Erding/München:Alle Ansprüche verjährt

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Am 4. Oktober 2009 starb beim Absturz eines Ultraleichtflugzeugs in der Nähe von Straßham der Pilot, sein Passagier wurde schwer verletzt. (Foto: Gaulke)

Ein bei einem Flugzeugabsturz vor sieben Jahren schwer verletzter Passagier erhält keinen Schadensersatz. Das Oberlandesgericht weist die Forderungen wegen eines Fristversäumnisses zurück.

Von Andreas Salch, Erding/München

Fast genau sieben Jahre sind seit dem tragischen Tod eines Piloten des Erdinger Fliegerclubs vergangen. Der 39-Jährige war am 4. Oktober 2009 gegen 15.20 Uhr in der Nähe des Flugplatzes von Straßham bei Forstern mit einem Ultraleichtflugzeug abgestürzt. Mit in der Maschine saß ein Versicherungskaufmann aus dem Landkreis Mühldorf. Der heute 47-Jährige erlitt schwere Verletzungen, konnte aber gerettet werden. Der ebenfalls schwer verletzte Pilot starb einen Tag nach dem Absturz in einer Münchner Klinik. Für die Witwe des 39-Jährigen hatte das Unglück ein gerichtliches Nachspiel. An diesem Freitag hat sich das Oberlandesgericht (OLG) München in zweiter Instanz mit dem Fall beschäftigt.

Der Versicherungskaufmann forderte im Nachhinein von der Witwe Schadensersatz in Höhe von 650 000 Euro. Doch damit nicht genug. Auch seine Krankenversicherung verklagte die Witwe und verlangte 106 000 Euro für sämtliche erbrachten Leistungen. In erster Instanz hatte sich das Landgericht Landshut vor allem mit technischen und meteorologischen Fragen im Zusammenhang mit dem Flugzeugabsturz beschäftigt. Die Versicherung des Passagiers hatte behauptet, dass das Gesamtgewicht des Flugzeugs um fast 70 Kilogramm überschritten worden wäre. Zudem sei jeder der zwei Plätze des Ultraleichtfliegers nur für maximal 100 Kilogramm ausgelegt gewesen. Doch der Pilot habe ein Körpergewicht von 116 Kilo gehabt. Dies, so hatte die Versicherung argumentiert, sei ein "fahrlässiger Pflichtverstoß". Darüber hinaus habe der Pilot an jenem Tag die böigen und turbulenten Windverhältnisse nicht berücksichtigt.

Der 39-Jährige hatte auf dem Flugplatz in Straßham kurz aufgesetzt, dann aber durchstarten und wieder abheben müssen. Dann kam es zu einem sogenannten Strömungsabriss. Der Ultraleichtflieger hatte keinen Auftrieb mehr und stürzte aus zirka 30 Metern auf eine Wiese. Ein vom Gericht bestellter Sachverständiger war zu dem Ergebnis gelangt, es sei nicht zu beweisen, ob der Pilot ein Fehler gemacht habe. Somit könne auch die Witwe nicht in Haftung genommen werden. Das Landgericht Landhut wies die Klage der Versicherung deshalb ab.

Auch in der Berufung am OLG hatte die Versicherung keinen Erfolg. Die Richter des 10. Senats wiesen die Klage ebenso ab wie die des Passagiers auf Schadensersatz in Höhe von 650 000 Euro. Ausschlaggebend dafür waren jedoch nicht technische und meteorologische Fragen, sondern vielmehr die Frage, ob zwischen dem Piloten und seinem Passagier ein stillschweigend geschlossener Beförderungsvertrag bestanden habe. Aus Sicht der Richter am OLG war dies der Fall.

Für die Kläger hatte diese Einschätzung des Gerichts eine gravierende Folge. Der Anwalt der Assekuranz war nämlich bislang von einer völlig anderen Rechtsgrundlage ausgegangen. Doch die OLG-Richter erklärten nun, dass im vorliegenden Fall nicht das Recht nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch angewendet werden dürfe, sondern die Paragrafen des Luftverkehrsgesetzes. Auf dieser Grundlage seien jedoch die Ansprüche der Versicherung und auch die das Passagiers bereits verjährt. Die Schadensersatzforderungen, so der Vorsitzende Richter, hätten binnen zwei Jahren geltend gemacht werden müssen. Doch die Klagen wurden erst nach Ablauf dieser Frist eingereicht. "Es ist ein brutaler Nachteil für Sie", sagte der Vorsitzende Richter zu dem Passagier des tödlich verunglückten Piloten, "dass es gar nichts gibt".

© SZ vom 17.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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