Kirchseeon:Ruine ohne Zukunft

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Der örtliche Gemeinderat stellt sich gegen den Erhalt des ATSV-Hallen-Anbaus. Dieser soll definitiv abgerissen werden

Von Andreas Junkmann, Kirchseeon

Eigentlich war seine Zeit längst abgelaufen. Wäre die Haushaltskasse der Marktgemeinde etwas besser gefüllt, dann würde das alte Nebengebäude der Kirchseeoner ATSV-Halle heute nur noch in der Erinnerung der etwas älteren Sportler existieren. Da man bisher allerdings keine Mittel für den Abriss im Haushalt eingestellt hatte, steht der Anbau eben immer noch - und hätte nun fast ein großes Comeback gefeiert. Die Unabhängige Wählergemeinschaft (UWG) hatte den Antrag gestellt, das marode Gebäude wieder auf Vordermann zu bringen und den Kirchseeoner Vereinen zur Verfügung zu stellen. Im Gemeinderat stieß dieser Vorstoß allerdings auf wenig Gegenliebe.

"Ich war völlig von den Socken, als ich den Antrag gelesen habe. Eigentlich hatte ich diese Leiche schon abgehakt", sagte Bürgermeister Udo Ockel (CSU) nachdem Klaus Seidinger das Schreiben im Namen der UWG vorgestellt hatte. Darin heißt es, man sehe keinen Grund den Anbau der ATSV-Halle abzureißen, um weitere Parkplätze zu schaffen. "Wir sehen die Grundsubstanz des Gebäudes als erhaltenswert an", so Seidinger. Als Begründung nannte der Bewerber um das Kirchseeoner Bürgermeisteramt, dass der Anbau einen dringend benötigten Versammlungs- und Lagerraum für die örtlichen Vereine - namentlich Schach-, Boßel- und Kegelclub sowie Perchtenbund - bieten würde. Vor dem Bau des neuen Vereinsheims direkt nebenan, waren in dem Gebäude die Umkleidekabinen und Duschen der ATSV-Sportler untergebracht. Seit deren Auszug vor mehreren Jahren ist der Anbau verwaist.

Das ist aber nicht der einzige Grund für den UWG-Vorstoß. Auch den finanziellen Aspekt hatte die Fraktion dabei im Blick. Eine Ertüchtigung beziehungsweise Renovierung sei weit günstiger als die Kosten für den Abriss und die Entsorgung des Anbaus, so Seidinger. Diese Rechnung hat man auch im Bauamt durchgespielt - und ist zu einem etwas anderen Ergebnis gekommen. Laut Marktbaumeister Robert König müsse man nur für die Sanierung des Erdgeschosses bereits mit etwa 50 000 Euro rechnen. Eine Kompletterneuerung würde etwa 70 000 Euro kosten. "Und dann hätte man nur den Mindeststandard", so König. Im Gegenzug dazu seien für einen Abriss rund 50 000 Euro fällig.

Mit den theoretischen Rechenspielen ist es bei dieser, laut Ockel, "alten stinkenden Bude" allerdings nicht getan, da eine Weiternutzung auch aus anderen Gründen schwierig werden dürfte. Die Bausubstanz ist offenbar in einem weitaus schlechteren Zustand, als von der UWG angenommen. Zumindest heißt es das vom Bauamt. "Das Untergeschoss ist absolut tabu. Es wäre nicht zu verantworten, da was einzulagern", so König. Warum das so ist, erklärt Zweite Bürgermeisterin Barbara Burgmayr-Weigt (CSU), die sich das Gebäude angeschaut hat: "Im Keller geht der Schimmel bis an die Decke. Den müsste man hermetisch abriegeln, wenn sich oben die Vereine treffen." Sie jedenfalls könne nur von jeglicher Nutzung abraten.

Damit war Burgmayr-Weigt ganz auf einer Linie mit den übrigen Gemeinderäten. "So viel Geld für ein Gebäude auszugeben, das in ein paar Jahren abgerissen wird, halte ich nicht für sonderlich nachhaltig", sagte etwa Diana Thalhammer (SPD). Natalie Katholing (Grüne) gab noch einen anderen Punkt zu bedenken: Wenn man nun drei oder vier Vereinen ein Gebäude zur Verfügung stelle, wecke das natürlich Begehrlichkeiten bei allen anderen. Dass es bereits seitens der Gemeinde einige Angebote gebe, unterstrich Paul Hörl (CSU). "Dem Gemeinderat kann keiner vorwerfen, dass wir nichts für die Vereine tun." Unter anderem stünden Räume im Café Zam zur Verfügung, die bisher aber nicht nachgefragt worden seien.

Als die Gemeinderäte nach reger Diskussion ihren Berg an Gegenargumenten zusammengeschaufelt hatten, lenkte auch die UWG ein. Mit so hohen Kosten für die Renovierung habe man selbst nicht gerechnet, gab Klaus Viellechner zu, der zusammen mit seinen Fraktionskollegen den Antrag daraufhin zurückzog.

Nun ist am ATSV-Gelände der Weg wieder frei, die ursprünglichen Pläne zu verfolgen. Und zwar den Anbau abzureißen und dafür die Toiletten der nebenstehenden Halle auszulagern. Diese sollen barrierefrei gestaltetet werden und - so die Hoffnung im Gremium - zusammen mit dem dann modernisierten ATSV-Bau dazu beitragen, wieder mehr Besucher zu kulturellen Veranstaltungen in die Marktgemeinde zu locken.

© SZ vom 25.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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