Amtsgericht Erding:Freiheitsstrafe für Beihilfe zum Drogenhandel

Lesezeit: 2 min

Ein Mann dreht sich einen Joint mit Marihuana. Noch ist es in Deutschland illegal, Cannabis, auch genannt Marihuana, zu kaufen oder zu verkaufen. Auch der Anbau und Besitz ist verboten. (Foto: Daniel Karmann/dpa/dpa)

Angeklagter muss für vier Monate ins Gefängnis. Bei seinen Taten stand er unter offener Bewährung und wurde noch am Tag der letzten Verurteilung mit Marihuana erwischt.

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Bei der Vernehmung der Polizei als Beschuldigter war sich der 23-jährige Angeklagte noch sicher, man könne ihm gar nichts beweisen, er sei schlauer als die Polizei. Dass er mit Drogen, mit Marihuana, tatsächlich gehandelt hat, konnte man ihm vor Gericht tatsächlich nicht nachweisen. 13 der 18 Tatvorwürfe in der Anklageschrift wurden eingestellt. Amtsrichter Thomas Bauer verurteilte ihn dennoch zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten, ohne Bewährung. Wegen Beihilfe zum Drogenhandel. Das hatte der Angeklagte selber zugegeben. Dass er direkt - nach seiner Entgiftung - ins Gefängnis geht, verdankt er unter anderem, dass er noch am selben Tag seiner jüngsten Verurteilung wegen Drogenbesitzes von der Polizei mit 20,89 Gramm Marihuana erwischt wurde.

18 Mal soll der heute 23-Jährige gewerbsmäßig Marihuana jeweils zwischen einem und fünf Gramm, im Zeitraum zwischen Juli 2021 und Januar 2022, verkauft haben. Am ersten Verhandlungstag sagte der Angeklagte nur aus, das er früher vielleicht mal Drogen verkauft habe, aber jetzt schon lange nicht mehr. Wenn, dann habe er höchstens vermittelt und mögliche Verkäufer genannt. Eine Wohnungsdurchsuchung beim 23-Jährigen hatte keine Hinweise auf einen Handel mit Drogen erbracht. Es wurden keine Drogen, keine größeren Bargeldbeträge oder drogentypische Hilfsmittel wie eine Feinwaage oder Tütchen gefunden.

"Ware" wollte der Angeklagte nicht bei sich haben, da er unter Bewährung stehe

Von vier Zeugen, die vom Angeklagten Marihuana gekauft haben sollen, bekam das Gericht keine konkreten Hinweise, dass der Angeklagte tatsächlich selber verkauft hat. Da drei Zeugen sich bei einer Aussage zuletzt selber belastet hätten, machten sie vom Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch, also sagten gar nichts. Nummer vier sagte, dass der Angeklagte, soweit er sich noch erinnern könne, zumindest bei einem Kauf von 3,5 Gramm Marihuana am S-Bahnhof Altenerding anwesend gewesen sei. Beim zweiten Kauf in einem Erdinger Billard-Café sei der Angeklagte nicht dabei gewesen. In seinem Fall musste der Zeuge aussagen, da er selber inzwischen rechtskräftig wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln verurteilt wurde. Die Auswertung von Handygesprächen hatte indes keine direkten Hinweise ergeben, dass Drogen verkauft wurden, nur Indizien. Es war von "Ware" die Rede, es wurde gefragt "Hast Du was?", es wurden Übergabeorte ausgemacht und einmal sagte der Angeklagte, er wolle "die Ware" nicht bei sich haben, da er drei Jahre auf Bewährung sei.

Zu Gunsten des Angeklagten sprach nach Meinung der Staatsanwältin nichts

Immerhin in vier der 18 Punkte sah nach der Beweisaufnahme die Staatsanwältin den 23-Jährigen als schuldig an. Zugunsten des Angeklagten sprach nach ihrer Meinung nichts. Auch kein Geständnis, wenn er bei der Polizei erklärt habe, dass er "geholfen" habe durch das Vermitteln. Gegen ihn sprachen aber sieben Einträge ins Bundeszentralstrafregister und dass er seit der letzten Strafe 2021 wegen Drogenbesitzes unter Bewährung steht. Als "besonders dreist" fand die Staatsanwältin, dass der 23-Jährige damals aus dem Gericht ging und es ihm offenbar völlig egal war, dass er unter Bewährung steht, wenn er noch am selben Tag wieder mit Marihuana erwischt wird. Normalerweise könne man Freiheitsstrafen unter sechs Monaten - sie hatte zwei Monate gefordert - nur unter Bewährung aussprechen, könne davon aber absehen, wenn besondere Umstände, "die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter unerlässlich machen".

Das sah auch Amtsrichter Bauer so. Er ging sogar über die Forderung der Staatsanwältin hinaus und verhängte eine Strafe von vier Monaten. Zur Zeit ist der 23-Jährige aber wegen Entgiftung in stationärer Behandlung im kbo-Klinikum für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie in Taufkirchen .

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Amtsgericht Erding
:Gärtnerin findet Drogenversteck in Laubhaufen

Obwohl es Indizien gibt, die gegen die Angeklagten sprechen, werden beide von einem Schöffengericht freigesprochen. Die Beweislage ist laut Richter Schindler "zu dünn".

Von Gerhard Wilhelm

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: