Sobald das Gesetz in Kraft tritt:Erster Cannabis-Club in Erding geplant

Lesezeit: 2 min

Vaclav "Wenzel" Cerveny in einem seiner Hanfläden, in denen er Produkte ohne berauschende Wirkung anbietet. (Foto: Christian Endt)

Die Initiative geht vom Inhaber einer Hanf-Shop-Ladenkette aus, der auch eine Filiale in der Langen Zeile betreibt. In Aschheim soll sein Pilotprojekt entstehen, und wenn alles läuft, will er ein paar Monate später in Erding nachziehen.

Von Thomas Daller, Erding

Voraussichtlich zum 1. März kommenden Jahres soll das Cannabis-Gesetz der Bundesregierung in Kraft treten. Juristisch ist dann der Weg frei, pro Person und unter Sicherheitsvorkehrungen drei Hanfpflanzen anzubauen oder einem Cannabis-Social-Club beizutreten, der den Anbau für seine Mitglieder übernimmt. Wenzel Cerveny, Inhaber einer Ladenkette von elf Hanf-Shops und Vorsitzender des Cannabis Verband Bayern, will solche Clubs gründen. In Aschheim, wo er einen ehemaligen Rewe-Supermarkt gemietet hat, treibt er bereits sein Pilotprojekt voran. Sobald sich dieser "Megastore" etabliert hat "und alle sehen, dass es dort sauber läuft" sagt Cerveny, will er die nächsten Clubs eröffnen; namentlich nennt er die Standorte Landshut, Erding und Rosenheim, wo sich weitere Filialen seiner Kette befinden.

Der 62-jährige Unternehmer Cerveny verkauft Hanf-Produkte "light" wie Tees, Öle, Kekse, auch Kleidung, alles Mögliche. Und alles legal. Er handele nur mit THC-freien Produkten, sagt Cerveny. Tetrahydrocannabinol, abgekürzt THC, ist der Stoff, dem Marihuana seine berauschende Wirkung zu verdanken hat. Bei Nutzhanfsorten ist er weitgehend weggezüchtet.

Gekifft hat Cerveny nach eigenen Angaben noch nie, aber er kämpft seit Jahren für die Legalisierung von Cannabis, weil er von dessen medizinischen Nutzen überzeugt ist. Cannabis wird beispielsweise in der Schmerztherapie eingesetzt, gegen manche Nebenwirkungen einer Chemotherapie und soll auch gegen den Tremor von Parkinson-Patienten helfen.

"Bei uns kostet das Gramm drei Euro. Auf der Straße sind es zehn bis 20 Euro."

Für seinen Anbau-Verein in Aschheim hatte er nach einem Monat bereits 150 Anmeldungen. "60 Prozent von ihnen sind Menschen, die bereits medizinisches Cannabis konsumieren", sagt Cerveny. Bis zu 500 Mitglieder darf ein Verein mit je 50 Gramm im Monat versorgen, für einen Monatsbeitrag von 150 Euro. "Bei uns kostet das Gramm drei Euro. Auf der Straße sind es je nach Qualität zehn bis 20 Euro." Auch Medizin-Cannabis sei deutlich teurer.

Cerveny will und kann sich keine "goldene Nase" daran verdienen, denn die Cannabis-Social-Clubs dürfen laut Gesetzgeber nicht gewinnorientiert handeln. "Sollten wir am Ende des Jahres feststellen, dass wir einen Überschuss erzielt haben, müssen wir im darauffolgenden die Mitgliedsbeiträge entsprechend senken." Und ganz billig sei der Anbau unter Strahlern ohnehin nicht: "Allein der Strom kostet 20 000 Euro im Monat."

Newsletter abonnieren
:SZ Gerne draußen!

Land und Leute rund um München erkunden: Jeden Donnerstag mit den besten Freizeittipps fürs Wochenende. Kostenlos anmelden.

Nachdem der Club am 20. September 2023 in Aschheim gegründet wurde, schlugen dort die Wellen hoch. "In der Bürgerversammlung ging es fast nur um dieses Thema", sagte Cerveny. Manche Aschheimer befürchteten eine offene Drogenszene, aber Bürgermeister und Polizei hätten diese Bedenken entkräftet. In den Clubs und in der näheren Umgebung dürfe laut Gesetzesvorlage ohnehin kein Marihuana konsumiert werden. In dem ehemaligen Supermarkt sind Anbauräume geplant, ein Trocknungsraum, ein Café und ein Shop für Hanfprodukte.

Mit dem Anbau soll begonnen werden, sobald das Gesetz in Kraft tritt. Nach aktuellem Kenntnisstand soll das zum 1. März der Fall sein, wenn nichts dazwischenkommt. Cerveny rechnet mit zwei bis drei Monaten, bis die ersten Blüten geerntet werden können. Wenn dann die ersten Mitglieder kommen, um zweimal im Monat ihr Cannabis abzuholen und das alles problemlos ablaufe, werde sich auch die Akzeptanz einstellen. Davon geht Cerveny aus. Aschheim solle ein Vorzeigeprojekt werden, auf das man verweisen könne, wenn man in Landshut, Erding oder Rosenheim die nächsten Clubs eröffne. Bereits im Sommer nächsten Jahres soll es so weit sein.

In seiner Filiale in Erding werde sich aber auch nach dem 1. März das Sortiment nicht ändern: Man werde dort weder Samen noch Setzlinge für den Eigenanbau erwerben können. Deren Verkauf sei allein den Social-Clubs vorbehalten, und dort dürften sie auch Nicht-Mitglieder kaufen. So sei zumindest sein aktueller Kenntnisstand, sagt Cerveny. Aber das "Kleingedruckte" in der Gesetzesvorlage ändere sich ohnehin noch ständig.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusKlimaaktivismus
:"Ich bleibe so lange auf der Straße sitzen, bis die Bundesregierung handelt."

Luis Böhling ist 19 Jahre alt und Mitglied der "Letzten Generation". Er hat sich schon in München auf der Straße festgeklebt und im September beim großen Aktionsmonat der Gruppierung auch in Berlin. Ein Gespräch mit einem jungen Mann, der genau weiß, was er tut.

Von Felix Krauser

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: