Pisa-Studie:Gute Noten vom BLLV-Vorsitzenden

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Michael Oberhofer ist Kreisvorsitzende des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands und Schuldirektor in Isen. (Foto: Stephan Görlich)

In die allgemeine Klage über das schlechte Abschneiden deutscher Schülerinnen und Schüler bei der jüngsten Pisa-Studie will Michael Oberhofer, der Kreisvorsitzende des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands (BLLV), nicht einstimmen. Ganz im Gegenteil: er sieht die Situation im Landkreis Erding sehr positiv.

Von Sofia Wiedemann Gonçalves, Erding

Als ein Debakel oder sogar eine Katastrophe werten viele die Ergebnisse der jüngsten Pisa-Studie. Die Resultate der internationalen Untersuchung, die Deutschland ein historisches Tief bei der Schulbildung bescheinigen, sind mit Bestürzung aufgenommen worden. In allen Schlüsselbereichen, von der Lesekompetenz bis zur Mathematik, lässt die Pisa-Studie dringenden Verbesserungsbedarf für das deutsche Bildungssystem vermuten. Michael Oberhofer, Vorsitzender des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV) in Erding und Schulleiter der Isener Mittelschule, sieht das ganz und gar nicht so, sondern diametral anders: Im Landkreis Erding, sagt Oberhofer, blühe die Bildung geradezu auf und zeige "erstaunlich gute" Fortschritte.

Mag anderswo das Schulsystem ein Sanierungsfall sein, im Landkreis Erding ist es anders, befindet Oberhofer, der auch Dorfener Stadtrat, Kreisrat und Mitglied des CSU-Kreisvorstands ist. Er nennt den seiner Ansicht nach wesentlichen Punkt: Bei der Bildung werde hier nicht der Rotstift angesetzt. "Bildung ist uns etwas wert." Wie viel, zeige etwa die jüngste Investition von 30 Millionen Euro in die Sanierung des Schulgebäudes seiner Schule in Isen. Auch andere Gemeinden würden nicht zögern, tief in die Tasche zu greifen, sagt Oberhofer und lobt die Kommunalpolitik: "Ich habe den Eindruck, dass die Entscheidungsträger wissen, dass Bildung wichtig ist und manchmal auch viel Geld kosten kann."

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Ein weiterer entscheidender Hebel, an dem man auch in Deutschland ansetzen könnten, seien die Lehrkräfte. Besonders an Grund- und Mittelschulen bestehe ein dringender Bedarf an mehr qualifiziertem Personal. Oberhofer sieht im erfolgreichen Bildungssystem Finnlands ein vorbildliches Beispiel. In Finnland wird der Unterricht oft von zwei Lehrkräften geführt, um individuell auf die Bedürfnisse jedes Schülers eingehen zu können, weiß Oberhofer. Der allerdings auch ein Problem sieht: "Das kostet Unmengen an Geld."

Allerdings hat auch Finnland in der jüngsten Pisa-Studie schlechte Ergebnisse erzielt und ist im internationalen Ranking erheblich zurückgefallen. Finnland steht laut den Pisa-Forschern aktuell kaum besser da als Deutschland.

Oberhofer würde Kinder erst nach sechs Jahren auf weiterführende Schulen aufteilen

Gerade bei Schülern mit Migrationshintergrund, die häufiger zusätzlichen Förderbedarf hätten, seien mehr Lehrkräfte entscheidend, sagt Michael Oberhofer. Das könnte auch ein Grund dafür sein, denkt er, dass Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund beim diesjährigen Mathematiktest im Schnitt schlechter abgeschnitten haben als ihre Altersgenossen deutscher Herkunft. "Dem entgegenzuwirken ist schwierig und wahrscheinlich eine der größten Herausforderungen."

Mit Blick auf andere Länder, die bei Pisa gut abgeschnitten haben und von denen sich Deutschland vielleicht das eine oder andere abschauen könnte, hebt Oberhofer Estland hervor. Er verweist darauf, dass dort die Schüler neun Jahre lang gemeinsam zur Schule gehen. Es gibt also praktisch keine Trennung in Gymnasium, Realschule, Mittelschule und Förderschule. Oberhofer sieht jedoch auch viele Vorteile des dreigliedrigen Systems in Deutschland. Er persönlich spricht sich für einen Kompromiss aus, bei dem die Kinder in den ersten sechs Jahren gemeinsam lernen, bevor sie in das dreigliedrige System wechseln. Das muss man, für einen Christsozialen, wohl schon als progressive Einstellung werten.

Oberhofer hebt hervor, dass Pisa in Deutschland allgemein ein komplexes Thema sei. Die Studie betrachte nicht die einzelnen Bundesländer mit ihren jeweils unterschiedlichen Bildungssystemen im Detail. Darum hält er eine vergleichende Studie innerhalb Deutschlands für interessant. Er sehe zwar die zahlreichen Vorteile darin, Bildung als Ländersache zu handhaben. Es wäre seiner Ansicht nach aber auch wichtig, von den Erfolgen und Misserfolgen anderer Bundesländer zu lernen. Oberhofer geht allerdings davon aus, dass die anderen Bundesländer einen Vergleich mit Bayern, wohl meiden würden.

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