Landtagswahl im Landkreis Erding:Herausforderung Energiewende

Lesezeit: 3 min

Ist das nicht idyllisch? So kann die Energiewende auf dem Land aussehen: Schafe weiden unter Photovoltaik-Modulen in Niederding. (Foto: Stephan Görlich)

Was die Direktkandidatinnen und -kandidaten zum Umstieg auf klimaneutrale Strom und Wärmeproduktion sagen, wie sie Photovoltaik und Windkraftanlagen sehen oder womöglich zurück zur Atomkraft wollen

Von Florian Tempel, Erding

Rechnerisch wird im Landkreis Erding der hier benötigte Strom schon lange zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien gedeckt - weil die Wasserkraftkraftwerke am Mittleren Isarkanal seit bald 100 Jahren viel Strom produzieren. Richtig ambitioniert war der Landkreis zuletzt vor elf Jahren, als die 26 Kommunen begannen, den Bau von Windkraftanlagen gemeinsam zu planen.

Der 2014 wegen der 10-H-Regelung geplatzte Teilflächennutzungsplan Wind hatte in seiner letzten Fassung immerhin noch ein Potenzial von 34 Windenergieanlagen vorgesehen. Nach jahrelangem Stillstand ist Windkraft wieder ein topaktuelles Thema. Die potenziellen Fläche sind dieselben wie seinerzeit. Photovoltaik ist nach wie vor, aber mehr denn je eine private Investition. Das aktuell größte Thema aber ist das Heizen. Die Erdinger Fernwärme, die teilweise auf Geothermie basiert, ist nicht ganz so ökologisch, denn es wird viel mit Gas zugeheizt. In manchen Kommunen - allen voran in Dorfen - gibt es hingegen vorbildliche kommunale Wärmenetze. Die SZ Erding fasst zusammen, was die drei Direktkandidatinnen von CSU, Grüne und FDP sowie die drei Kandidaten von SPD, Freien Wählern und AfD zum Thema sagen haben.

Newsletter abonnieren
:SZ Gerne draußen!

Land und Leute rund um München erkunden: Jeden Donnerstag mit den besten Freizeittipps fürs Wochenende. Kostenlos anmelden.

Martin Huber (AfD) zu diesem Thema zu befragen, kann man sich eigentlich sparen. In seiner Partei gilt die alternative Wahrheit, dass es gar keinen Klimawandel gibt und somit auch keinen Grund, die Energieversorgung grundsätzlich umzukrempeln. "Klimawandel? Ich kann's nicht mehr hören", schimpfte Huber bei einer Wahlkampfveranstaltung im Bergbauerncafé im hügligen Niemandsland zwischen Dorfen und Taufkirchen. Unweit von hier plant ein Landwirt 18 Hektar rund im seinen Hof mit PV-Modulen zu bestücken, um seinen Betrieb auf Energieproduktion umzustellen. Mit Photovoltaik und Windkraft werde es aber sowieso nie klappen, dozierte Huber, dafür "ist Deutschland zu klein" - und plädierte für ein Zurück zur Atomkraft.

Die Grünen-Kandidatin Laetitia Wegmann, sieht die Sache gänzlich anders. Sie selbst hat keinen Zweifel, dass Photovoltaik und Windkraft die beiden wesentlichen Möglichkeiten sind, die Energieproduktion klimaneutral umzustellen. Sie erkennt allerdings an, dass es ein noch weit verbreitetes Akzeptanzproblem gibt. Als Beispiel führt sie die Stadt Erding an. "Da haben wir das Problem, dass Photovoltaik noch immer verhindert wird, weil die Module auf den Dächern angeblich hässlich aussehen." Das sei ein völlig überkommendes Argument. Sie habe vor kurzem den Freisinger Grünen-Abgeordneten Johannes Becher besucht, der in Moosburg ein 500 Jahre altes Haus saniere. Er habe eine PV-Anlage auf dem Dach, die rötlich gefärbt sei, so dass sie gar nicht auffalle. Bei der Windkraft setzt Wegmann auf möglichst breite Bürgerbeteiligung, "damit die Leute, die in der Nähe wohnen, davon profitieren". Ganz wichtig sei auch die Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft, die schon seit Jahren die Energiewende mit viel Pragmatismus voranbringe.

Sven Krage (Freie Wähler) kennt die Probleme der lokalen Energiewende aus seiner Tätigkeit im Aufsichtsrat der Stadtwerke Dorfen. Der Umstieg ganz auf erneuerbare Energien "kann nur funktionieren, wenn die Rahmenbedingungen passen". Damit meint er zum einen finanzielle Unterstützung von Bund und Land für die kommunale Energieversorgung. Zum anderen "brauchen wir eigenverantwortliche Handlungsspielräume". Die Bereitschaft in den Kommunen sei da, werde aber durch Bürokratie mitunter mehr gebremst als gefördert. Von der Windkraft sei er "persönlich nicht so ein Fan". Er ist skeptisch, ob Windkraftanlagen in vergleichsweise windarmen oberbayerischen Gegenden effektiv und effizient sind. Er setzt stärker auf Photovoltaik. Ganz konkret hat er die Böschungen entlang von Autobahnen wie der A94 im Blick. Außerdem dürfe man auch scheinbar kleine Lösung beim Energiesparen nicht vernachlässigen, wie etwa digitale Straßenbeleuchtung. Die Kommunen müssten unbedingt "mit gutem Beispiel vorangehen".

"Eine starke Wirtschaft und effektiver Klimaschutz sind keine Gegensätze"

Die bayerische Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) betont das alte Mantra ihrer Partie, Ökologie und Ökonomie müssten Hand in Hand gehen: "Eine starke Wirtschaft und effektiver Klimaschutz sind keine Gegensätze, sondern gehören zusammen." Sie betont, dass die Energiewende nicht nur mit Hinblick auf den Klimawandel wichtig sei. "Unsere Volkswirtschaft lebt von der Energie - ohne Energie gibt es keine Zukunft." Beim Umstieg auf eine neue Energieversorgung dürften auch vermeintliche Nebenbedingungen nicht außer Acht gelassen werden, so Scharf: "Ich setze mich dafür ein, dass wir Versorgungssicherheit stärken, Planungssicherheit für Betriebe, Bürgerinnen und Bürger schaffen und Heimatenergien nutzen."

Für SPD-Kandidat Benedikt Klingbeil ist Klimaschutz eines der drängendsten Politikfelder überhaupt. Als 19-Jähriger kann er die Frustration der Aktivistinnen und Aktivisten der Letzten Generation gut verstehen. "Dass im Klimaschutz zu wenig vorangeht, ist ja keine strittige Frage." Er findet jedoch ihre Mittel nicht so gut: "Sie machen es Konservativen leicht, gegen Klimaschutz zu schießen." Klingbeil hat vor allem einen Aspekt im Blick. Bei der Energiewende sei es in jedem Fall notwendig, diese mit sozialer Gerechtigkeit zu verbinden. Er plädiert dafür, lokale Energiewende-Initiativen staatlich zu fördern und zu unterstützen. Die Akzeptanz etwa von Windkraft steige stark, "wenn die Leute sehen, dass sie einen unmittelbaren Vorteil haben".

Anne Connelly (FDP) hat die Standardantwort der Liberalen zum Thema Energiewende parat: "Generell sind wir für Technologieoffenheit." Auch sie vertritt die Ansicht, dass es weder ausgemacht ist, dass Photovoltaik und Windkraft die entscheidenden Erneuerbaren sind. Windräder sollte ruhig dort hin, "wo es hinpasst" und ebenso wie große Photovoltaikanlagen "mit Augenmaß" geplant werden - "wir wollen ja nicht unsere Landschaft verschandeln". Sie glaubt, dass auch Wasserkraft noch eine wichtige Rolle spielen könne, und sagt, "es ist noch nicht ganz klar, welche Energieform sich durchsetzen wird", womit sie synthetische Kraftstoffe und Wasserstoff meint. Außerdem ist sie dafür, dass weiter wissenschaftlich und marktorientiert an der Energiegewinnung durch Atomkraft geforscht wird.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: