Bahnausbau München - Mühldorf - Freilassing:Nur nicht hetzen

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Ein Ausschnitt aus einem digital erstellten Video der Bahn zeigt, dass die Gleise nur an der Bundesstraße B 15 etwas tiefer runter gehen werden, damit die Brücke nicht so steil wird. (Foto: Screenshot: Youtube/DB)

Die Deutsche Bahn bewirbt den Bahnausbau als Klimaschutz- und Verkehrswendeprojekt. Der Dorfener Stadtrat versucht Verbesserungen im Kleinen zu erreichen.

Von Florian Tempel, Dorfen

Wenn wieder mal alles viel länger dauert als geplant, ist das heutzutage gar keine richtige Nachricht mehr. Als vor einem halben Jahr bekannt wurde, dass sich der Ausbau der Bahnlinie München - Mühldorf - Freilassing (ABS 38) um mehrere Jahre verzögert, nahmen das die meisten achselzuckend zur Kenntnis. Man hatte es gar nicht anders erwartet.

Die zwei Gründe für den massiven Zeitverzug sind dabei geradezu absurd: Der frühere Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hat in eigener Machtvollkommenheit mittels eines Ministererlasses eine gravierende Umplanung im Bereich von Weidenbach verfügt. Zuvor hatte er bereits mit der Einführung eines angeblichen Beschleunigungsgesetzes für anhaltende Entschleunigung gesorgt. Das Gesetz mit dem überlangen Namen Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz wurde von ihm und seinem Ministerium als tolle Idee verkauft, da es die "Umsetzung von wichtigen umweltfreundlichen Verkehrsprojekten beschleunigen" werde. Das Gegenteil ist der Fall.

Das räumte nun auch Sven Kluba, Leiter des Bahnausbaus im westlichen Teil der ABS38 von Markt Schwaben bis Burghausen, bei einem Besuch im Stadtrat Dorfen ein: Den Bahnausbau entgegen der bisherigen Praxis durch den Bundestag per Gesetz zu genehmigen, trage dazu bei, dass sich alles ellenlang hinzieht.

"Es ist einfach skandalös, dass ein Projekt von dieser Bedeutung nicht vorankommt"

Während die meisten die Verzögerung wenig oder gar nicht aufregt, machte Stadtrat Heiner Müller-Ermann (SPD) seinem Unmut Luft: "Es ist einfach skandalös, dass ein Projekt von dieser Bedeutung nicht vorankommt - die Bahn holpert schon seit Jahrzehnten." Was Müller-Ermann so sauer macht, ist nicht nur der schiere Zeitverzug. Während die Bahn früher vor allem die wirtschaftliche Bedeutung des Bahnausbaus herausstellte, wird er nun verstärkt mit Klimaschutz- und Verkehrswendezielen beworben. Laut Prognosen ließen sich durch den zweigleisigen Ausbau und die Elektrifizierung der Strecke 120 Millionen Auto-Kilometer und 20 Millionen Lastwagen-Kilometer pro Jahr sowie 23.100 Tonnen CO2 einsparen. Das alles betone die Bahn heute, monierte Müller-Ermann, während sie früher, bevor die Autobahn A 94 durchs Isental betoniert wurde, nichts dergleichen verlauten ließ.

Die betonte Klimaschutzwirksamkeit des Bahnausbaus führt bei den Dorfenern dennoch nicht dazu, klein bei zu geben und alles Weitere gut zu heißen. Die Hoffnungen eine weitgehende Tieferlegung sind jedoch endgültig dahin. Eine Nachfrage von Stadtrat Josef Jung (ÜWG), ob es denn noch irgendeine Aussicht auf eine Realisierung der vom Münchner Verkehrsberater Martin Vieregg ausgetüftelten Tieferlegungspläne gebe, antwortete Bürgermeister Heinz Grundner (CSU) mit einem drastischen Bild. "So schwer es manchen fallen wird", sagte Grundner, man müsse akzeptieren, "dass es sich bei der Vieregg-Variante um ein totgerittenes Pferd handelt". Das Bundesverkehrsministerium habe deutlich gemacht, dass man nur umplanen werde, wenn die Stadt Dorfen die Mehrkosten im Vergleich zur DB-Planung übernehmen würde. Ein "Blankoscheck-Beschluss" der Stadt Dorfen, sagte Grundner, sei aber weder vertretbar, noch rechtlich zulässig. Fazit: Da kann man nichts machen.

Die Dorfener Stadträtinnen und Stadträte nahmen deshalb zwar die aktuellen Planungen der Deutschen Bahn weitgehend emotionsfrei zur Kenntnis. Sie machten jedoch eine Menge Anmerkungen im Detail, um wenigstens im Kleinen Verbesserungen zu erreichen. Die DB-Vertreter notierten sich alles, um diese "mitzunehmen und sich anzuschauen", wie Kluba sagte. Gleichwohl machte er aber auch deutlich, dass sich wohl nur wenig an den bisherigen Plänen ändern werde, weil man Richtlinien, Vorgaben und Kosten zu beachten habe.

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