich möglich, das Notstromaggregat wird mit Heizöl betrieben. (Foto: Renate Schmidt)
Das Klinikum Erding ist in den vergangenen 50 Jahren immer weiter modernisiert worden. (Foto: Renate Schmidt)

Doch auf Lorbeeren ausruhen könne sich schon wegen aktueller Herausforderungen und turbulenter Zeiten nach der Pandemie und wegen der auf Bundesebene geplanten Krankenhausreform niemand. Der Landrat bekräftige - im Schulterschluss mit Staatsministerin Ulrike Scharf, Oberbürgermeister Max Gotz (beide CSU), dem Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG) Roland Engehausen und Krankenhausdirektor Dirk Last - sein Vertrauen in die Zukunftsfähigkeit des Hauses: "Ich kann Ihnen versichern, dass wir alles daran setzen werden, dass der Landkreis mit seinem Klinikum ein Ort der Spitzenmedizin bleiben wird." Die engagierten und kompetenten mehr als tausend Mitarbeitenden beim größten kommunalen Arbeitgeber im Landkreis seien "das Herz des Klinikums", sagte Bayerstorfer. Es werde dort seit vielen Jahren gute Arbeit geleistet.

Ulrike Scharf würdigte mit einem "Vergelt's Gott" die Leistungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und auch die Arbeit Bayerstorfers, der als Chef mit dem Kreistag Verantwortung für das Krankenhaus übernommen und durch wichtige Entscheidungen die Weichen in die Zukunft gestellt habe. Sie stehe ebenso zum Klinikum mit 330 stationären und zwölf ambulanten Plätzen, wo sowohl sie als auch ihr Sohn und Enkel geboren worden seien.

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Der Wandel aber sei dramatisch: Die durchschnittliche Verweildauer von Patienten in der Klinik sei von 15,6 Tagen (1976) auf nur noch 5,2 Tage (2019) gesunken. Mitarbeitern werde zudem - auch durch den medizinischen Fortschritt - ständig mehr Leistung abverlangt. Die Situation in Erding und Bayern sei aber im bundesweiten Vergleich noch relativ gut, was der Interims-Gesundheitsministerin zufolge (Klaus Holetschek wurde zum Chef der CSU-Landtagsfraktion gewählt) aber kein Selbstläufer sei.

Vom Bund müsse nach den schwierigen Jahren der Corona-Pandemie und Inflation mit außergewöhnlichen Belastungen und steigenden Kosten der Krankenhäuser zur Kompensation und Stabilisierung mehr Geld bereitgestellt werden, forderte Scharf. Denn die wirtschaftliche Lage des Klinikums ist schwierig, seit Jahren fährt es Defizite ein.

Milos Rozic, Fachleitung Unfallchirurgie Orthopädie, erklärte, wie bei einem Oberschenkelhalsbruch der Knochen wieder stabilisiert wird. (Foto: Renate Schmidt)
Auch ein künstliches Hüftgelenk war beim Tag der offenen Tür ausgestellt. (Foto: Renate Schmidt)

OB und Bezirksrat Max Gotz bezeichnete die Entwicklung des Klinikums dennoch als beeindruckend. Trotz der Herausforderungen sei ihm nicht bange um die Zukunft der Klinik, sagte er vor Klinik-Mitarbeitern, Kommunalpolitikern und Vertretern des Klinikums-Fördervereins. Roland Engehausen von der BKG würdigte die Einrichtung in der Festrede als einen "Leuchtturm" in der bayerischen Krankenhauslandschaft mit Vorbildcharakter. Das Leistungsspektrum und breitgefächerte Angebot sowie die medizinische Ausstattung und der Fortschritt in Erding könnten sich sehen lassen.

Er betonte, dass sich in Bayern die gute medizinische Versorgung nicht nur auf Großstädte wie München fokussieren dürfe. Die Krankenhausreform bezeichnete er als technokratische Idee von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Für das Klinikum in Erding sehe er dadurch aber keine existenziellen Probleme: "Das schafft ihr locker", sagte Engehausen. Es seien aber auch in Erding "noch Hausaufgaben zu erledigen" und es stehe "viel auf dem Spiel". Der Bund dürfe nicht weiter in die Planungsfreiheit der Länder und die Gestaltungsfreiheit der Kommunen eingreifen, hieß es dazu.

Dirk Last fügte an, dass derzeit "nicht gewiss ist, wie es mit der Kliniklandschaft in Deutschland weiter geht". Eine Krankenhausreform sei zwar nötig, umstritten sei aber, wie sie ausgestaltet werden sollte. Sie dürfe nicht zu einer Verunsicherung führen, warnte der Direktor des Erdinger Klinikums.

1965 entschied der Stadtrat, den bisherigen Standort aufzugeben

Bereits 1965 hatte der Erdinger Stadtrat beschlossen, das städtische Krankenhaus (heute Landratsamt) aufzugeben und dem Landkreis die Krankenhausversorgung zu übertragen. Der Kreistag hatte sich am 31. Mai 1965 für den Krankenhaus-Neubau mit veranschlagten Kosten von 42 Millionen Mark entschieden. Nach dem Spatenstich 1970, dem Richtfest 1971 und der schwierigen Suche nach 350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern konnte der Betrieb des Krankenhauses mit dem Credo "Spitzenmedizin ganz nah" 1973 endlich beginnen.

Später wurden Fachschulen gegründet, ein Landeplatz für Hubschrauber entstand 1981, die Verantwortlichen schafften neueste Computer-/Kernspintomographen an und gründeten neue Abteilungen und Angebote (Herzkatheter-Labor, Nierenzentrum, Schlaganfallversorgung, Schmerztherapie, plastische Chirurgie, Urologie). 2008 wurde das Klinikum akademisches Lehrkrankenhaus der Technischen Universität München.

Wer das alles nachlesen will: Die neue Broschüre "Das Klinikum wird 50" - mit Vorstellung der Abteilungen - wurde beim Festakt am Samstag präsentiert ( www.klinikum-erding.de).

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