Haftstrafen für Autoschieber:Mit dem Mietauto ins Baltikum

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Sie haben Autos gemietet - und wollten diese ins Ausland verschieben. Doch die zwei Männer flogen auf. Ein Angeklagter muss nun zwei Jahre hinter Gitter - der andere bekommt Strafrabatt.

Florian Tempel

Zwei lettische Autoschieber sind wegen der betrügerischen Anmietung von Luxusmietwagen am Flughafen München vom Amtsgericht Erding zu hohen Haftstrafen verurteilt worden.

Das Amtsgericht hat zwei lettische Autoschieber zu hohen Haftstrafen verurteilt. (Foto: dpa)

Ein 41-jähriger Angeklagter, der bis zu letzt mit wirren Erklärungsversuchen seine Unschuld beteuerte, erhielt zwei Jahre und neun Monate Gefängnis. Sein 37 Jahre alter Mitangeklagter bekam ein Jahr weniger, obwohl er sogar wegen zwei Autobetrügereien vor Gericht stand. Er hatte allerdings wenigstens in einem Fall ein Geständnis ablegt und - was für die relativ milde Strafe ausschlaggebender war - den Ermittlungsbehörden über die Hintergründe der von Lettland aus organisierten Autoschieberei bereitwillig Informationen gegeben.

Genau über diese Kooperation mit der Polizei und der Staatsanwaltschaft gab es Streit im Gerichtssaal. Der 37-jährige Angeklagte hatte wenige Wochen vor dem Prozess von sich aus der Staatsanwaltschaft Landshut angeboten, er könne einiges Interessantes über seine Komplizen im Baltikum berichten, wenn er dafür einen Strafrabatt bekomme. Die Staatsanwaltschaft willigte ein. Nach zwei jeweils etwa fünf Stunden langen Vernehmungen, über deren Inhalt vor Gericht aus Geheimhaltungsgründen nicht gesprochen wurde, war die Staatsanwaltschaft jedoch unzufrieden, weil die Angaben nach Ansicht der Ermittler nicht so wertvoll waren, dass es dafür einen Strafnachlass geben dürfe.

Sonderbarerweise laufen jedoch durchaus weitere Ermittlungen. Über die wollte und durfte aber ein Kriminalbeamter aus Frankfurt nichts sagen, weil sonst der Erfolg der Polizeiarbeit womöglich gefährdet sei. Richter Wolfgang Grimm machte in seiner Urteilsbegründung schließlich aber klar, dass er es für unredlich halte, dem gesprächsbereiten Angeklagten die vorher zugesagte Strafmilderung nicht zugute kommen zu lassen.

Dass die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten nicht über den Weg traute, wurde schon durch Äußerlichkeiten deutlich. Der Mann war wie ein hochgefährlicher Schwerverbrecher nicht nur in Handschellen, sondern sogar mit Fußfesseln in den Gerichtssaal geführt worden. Die Fußfesseln mussten dann auch während der gesamten Verhandlung dran bleiben.

Opfer einer Verwechslung?

Die Anklage umfasste zwei Fälle: Zum einen hatten die beiden Männer Anfang Januar 2009 einen 50.000 Euro teuren Geländewagen am Flughafen München gemietet, der danach verschwand und Monate später an der litauischen Grenze sichergestellt wurde. Der 37-Jährige hatte zudem allen Indizien nach im Juli einen Mietwagen im Wert von 40.000 Euro gemietet und verschwinden lassen.

Diesen Punkt bestritt der Angeklagte und behauptete, er sei das Opfer einer Verwechslung. Ein Foto, das an der Schranke des Mietwagen-Parkhauses gemacht worden war, zeige nicht ihn. Eine Gutachterin für Anthropologie vom rechtsmedizinischen Institut der Universität München wies jedoch nach, dass "mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit" der Angeklagte der fotografierte Fahrer des verschwundenen Mietwagens war. In einem aufwendigen Vergleich hatte sie 108 Gesichtsmerkmale des Angeklagten und des Mannes auf dem Foto überprüft. Ob Augenabstand, Lippenbreite oder die Form der Ohrmuschelwindungen, alles passte. Beim Abgleich mit einem Bild des vermeintlichen Doppelgängers passte hingegen nichts.

Auch der Versuch des Angeklagten nachzuweisen, er sei zum Tatzeitpunkt wegen Knochenbrüchen stationär behandelt worden, überzeugte nicht. Das vorgelegte Stück Papier hatte keinerlei Beweiswert. Allein schon der Name der angeblichen Rigaer Klinik, die übersetzt "Zentrum für medizinische Bücher" hieß, machte mehr als stutzig.

© SZ vom 18.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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