Kälteeinbruch:Tücken einer Winterbaustelle

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Die Brücke Anfang Dezember beim Einhub der 14 Stück Brückenträger. Aktuell stehen die Arbeiten witterungsbedingt still. (Foto: Renate Schmidt)

Die Arbeiten an der Isenbrücke in Dorfen stehen witterungsbedingt wieder still. Von einer Aufholjagd nach all den Verzögerungen hält das Straßenbauamt nichts.

Von Thomas Daller, Dorfen

Das Wetter hält sich nicht an Planungen: Noch vor Weihnachten sollte die Brücke über die Isen betoniert werden, doch dann kam ein Kälteeinbruch und man musste erneut pausieren. Eigentlich sollte sie im Winter bereits befahrbar sein, nach vielen Verzögerungen wird es nun voraussichtlich Juni, bis es soweit ist. Manche Dorfener fragen sich mittlerweile, warum man nicht mit einer Winterbaustelle versucht, Zeit aufzuholen - wie beim Bau der Autobahn A94 auch. Selbst die Großbrücken wurden damals eingehaust, beheizt und es ging ununterbrochen voran. Das Straßenbauamt hat das im Herbst bereits erwogen, aber mit Blick auf die Energiekosten wieder verworfen. Doch die volkswirtschaftliche Rechnung sieht anders aus.

Die Eisenflechter haben nach Weihnachten ihre Arbeit wieder aufgenommen und die Bewehrungen an der Brücke fertig gestellt. Nun bräuchte man eine Phase mit stabilen Plusgraden, um auch noch betonieren zu können. Januar und Februar sind aber erfahrungsgemäß kalt. Bauleiter Ruben Ihle bleibt jedoch zuversichtlich: "Es hängt vom Wetter ab, wir versuchen es hinzubekommen, es ist nicht ausgeschlossen."

Von der A94 kannte man solche Probleme nicht. Die Baustelle wurde im Winter mit einem Zelt oder einer abgeplanten Gerüstkonstruktion eingehaust und mit Heizgeräten erwärmt, die mit Heizöl betrieben wurden. Auch bei den Brücken gab es keine Pause. Man verwendete Vorschubgerüste und unter dem Betongewerk kamen ebenfalls Heizgeräte zum Einsatz, die die Konstruktion von unten erwärmten und trockneten. Das ist nicht billig: Man muss ein Zelt mieten, was bereits 15000 bis 30000 Euro kostet. Die Heizgeräte verbrauchen zudem täglich mehrere hundert Liter Heizöl. Auch beim Beton werden Zuschläge fällig, weil die Mischwerke beispielsweise erhitzten Kies zufügen müssen, damit man ihn gut verarbeiten kann. Zu den ursprünglich veranschlagten Kosten in Höhe von 3,5 Millionen Euro wären sicher noch ein paar hunderttausend Euro hinzugekommen.

Energieverschwendung? Nicht, wenn man auch die volkswirtschaftliche Seite betrachtet: Denn die Umfahrung kostet ebenfalls eine Menge Geld und Energie. Angenommen, täglich müssen etwa 10 000 Autos und 1000 Lastwagen weitere Wege wegen der Umleitung nehmen. Das geben die bekannten Verkehrszahlen her. Der ADAC rechnet mit Kosten von rund 50 Cent pro Auto-Kilometer und etwa 1,50 Euro pro Lastwagenkilometer. Die unterschiedlichen Längen der Umleitungen für Autos und Lastwagen sind ebenfalls bekannt. Wenn man dann nur den Verkehr an fünf Werktagen pro Woche zugrunde legt, kommt man auf volkswirtschaftliche Kosten von 1,1 Million Euro pro Monat. Umgerechnet auf die gesamte Bauzeit von Juni 2022 bis Juni 2023 sind das etwa 15 Millionen Euro, ein Vielfaches der Brückenbaukosten.

Die größte Verzögerung war möglicherweise ein Planungsfehler

Hinzu kommt, dass dem Straßenbauamt möglicherweise ein Planungsfehler bei der schwerwiegendsten Verzögerung unterlaufen ist. Denn man war bei Probebohrungen am Isenufer auf lehmige Böden gestoßen und rückte dann mit leichtem Gerät an, als man die Spundwände für den neuen Mittelpfeiler am Standort des alten in die Isen einrammen wollte. Dort stieß man allerdings auf betonharten Untergrund. Es dauerte dann erheblich länger, bis man mit schwerem Gerät ans Ziel kam. Der Termin der Fertigstellung zum Winter platzte. Ein Fachmann aus der Branche, der nicht genannt werden will, geht davon aus, dass bereits der Untergrund des alten Mittelpfeilers mit Bohrpfählen verfestigt wurde. Das sei auch schon in den 1930er Jahren, als die Brücke gebaut wurde, Standard gewesen. Schon damals habe man keinen Brückenpfeiler mitten im Fluss "in den Dreck hinein gestellt". Die Annahme eines weichen Untergrunds sei "zumindest blauäugig" gewesen.

Kommissarische Ansprechpartnerin beim Straßenbauamt für dieses Projekt ist Jessy Swoboda, nachdem Pressesprecher Thomas Jakob gekündigt hat und auch der Posten des Bereichsleiters Straßenbau bis vor wenigen Tagen vakant war. Swoboda sagte, im Nachhinein könne man die Ursache für den harten Untergrund nicht mehr feststellen. Es könne auch sein, dass die jahrzehntelangen Belastungen ihn so stark verdichtet hätten.

Der weitere Zeitplan soll dennoch eingehalten werden

Eine Winterbaustelle habe man im Herbst erwogen, um Zeit zu gewinnen, bestätigte sie. Aber sie wäre enorm energieintensiv gewesen, weil man die Baustelle von unten her heizen hätte müssen. Maßgeblich sei ja nicht die Temperatur im Zelt, sondern die Bauteiltemperatur. Die Heizgeräte hätten sich dann knapp über der Isen befunden, wobei das Flusswasser darunter wie ein Kühlmittelfluss gewirkt hätte. "Der Aufwand, das zu beheizen, wäre nicht gerechtfertigt gewesen." Noch dazu in einer Zeit der Energiekrise. Man habe dann davon abgesehen.

Swoboda sagte, selbst wenn man erst im März betonieren könne, geschehe das noch rechtzeitig vor dem geplanten Abdichten im April. Der weitere Zeitplan werde sich nicht noch einmal verschieben.

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