Kreisjugendring Erding:Neuanfang mit Hypothek

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Die neue Vorsitzende des KJR Erding: Sabine Wendt arbeitet als Sozialpädagogin in der Schulsozialarbeit an der Grundschule Forstern. (Foto: Renate Schmidt)

Die Finanzierung des Kreisjugendrings ist in einem Grundlagenvertrag geregelt, es gibt eine neue Zuschussrichtline und in Person von Sabine Wendt nun auch eine neue ehrenamtliche Vorsitzende. Nur eines trübt das Ganze: alle drei hauptamtlichen Mitarbeiter haben gekündigt und der Landkreis beharrt auf einer Rückzahlung von 92.500 Euro.

Von Florian Tempel, Erding

Ein Kreisjugendring (KJR) kann nicht untergehen, er ist, als Teil des übergeordneten Bayerischen Jugendrings (BJR), eine unabhängige Körperschaft des öffentlichen Rechts. Beim KJR Erding steht man dennoch gerade vor einem ziemlichen Neuanfang. Es gibt seit kurzem erst einen Grundlagenvertrag, in dem die Finanzierung durch den Landkreis klar geregelt ist. Es gibt zudem eine neue Zuschussrichtline und in Person von Sabine Wendt nun auch eine neue ehrenamtliche Vorsitzende. Was es aktuell nicht gibt, sind hauptamtliche Mitarbeiter. Alle drei - der Geschäftsführer, eine Verwaltungsangestellte und eine Fachkraft für offene Jugendarbeit - haben gekündigt. Für die KJR-Verwaltung ist, nach einem halben Jahr Vakanz, immerhin schon jemand gefunden.

Was den vermeintlichen Neuanfang allerdings durchaus trübt, ist die nach wie vor vom Landkreis Erding erhobene Forderung, der KJR müsse 92.500 Euro an den Landkreis zurückzahlen. Auf der anderen Seite belastete das den KJR Erding gar nicht wirklich. Er hat kein eigenes Geld und keine irgendwie gearteten Rücklagen auf einem Bankkonto. Der Landkreis Erding setzt sich deshalb mit seiner Forderung mit dem Bayerischen Jugendring auseinander. Der BJR sieht die Rückforderung jedoch als ungerechtfertigt an, will die 90.000 Euro nicht zahlen und hat deshalb Klage am Verwaltungsgericht München eingelegt. Die neue KJR-Vorsitzende Sabine Wendt muss sich nicht damit rumschlagen: "Das läuft alles über den BJR."

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Kommentar von Florian Tempel

Dass es so weit gekommen ist, dass es vor Gericht geht und es derzeit kein hauptamtliches Team gibt, hat seinen Ursprung in kritischen Äußerungen der bisherigen Vorsitzenden Andrea Jarmurskewitz und des bisherigen Geschäftsführers Reinhard Egger. Als Ende 2020 der Landkreis seine Zuschüsse für den KJR Erding um 21.000 Euro kürzte und Bayerstorfer diese Lücke durch eine Spende des Sparkasse Erding-Dorfen schließen ließ, hatte die KJR-Führung diese doch sehr spezielle Art der Finanzierung kritisch hinterfragt. Landrat Bayerstorfer (CSU) reagiert darauf damit, dass er dem KJR Kreisrechnungsprüfer Josef Gaigl ins Haus schickte. Gaigl fand Buchhaltungsfehler, wegen denen jährlich 9000 bis 10.000 Euro nicht an den richtigen Haushaltsstellen verrechnet worden waren. Gleichwohl stellte Gaigl fest, dass dieses Geld von niemanden eingesackt wurde, es auch nicht versickert war, sondern vollständig für die Jugendarbeit verwendet wurde. Gaigl erklärte im Kreisausschuss: "Wichtig ist in meinem Resümee, dass die Gelder zwar nicht zweckentsprechend, aber auch nicht zweckentfremdet verwendet worden sind."

Im Grundlagenvertrag wurde die Arbeitszeit der Geschäftsführung von 30 auf 20 Stunden gekürzt

Doch Bayerstorfer ließ nicht locker. Er ließ Geschäftsführer Egger wegen des "Verdachts auf Untreue" und "insbesondere des Subventionsbetrugs" anzeigen. Sein harter Kurs wurde besonders von der AfD-Fraktion im Kreistag unterstützt. Mit Bezug auf die Strafanzeige forderte die AfD ganz unverhohlen, dass KJR-Geschäftsführer Egger weg müsse: "Der Imageschaden, der mit den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bereits für den KJR entstanden ist, kann unserer Meinung nach nur mit einem personellen Neuanfang geheilt werden."

Die Staatsanwaltschaft Landshut stellte im April die Ermittlungen allerdings ein, weil nichts an der Anzeige dran war, kein konkreter Schaden, keinerlei Absicht, strafbares Verhalten war nicht ansatzweise zu erkennen. Egger wurde vollständig entlastet. Von Bayerstorfer kam aber kein einziges Wort des Bedauerns für die ungerechtfertigte Anzeige, sondern ein anderer Dreh, um Egger loszuwerden. In den Verhandlungen des Grundlagenvertrags zwischen Landkreis und BJR wurde die Arbeitszeit der Geschäftsführung von 30 auf 20 Stunden gekürzt. Der BJR akzeptierte das, obwohl er selbst zuvor in einer internen Analyse festgestellt hatte, man sollte die Geschäftsführerstelle in Erding in ihrem Umfang ausbauen. Die neue KJR-Vorsitzende Sabine Wendt bedauert die Kürzung, doch "es war nicht anders möglich". Egger kündigte angesichts der Arbeitszeitreduzierung, die für ihn drastische Einkommenseinbußen bedeutet hätte.

Nun müssen, bis die Geschäftsführung neu besetzt ist, die neue Vorsitzende Sabine Wendt und andere Vorstandsmitglieder einiges der zuvor hauptamtlich gemachten Arbeit in ihrer Freizeit erledigen. Die 26-jährige Sozialpädagogin arbeitet hauptberuflich in der Schulsozialarbeit an der Grundschule Forstern und ist im KJR Vertreterin der evangelischen Jugend. Sie lässt sich nicht schrecken: "Wir wollen hier einfach positiv in die Zukunft schauen."

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