Kirchseeon:Sprudelnde Energiequelle

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Der Kirchseeoner Arbeitskreis Energiewende will das gereinigte Grundwasser für ein kaltes Nahwärmenetz nutzen

Von Andreas Junkmann, Kirchseeon

Es sind große Mengen an Wasser, die auf dem Gelände des ehemaligen Schwellenwerks in Kirchseeon Tag für Tag im Boden versickern. Wasser, das man nach Ansicht des örtlichen Arbeitskreises (AK) Energiewende auch sinnvoll nutzen könnte - und zwar für ein sogenanntes kaltes Nahwärmenetz in der Marktgemeinde. Noch steckt die Idee in den Kinderschuhen, geht es nach den AK-Mitgliedern, könnten die Kirchseeoner aber bald schon eine echte Alternative zu herkömmlichen Energiequellen bekommen.

Auf dem Gelände des ehemaligen Schwellenwerks südlich der Bahngleise deutet wenig darauf hin, dass sich hier der Ausgangspunkt für das mögliche Energienetzwerk der Zukunft befindet: Das Areal ist verwuchert, der einzige Weg hinein mit Schlaglöchern übersät und die Gebäude sind zu baufälligen Ruinen verkommen. Ein Bauwerk aber sticht aus dem allgemeinen Verfall heraus. Eine mit bunten Graffiti bemalte Halle direkt neben den Bahngleisen - die Pumpen- und Filterstation der Deutschen Bahn. Dort drin wird im Rahmen eines sogenannten Altlastenprojekts das wieder gutgemacht, was jahrelang auf dem Gelände schief gelaufen ist. 1869 ging das Bahnschwellenwerk in der heutigen Marktgemeinde in Betrieb und hat dem Ort zu rasantem wirtschaftlichen Aufschwung verholfen - allerdings zu Lasten der Natur. Die Schwellen wurden damals mit Teeröl imprägniert, von dem einige Komponenten als giftig und krebserregend gelten. Da während der Betriebszeit des Schwellenwerks auch größere Mengen davon in den Boden gesickert sind, kämpft die Bahn bis heute mit den Folgen.

In Kirchseeon treibt das Unternehmen seit dem Jahr 2005 die Grundwassersicherung voran. Inzwischen ist man dazu übergegangen, das verunreinigte Wasser mit Hilfe von sechs Förderpumpen wieder aufzubereiten - um es schließlich mit annähernder Trinkwasserqualität wieder im Boden versickern zu lassen. Bereits bei einer Führung durch die Filterstation im vergangenen Sommer ist man beim AK Energiewende darauf aufmerksam geworden, dass hier eine ungenutzte Ressource schlummert. "Wir haben gesehen, dass man hier energietechnisch was machen kann", sagt AK-Mitglied Karl-Heinz König, der daraufhin den Vorschlag einer kalten Nahwärmeversorgung ins Spiel brachte.

Ein solches Netzwerk wird mit einem geringem Temperaturniveau betrieben, das etwa acht bis zehn Grad kalte Wasser aus der Filterstation wäre also dafür bestens geeignet. Über ein ungedämmtes Rohrnetz wird das Wasser zum Endverbraucher transportiert, wo ihm dezentrale Wärmepumpen die Energie entziehen, die zum Beheizen von Gebäuden verwendet werden kann. Das abgekühlte Wasser wird schließlich in den Netzrücklauf eingespeist und versickert in Brunnen.

Ein solches Netzwerk auch in Kirchseeon aufzubauen ist der Wunsch des AK Energiewende. "Es ist eine Idee, die zu einem konkreten Plan werden soll", sagt Karl Heinz-König, der Diplom-Ingenieur für elektrische und physikalische Energietechnik ist. Bis es soweit ist, sind aber noch einige Fragen zu klären. Dazu hat man Fachleute der Universitäten Tübingen und Regensburg konsultiert, die dem AK Umsetzungsmöglichkeiten präsentieren sollen.

Von Seiten der Bahn jedenfalls steht man dem Vorhaben durchaus offen gegenüber. Da das Wasser ja ohnehin gefiltert wird, steht auch einer Nachnutzung nichts im Wege. Und selbst wenn die Grundwasserreinigung in Kirchseeon irgendwann endgültig abgeschlossen ist, könnte man die Pumpstation, die im Schnitt rund 50 Kubikliter in der Stunde fördert, weiterhin laufen lassen. Beim AK freut man sich über diese Kooperationsbereitschaft, ist man sich doch bewusst, dass es in absehbarer Zeit Alternativen zu den herkömmlichen Energiequellen braucht. Die kalte Nahwärme wäre laut König eine sinnvolle Möglichkeit. Der Ingenieur ist mit Blick auf die Energiewende in Kirchseeon überzeugt: "Wir müssen schauen, dass wir was für den Ort bewegen."

© SZ vom 13.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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