Es ist so ein schöner Abend. Milde Temperaturen, ein laues Lüftchen, sanftes Spätsommer-Licht und über allem ein wolkenloser, strahlendblauer Himmel. Kein Tag für Streit und Zank. Auch die etwa 30 Demonstranten gegen eine dritte Startbahn, Aktivisten von Aufgemuckt, stehen ganz ruhig und unverdrossen auf dem Volksfestgelände vor dem Eingang zum Weißbräu-Zelt. Als Ministerpräsident Markus Söder gegen 19 Uhr in einer schwarzen Limousine vorfährt, gut gelaunt aussteigt und von den lokalen CSU-Granden recht herzlich begrüßt wird, schaut er auch rüber zur Demo. Lächelnd ruft er ihnen jovial zu, "über die dritte Startbahn brauchen Sie sich keine Sorgen machen".
Das ist die Grundstimmung des Abends, auf die Markus Söder die Leute einschwingen möchte: Auch wenn es Probleme gibt, wird alles gut, weil und solange er Bayern regiert. Die meisten Leute, die zu seinem Wahlkampfauftritt gekommen sind, hören das gerne. Allem Anschein nach ist die lokale CSU nahezu vollständig erschienen. Dazu kommen viele, die mit der CSU nicht unbedingt etwas am Hut haben, aber mal den Chef persönlich erleben wollen. Sie erwartet ein Abendprogramm, das mehr Unterhaltung verspricht als Fernsehen gucken.
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Das Zelt ist ziemlich voll, geschätzt 80 Prozent der Plätze sind besetzt. Es wird nicht viel getrunken, manche bestellen sich ein Brotzeitbrettl, die Bedienungen kommen leichthändig hinterher. Die Stadtkapelle spielt auf, bis Markus Söder zwischen Landrat Martin Bayerstorfer und Sozialministerin Ulrike Scharf Platz genommen hat. Die Eröffnung des Abends übernimmt Oberbürgermeister Max Gotz.
Der OB ist auch super gut gelaunt. Letztes Mal, als er den Ministerpräsidenten an mehr oder weniger gleicher Stelle und vor einer noch viel größeren Runde ansagte, war es gar nicht lustig. Bei der berühmt gewordenen Demonstration auf dem Erdinger Volksfestplatz gegen das Heizungsgesetz wurde Markus Söder lautstark ausgebuht und ausgepfiffen. Die Show gehörte dann ganz Hubert Aiwanger, dessen Name an diesem Abend nicht genannt werden wird. Alle werden so nebenbei ihr Fett abbekommen, die Grünen, die SPD, die FDP und die AfD - nur die Freien Wähler und ihr Frontmann werden mit keinem Wort erwähnt.
Als der Oberbürgermeister Werner Brombach, den Inhaber des Erdinger Weißbräu, als "den Hausherrn" begrüßt, klatschen die Leuten zum ersten Mal richtig kräftig. Der 83-jährige Brauereibesitzer wird der Applaus-Sieger des Abends bleiben.
Nach Gotz spricht Sozialministerin Ulrike Scharf. Auch sie fasst sich kurz und haut schnell ein paar Schlagworte raus. Es brauche "eine Politik für Eigentum, Lebensleistung und stabile Renten", "mehr soziale Marktwirtschaft", "Stabilität und Werteorientierung" und solche Sachen.
Dann ist der Hauptdarsteller dran. Für Markus Söder ist es der dritte Bierzelt-Termin an diesem Tag. Am Vormittag war er in Keferloh, mittags auf dem Gillamoos und nun das Finale in Erding. Überall hält er mehr oder weniger dieselbe Rede, nur leicht variiert nach lokalen Gegebenheiten.
Markus Söder scheint kein bisschen müde sein, ganz im Gegenteil. Er kann sich auf seine Rede verlassen, sie ist rhetorisch gut aufgebaut. Als erstes schmeichelt er dem Publikum. Warum er in Bierzelte gehe? "Ich muss den ganzen Tag über mit Politikern zusammen sein, deshalb ist es für mich Erholung, mit so vielen vernünftigen Menschen zusammen zu sein."
Es folgen ein paar Scherze auf Kosten der lokalen Christsozialen, die er "echte Freunde" nennt. Da gehen solche Frotzeleien. Andreas Lenz sei "einer der bestaussehenden Bundestagsabgeordneten", sagt Söder, "er hat mich noch extra drauf hingewiesen." OB Gotz habe ein "super Wahlplakat, da sieht man, was mit moderner Technik alles möglich ist". Über Ulrike Scharf macht er keinen Witz, sondern kündigt an, dass sie auch nach der Wahl in seinem Kabinett dabei sein soll.
So geht es weiter: Angeberei und Witze wechseln sich ab, dazwischen relativ harmlose Sticheleien gegen die politischen Mitbewerber. Das unterscheidet ihn gewaltig von Hubert Aiwanger - dem Ungenannten -, der bei seinen Wahlkampfreden aggressiv und verbissen eine Stunde durchschimpft.
Söder geht dialektisch ans Werk. Er sagt, dass Bayern auf allen möglichen Gebieten spitze sei, und die Ampelkoalition "die schlechteste Regierung, die Deutschland je hatte". Er erzählt, dass er kein so guter Schüler war und es trotz zweier linker Hände doch noch zu etwas gebracht habe. Er sagt "ein großes Dankeschön an alle, die sich in der Flüchtlingshilfe engagieren," und fordert "Sonderrückführungsprogramme" für "kriminelle Straftäter" aus dem Ausland. Er sei dafür, dass jeder essen mag, was er möchte, aber er ist strikt gegen das Gendern. Er sei "sehr für den Klimaschutz", aber man sollte sich doch auch freuen, "dass wir in Bayern so gute Autos bauen".
Er erzählt Geschichten vom G7-Gipfel, als er Joe Bidens Leuten erklärte, die Gebirgsschützen in Tracht seien die " bavarian army, die schützen uns vor Österreich". Das Bayernland, sagt Söder, "ist in der ganzen Welt beliebt" und "deshalb kommen immer mehr". Mit ihm wird es so super, wie es schon ist. Viele Leute stehen auf und klatschen begeistert.