Fasching:Eine Bettelhochzeit zum Finale

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Er trägt sie auf Händen: Braut Clementine Genoveva Merlinde mit ihrem Bräutigam Gaudenz Holzscheidl. (Foto: Renate Schmidt)

Andere Gemeinden haben ihre strahlenden Prinzenpaare, die Wartenberger feiern ihr Bettelpaar: Zur Vermählung am Faschingsdienstag kommen hunderte Schaulustiger.

Von Philipp Schmitt, Wartenberg

Es war ein tolles Faschingsfinale, als am Dienstag die traditionelle "Bettelhochzeit" der Narrhalla Wartenberg über die Bühne ging. Verheiratet wurden vom Standesbeamten "Hingerl" (Michael Gruber), dokumentiert vom "Gmoaschreiber Stiftl" (Franz Ganslmaier), die Braut Clementine Genoveva Merlinde (Julia Bohus) und der Bräutigam Gaudenz Holzscheidl vom Woid (Moritz Zink). Nach dem Zug mit Kutschen und Bettelwagen wurde als Höhepunkt auf der Bühne geheiratet. Hunderte Zuschauer ließen sich das von der Narrhalla Wartenberg etwa im zwei oder dreijährigen Turnus organisierte ungewöhnliche Spektakel der Bettler, Lumpen und Bazis nicht entgehen.

Andere Gemeinden haben ihre strahlenden Prinzenpaare, die Wartenberger ihr Bettelpaar. Narrhalla-Präsidentin Anita Zink hatte zuvor die Bettelhochzeit nach dem Hochzeitszug durch Wartenberg eröffnet und als Hochzeitsladerin Hiranglin traditionell "Lumpen, Bazen, Bettelleit" mit dem dreifachen "In Wartenberg regieren heid de Lumpen und die Bettelleid" begrüßt. Überall rauchte es am Marktplatz aus den Öfen, die auf den Bettelwägen mit kochenden Kartoffeln angebracht waren - und es roch nach dort verkauften Grillspezialitäten und Süßigkeiten.

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Auf den Straßen und vor der Bühne wurde von den Narren traditionell mit Federn ausgeklopfter Kissen und Stroh um sich geworfen und geschunkelt, auch Schnaps gab es reichlich, die Stimmung war ausgelassen. Unterstützung erhielt die Bettelbraut Clementine im Theaterstück auf der Bühne als ehemalige Nonne von Bruder Johannes (Hans Egger) und den drei "Moos-Klosterschwestern" Lisa, Hermine, Maria, die zum "Hosiana" einstimmten, als Gaudenz seine Braut endlich auf Händen tragen durfte und Pater Johannes den ersehnten Segen erteilte.

Für Ordnung sorgte auf der Bühne die "Gendamerie Marie" (Ingrid Reiter), die auch die Trauzeugen aus dem Publikum auf die Bühne brachte. Zuvor hatte sie Gmoaschreiber Stiftl darum gebeten: "A jede Freibierlätschn hods heid ausazogn, wenns nix kost brauchts koan Wartenberger trogn. Hoi schnoi zum Unterschreibn oan Trauzeugen aus dera Bagasch." So war durch den Standebeamten Hingerl schnell Formales geregelt und die Hochzeitsgesellschaft nach den Ja-Worten und Unterschriften "ned umasunst do".

Beim Bettelzug sind auch die Jüngsten dabei. (Foto: Renate Schmidt)
Hunderte verfolgten den Hochzeitszug. (Foto: Renate Schmidt/Renate Schmidt)

Um kurz vor 16 Uhr gab es den obligatorischen Hochzeitskuss des "Bettelpaares" auf der Holzbühne zu den Glockenklängen der benachbarten Kirche und einem Tusch der Hohenpoldinger Blaskapelle. Mit einem Kuss war die Hochzeit - die nur wenige Stunden bis Aschermittwoch bestand hatte - zum Jubel des Publikums besiegelt.

Danach wurde geschunkelt und gesungen. Auch die maskierten Kinder hatten ihren Spaß - vor allem weil auch die Eisdiele neben der Bühne geöffnet hatte und es zudem leckere Waffeln und Krapfen an den Ständen des Kulturmarktes und des Trachtenvereins und Getränke (Dance United) gab.

Die Wartenberger Feuerwehr ist mit von der Partie. (Foto: Renate Schmidt)
Ein Ständchen von den drei "Moos-Klosterschwestern". (Foto: Renate Schmidt)

"Es war eine schöne Veranstaltung, wir freuen uns über die gute Besucherresonanz", sagte Narrhalla-Hofmarschall Michael Gruber. Auch Landrat Martin Bayerstorfer und Bürgermeister Christian Pröbst waren mit von der Partie. "Tradition, Brauchtum und Freude wird bei der Bettelhochzeit gefeiert. Es ist unglaublich wichtig, dass Kultur so erfolgreich im Markt umgesetzt wird", sagte Bayerstorfer. "Unsere Bettelhochzeit gehört einfach zu Wartenberg dazu. Es macht mir große Freude, dass so viele Leute gekommen sind und auch das Wetter mitspielt. Alles ist Perfekt, und Federn dürfen wir nach dem Ausfall der Hochzeit während der Pandemie endlich auch wieder schmeißen", erklärte Bürgermeister Pröbst.

Bürgermeister, Landrat und Pfarrer waren in einer Kutsche der "Zwölf Schnäpse" zum Marktplatz gefahren. Der Zug war um 15 Uhr an der Fichtenstraße mit Karren und Gespannen gestartet. Riesige schwarze Rösser von Kutscher Werner Kalinetz zogen durch den Ort. Zudem viele von Narren-Lumpen gezogene Holzwägen, vorbei an der oberen Hauptstraße an hunderten Zuschauern bis zum Marktplatz, wo das Theaterstück mit der standesamtlichen und kirchlichen Hochzeit des Bettelpaars stattfand, nachdem die Braut mit ihrer kargen Aussteuer am Hotel Reiter abgeholt worden war.

Auch das hat Tradition: Das Brautpaar besucht nach dem Auftritt ein Seniorenheim

Danach konnte noch zu Klängen von DJ Rick im Café Härtl der Faschingskehraus bis Aschermittwoch gefeiert werden. Der 27-jährige Hochzeiter Gaudenz ist im wahren Leben Zimmerer und der Sohn der Narrhalla-Präsidentin Anita Zink. Am Hochzeitszug nahmen Mitglieder vieler Vereine wie Henaheisl, Trachtenverein, KulturMarkt, Feuerwehr, Obst- und Gartenbauverein, Dance-United teil. Die Narrhalla Wartenberg hat eine lange Historie und wurde 1978 neu gegründet. Seit Herbst 2023 wurde an der Organisation gearbeitet. Der Verein hat 35 Mitglieder.

Eine weitere Tradition wurde beibehalten, denn das Bettelpaar und die Hochzeitsgesellschaft besuchte wieder nach dem Auftritt ein Seniorenheim.

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