Stadt Dorfen:"Es geht hier um Existenzen"

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Lastwagenladungen voll Schotter wurden in die Isen gekippt, damit schweres Gerät anrücken konnte, um die Spundwände in das unerwartet harte Flussbett zu treiben. (Foto: Renate Schmidt)

Der Bau der B-15-Brücke über die Isen verzögert sich um ein halbes Jahr. Schuld ist extrem harter Boden im Flussbett. Die Folgen sind Umsatzeinbußen beim Einzelhandel, noch mehr Stau in der Innenstadt und Probleme fürs Stadtjubiläum.

Von Florian Tempel, Dorfen

Nichts klappt wie geplant. In Berlin hat es mit dem neuen Flughafen 14 statt fünf Jahre gedauert. Wann die Zweite Stammstrecke in München fertig wird, weiß derzeit niemand zu sagen. Dass sich der Neubau der B-15-Isenbrücke in Dorfen bis Mitte kommenden Jahres ausdehnen wird, ist im Vergleich dazu harmlos. In Dorfen sieht man das allerdings anders. Es sei ein Desaster, das "nur schwer hinnehmbar" sei, schimpfte Bürgermeister Heinz Grundner (CSU) im Bauausschuss des Stadtrats, "es geht hier um Existenzen".

Der Dorfener Einzelhandel leide seit Beginn der Bauarbeiten unter erheblichen Umsatzeinbußen. Dabei wäre nach Corona eigentlich eine Erholungsphase notwendig. Der Bau der Brücke wurde zweimal wegen der Pandemie verschoben. 2020, weil alles zu ungewiss war. 2021 auf Wunsch der Stadt, um den Gewerbetreibenden eine Erholung zu ermöglichen. Nun sehen manche schon das vierte Krisenjahr vor sich.

"Wir hatten einen straffen Zeitplan, aber er war realistisch."

Aber das ist nicht alles, was die Dorfener so ärgert. Der tägliche Stau der endlosen Blechkolonne, die sich durch die historische Innenstadt und das Nadelöhr Wesnertor quält, nervt viele ganz gewaltig. Andere fahren einen kilometerweiten Umweg rechts herum über Mehlmühle, was nicht weniger nervt. Und dann ist da noch das Stadtjubiläum, die 1250-Jahrfeier, die man schlecht verschieben kann. Wie aber soll das gehen, mit dem geplanten Freilicht-Faust auf dem Unteren Markt? Ist es eine akzeptable Vorstellung, dass Gretchen auf der Bühne hinter der Marktkirche "Heinrich, mir graut vor dir!" flüstert, während vor der Marktkirche Autos über das Kopfsteinpflaster rumpeln?

Jessy Swoboda ist als Abteilungsleiterin beim Staatlichen Bauamt für den Brückenbau zuständig. Sie bedauere all die negativen Implikationen, versicherte sie dem Dorfener Bauausschuss. Doch niemand in ihrer Behörde, bei den externen beauftragten Ingenieuren oder bei den Baufirmen trage Schuld an den Verzögerungen: "Es ist richtig, dass wir einen straffen Zeitplan hatten, aber er war realistisch." Erst ungünstige Umstände, die keiner ahnen konnte, hätten ihn platzen lassen.

Wieso ist der Boden so hart? "Keiner kann sich erklären, warum."

Nach Darstellung des leitenden Ingenieurs beruht alles auf einem außergewöhnlichen Kuriosum. Die Stadt Dorfen ist eigentlich dafür bekannt, dass hier der Baugrund eher zu weich ist. Ausgerechnet an der Isenbrücken-Baustelle aber scheint man nun auf die absolute Ausnahme gestoßen zu sein. Vorabprüfungen hätten keinen Hinweis darauf geliefert, sagte der Ingenieur. Als der Mittelpfeiler abgerissen wurde, um an derselben Stelle einen neuen zu fundamentieren, ging jedoch auf einmal und zur Überraschung aller gar nichts mehr. Der Boden in der Isen sei an dieser Stelle so extrem hart, dass sich die Spundwände für einen neuen Pfeiler nicht hineintreiben ließen. Ist halt so und "keiner kann sich erklären, warum."

Der Mittelpfeiler ist jedoch von zentraler Bedeutung für den ganzen Brückenbau. Um der harten Stelle unter ihm mit "sehr, sehr schweren Gerät" beizukommen, wurden lastwagenweise Schottersteine von einer Seite in die Isen gekippt. Eine Spezialmaschine konnte so in die richtige Position gebracht werden, um aufwändig tiefe Löcher für die Spundwände vorzubohren. "Es gibt einen Lichtblick", sagte der Ingenieur, "es sieht so aus, als ob es funktioniert."

Weil der Pfeiler nicht im Zeitplan ist, verschiebt sich alles weitere. Die verlorene Zeit ist offenkundig nicht mehr einzuholen. Zwar könne und werde man die Baufirma auffordern, mit mehr Mann und mehr Gerät schneller zu arbeiten, sobald der neue Mittelpfeiler stehe, sagte Abteilungsleiterin Swoboda. Doch man habe schon so viel Zeit verloren, dass das Terminziel Ende des Jahres nicht eingehalten werden kann. Bestimmte Arbeiten könnten nur bei günstigen Temperaturen durchgeführt werden, erklärte Swoboda. Es wird eine Winterpause geben, nach der die Arbeiten "erst im April 2023" fortgesetzt werden können. Fertig werde die B-15-Brücke deshalb wohl erst Ende Juni.

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