Rekordverschuldung:Handlungsfähig trotz Finanznöten

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Stefan Haberl präsentierte Taufkirchen als fortschrittliche Gemeinde mit zahlreichen Initiativen. (Foto: Renate Schmidt)

Bei der Bürgerversammlung in Taufkirchen stellt Bürgermeister Franz Haberl laufende Projekte vor. Zu einem Eklat kommt es durch einen Redebeitrag eines Rentners.

Von Thomas Daller, Taufkirchen

Der Abriss und Neubau der Mittelschule mit Mehrzweckhalle und Kosten in Höhe von knapp 44 Millionen Euro ist das größte Projekt, das die Gemeinde Taufkirchen jemals geschultert hat. Schwierige Zeiten, Schuldenhöchststand. Wie die drittgrößte Gemeinde des Landkreises Erding dennoch finanziell handlungsfähig geblieben ist und künftig auch sein soll, erläuterte Bürgermeister Stefan Haberl (CSU) bei der Bürgerversammlung. Sein Vortrag wurde beklatscht, dennoch kam es zu einem Eklat: Bei den Fragen der Bürger unterstellte ein Rentner dem Bürgermeister Geldverschwendung sowie Vetternwirtschaft. Sein Beitrag gipfelte in sehr persönlichen Vorwürfen unter der Gürtellinie, für deren Richtigkeit sich derzeit keine Anhaltspunkte ergeben.

Taufkirchen steckt in Finanznöten, die Stellschrauben wurden vom Hebesatz für die Gewerbesteuer bis hin zur Hundesteuer bereits gezogen. Und trotz der Schulhausschulden konnte Haberl seine Vision für die Zukunft der Gemeinde verdeutlichen und auch, wie man die Finanzierung trotz hoher Tilgung ermöglichen kann.

Spatenstich für das Kinder- und Ärztehaus im November 2023. (Foto: Renate Schmidt)
Das Waldbad in Taufkirchen liegt idyllisch. (Foto: Renate Schmidt)

Taufkirchen muss insbesondere den Zuzug bewältigen; der Betreuungsbedarf in den Kindertagesstätten soll von derzeit rund 450 bis 2030 auf mehr als 600 steigen. Aktuell zählt die Gemeinde gut 11 000 Einwohner und es werden rasch mehr. In Planung ist bereits ein weiteres Wohngebiet in Flaring Süd mit 138 Wohneinheiten. Die Gemeinde hat jedoch bereits alle Kitas modernisiert, das Mammutprojekt Mittelschule soll nach vier Jahren nun zum Schulbeginn im Herbst bezugsfertig sein, alle Hausaufgaben sind dann erledigt. Weitere teure Projekte stehen nicht an, die Gemeinde gewinnt finanziellen Handlungsspielraum zurück.

Trotz der hohen Investitionen in die Mittelschule leistet sich die Gemeinde aktuell auch noch ein Kinder- und Ärztehaus an der Gutswiese für knapp 11 Millionen Euro. Spatenstich war im November 2023, mit der Fertigstellung wird im Februar 2026 gerechnet. Der Schuldenstand beträgt im laufenden Jahr 32,6 Millionen Euro, erreicht 2025 einen Höchststand von 34,4 Millionen Euro und soll bis 2034 auf 22,6 Millionen wieder abgebaut werden.

Haberl präsentierte Taufkirchen als fortschrittliche Gemeinde mit zahlreichen Initiativen im Bereich der erneuerbaren Energien, der Mobilität, Fernwärmeversorgung und Katastrophenschutz gegen Klimaveränderungen.

Im Bereich Soziales verwies er auf den Pflegestützpunkt, die Taufkirchener Tafel, die im Dezember 2023 neue, größere Räume beziehen konnte, und auf das Forum Inklusion. Zudem sei das Betreute Wohnen in der Ortsmitte mit 24 Einheiten kurz vor der Fertigstellung.

Auch Kultur und Freizeit kamen nicht zu kurz: Taufkirchen leistet sich das Waldbad, obwohl es ein jährliches Defizit von mehr als einer halben Million Euro mit sich bringt. Kulturell steht das Kommunalunternehmen Wasserschloss im Mittelpunkt, in dem viele Veranstaltungen stattfinden.

Außerdem wird in Taufkirchen die Bürgerbeteiligung gefördert: Es gibt ein Forum Inklusion, ein Forum Klimaschutz, ein Forum Jugend sowie den Seniorenbeirat und den Columbus Achter.

Der Rentner stellte eine persönliche Frage, die brüskierte

Nach seinem Vortrag stellte Haberl das Mikrofon für Fragen von Bürgern zur Verfügung. Der Rentner warf Haberl dabei Geldverschwendung angesichts des hohen Schuldenstandes vor. So fahre der Bürgermeister ein größeres Auto als der Landrat und gebe Geld für unnütze Gutachten aus. Er habe zudem gegen Compliance-Regeln verstoßen, indem er eine Verwandte eingestellt habe. Als er Haberl dann auch noch eine sehr persönliche Frage stellte, die ihn brüskierte, bat der Bürgermeister unter dem Beifall der Zuhörer, der Rentner möge seinen Redebeitrag beenden.

Auf Nachfrage erklärte Haberl der SZ, der Compliance-Vorwurf treffe nicht zu. Über Personalangelegenheiten entscheide der Gemeinderat, die entsprechende Sitzung habe auch nicht er, sondern sein Stellvertreter geleitet. Zu dem anderen persönlichen Vorwurf wollte sich Haberl nicht äußern. Er werde juristisch prüfen lassen, ob der Straftatbestand der üblen Nachrede erfüllt sei.

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