Erding:Offene Baustellen bei den Einzelhändlern

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Einkaufen im Corona-März 2021: Vor dem Modehaus Kraus warten "Click and Meet"-Kunden - und eine Baustelle. (Foto: Renate Schmidt)

Ein Erdinger Geschäftsmann plädiert für den Einsatz der Luca-App zur möglichen Nachverfolgung von Kunden. Die Vereinigung der Innenstadthändler will abwarten - vielleicht, weil es weitere große Probleme gibt.

Von Regina Bluhme, Erding

Der Lockdown geht weiter. Wirtshäuser und Straßencafés bleiben zu. Im Landkreis Erding ist immerhin noch "Click and Meet" möglich", mit entsprechender Zettelwirtschaft am Eingang. Es ginge auch anders, ist Harald Huber, Betreiber des Mobilstore Telekommunikation an Dorfener Straße in Erding, überzeugt. Er setzt auf die Luca-App. Mit ihr könnten Kunden oder auch Wirtshausbesucher digital einchecken, eine Nachverfolgung durch die Gesundheitsämter wäre schneller möglich und damit auch eine Lockerung. In den Landkreisen Fürstenfeldbruck und Dachau laufen gerade Initiativen von Geschäftswelt und Gastronomie für die Einführung von Apps. Erdings Innenstadthändler zeigen sich zurückhaltend. Sie haben mit einem zusätzlichen Problem zu kämpfen, bei dem auch keine App hilft: den Baustellen vor ihrer Haustür.

Harald Huber, Betreiber des Mobilstore Telekommunikation an Dorfener Straße in Erding, ist überzeugt: "Die Luca-App ist eine super Sache." Die App ist inzwischen sehr bekannt, denn sie wird von Smudo, dem Sänger der Rapband Die Fantastischen Vier, gerade sehr öffentlichkeitswirksam beworben. "Von der Zettelwirtschaft sollten wir im 21. Jahrhundert eigentlich längst weg sein", auch im Zeichen des Umweltschutzes, sagt Huber. Mit der App lädt man sich einen QR-Code herunter, bei dem persönliche Daten wie Name oder Handynummer hinterlegt werden. Jeder Nutzer der App checkt sich dann an jedem Ort, an dem er andere Menschen trifft, anonym ein. Wird ein Kunde oder ein Gasthausbesucher positiv getestet, dann meldet die App das ans Gesundheitsamt, das dann wiederum alle Infizierten und Gefährdeten in Quarantäne schicken kann. "So könnten Lockdowns überflüssig werden", ist Harald Huber überzeugt.

Ein paar Meter weiter erfolgt der Abriss des Friedbergerhauses in der Langen Zeile. (Foto: Renate Schmidt)

Noch gibt es Fragen zum Datenschutz und zum Grundsätzlichen. Eine Vernetzung der App mit dem Gesundheitsamt Erding sei aktuell nicht möglich, bedauert Huber. Eine Nachfrage der SZ beim Landratsamt blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet. Im Landkreis Fürstenfeldbruck wollen jetzt Geschäftsleute, Gastronomen und Verbände mit einer gemeinsamen Initiative die Politik von der Einführung der Luca-App überzeugen. "Wir haben das diskutiert und für gut befunden", wird der Fürstenfeldbrucker Gewerbeverbandsvorsitzende Franz Höfelsauer kürzlich in der lokalen Ausgabe der SZ zitiert. Entschieden ist noch nichts, denn auch hier gilt: Es gibt noch keine Vernetzungsmöglichkeit mit dem Gesundheitsamt.

Der Landkreis Dachau wiederum will es spätestens nach Ostern mit der App "Darf ich rein" probieren. Darauf haben sich Landrat Stefan Löwl (CSU) und Vertreter der Wirtschaft, der Kultur und des Gesundheitsamts geeinigt, wie am Montag auf einer Pressekonferenz zu erfahren war. Die App werde zum einen schon von einigen Gastronomen im Landkreis genutzt und zum anderen biete sie ein Sonderkündigungsrecht an für den Fall, dass eine bundesweite Lösung kommt.

Harald Huber würde sich die Luca-App für den Landkreis Erding wünschen. Dirk Urland, der Vorsitzende des Gewerbevereins Erding, erklärt, er kenne die Luca-App nur vom Namen und müsse sich erst noch in das Thema einlesen. Wolfgang Kraus, Vorsitzender von Ardeo, der Geschäftswelt der Erdinger Innenstadt, sagt, er habe sich noch nicht ausführlich mit der Luca-App befasst. "Aus der Entfernung erscheint es mir aber als eine gut Sache." Die App-Lösung könne durchaus ein Weg der Zukunft sein, "weg von dem Zettelausfüllen".

Kraus verweist aber auch darauf, dass nicht jeder ein Handy besitze. Ihm würde zum Beispiel auch die Lösung mit einem Chip im Schlüsselanhänger ganz gut gefallen. Aber solange sich die Corona-Bestimmungen immer wieder änderten und nichts planbar sei, sei eine App im Moment nicht das große Thema bei Ardeo.

Zusätzlich zum Lockdown hat die Erdinger Geschäftswelt nämlich noch mit den Baustellen in der Altstadt zu kämpfen, fügt Kraus hinzu. Seit Monaten Staub, Lärm und Straßensperrungen. Kaum ist eine Maßnahme fertig, kommt die nächste. Jüngst hat der Abbruch des Lehner-Hauses an der Landshuter Straße, ein paar Meter weiter in der Langen Zeile wird das Friedberger Haus abgerissen. Die verschiedenen Baumaßnahme hätten eins mit der Corona-Pandemie gemeinsam: "Man weiß nie, was als nächstes geschieht."

Wolfgang Kraus, der das Bekleidungshaus Kraus am Eck führt, hat sich inzwischen mit "Click and Meet" arrangiert. "Es läuft reibungslos." Nur wie lange noch, ist die Frage. Im Landkreis Freising hat das Landratsamt am Montag wegen einer Inzidenz von über 100 angeordnet, dass es im Einzelhandel statt "Click and Meet" wieder "Click and Collect" heißt. Im Landkreis Erding lag die Inzidenz laut Mitteilung des Landratsamt vom Dienstag bei 68,7.

Mit seinem Sortiment habe er noch Glück, sagt Modehausbesitzer Kraus. "Wir können mit ,Click und Meet' leben." Bei kleinen Läden und bei der Gastronomie sehe die Lage leider anders aus. Der Ardeo-Vorsitzende weiß von zwei bis drei Gewerbetreibenden in der Innenstadt, die nach dem Lockdown "sicher nicht mehr aufmachen werden". Und von zwei bis drei weiteren, die inzwischen "immer ernster" ans Aufhören denken.

© SZ vom 24.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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