Erdinger Moos:Die Wasserbüffel sind im Kommen

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Bei der Eröffnung (von links): Ella Papp, Moorforschungszentrum Hochschule Weihenstephan Triesdorf, Maximilian Trautner, Moormanager des Landkreises Erding, und Nicole Tietze von der Fachstelle Bauernhausmuseum. (Foto: Stephan Görlich)

Eine Ausstellung im Bauernhausmuseum widmet sich der Geschichte der Moore. Dabei wird deutlich: Die großflächige Trockenlegung war ein Fehler. Jetzt sollen Sümpfe beim Klimaschutz helfen.

Von Philipp Schmitt, Erding

Moore spielen eine wichtige Rolle beim Klimaschutz, und der Landkreis Erding steht als eine der moorreichsten Regionen in Bayern mit bewegter Moor-Geschichte - vom Torfabbau bis zum Großflughafen im Erdinger Moos - vor einem gravierenden Umbruch und Paradigmenwechsel: Bald könnten Wasserbüffel auf für den Klimaschutz gefluteten Arealen weiden und in neuen Sümpfen geeignete Kulturen gepflanzt werden. Es wird an Konzepten gearbeitet, wie Moore wieder in den früheren, natürlichen Zustand versetzt werden könnten, wobei schon heuer die ersten Wasserbüffel bei Dorfen weiden könnten. "Es ist klar, dass wir uns intensiv mit dem Thema befassen müssen", sagte Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) bei der Eröffnung der Ausstellung "Moore im Wandel - gestern, heute, morgen".

Die Ausstellung behandelt Entwicklungen der Moore, Zukunftsvisionen und alternative Nutzungsmöglichkeiten. Der Landrat teilte im Bauernhausmuseum an der Taufkirchener Straße mit, dass früher trocken gelegte Moorflächen wieder "vernässt" werden sollen, weil sie dann weniger Treibhausgase abgeben: "In welcher Art und auf welcher Basis dies dargestellt werden kann, werden wir demnächst erfahren." Früher wurden Moore entwässert, um sie besser landwirtschaftlich und für Siedlungen und Straßen nutzen zu können. Deshalb befinden sich 95 Prozent der 220 000 Hektar Moorflächen in Bayern (mit 8000 Hektar Erdinger Moore) nicht mehr im natürlich-sumpfigen Zustand.

Die damalige Moor-Entwässerung sei aus heutiger Sicht "vielleicht nicht das Richtige gewesen", räumte Bayerstorfer ein. Die Maßnahmen müssten aber im Kontext der damaligen Zeit gesehen werden, als Treibhausgasemissionen und Klimaschutz keine Rolle spielten. Nun sollen durch konkrete Schritte nach dem Willen der Staatsregierung trockene Moorflächen wieder unter Wasser gesetzt werden. Nach dem Bayerischen Klimaschutzgesetz sollen bis 2040 55 000 Hektar Moorflächen "vernässt" werden.

Erding wird betroffen sein. Bayerstorfer könne sich neue Weideformen, angepasste landwirtschaftliche Nutzungen, sumpftaugliche Paludi-Pflanzen und Photovoltaik-Anlagen auf nassen Moorböden vorstellen. Als bedeutsame Moor-Region werde Erding einen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Zahlreiche Exponate informieren über die Bewirtschaftung nasser Flächen. (Foto: Stephan Görlich)
Jeder darf sich ein Bild machen: Eine Besucherin fotografiert Ausstellungsstücke. (Foto: Stephan Görlich)

Referentin Ella Papp sagte, dass Treibhausgas-Emissionen seit Jahren nach oben schnellen - mit Ausnahme kleiner Dellen etwa während der Pandemie. Es wurden 2020 in Bayern 6,7 Millionen Tonnen emittiert. Im Landkreis entweichen jährlich 340 000 Tonnen CO₂ aus trockenen Moorflächen. Damit liegen Erdinger Moorflächen noch vor dem Verkehrssektor, der jährlich im Landkreis 334 000 Tonnen Treibhausgase in die Atmosphäre abgibt.

Die wissenschaftliche Mitarbeiterin der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) sieht Handlungsbedarf, weil der klimaschädliche Ausstoß von Moor-Treibhausgasen sogar den von Flughafen, Straßen, Autobahnen induzierten Wert übertrifft. Nachdem 2023 Landkreis-Moormanager Max Trautner die HSWT um Hilfe bei der Erstellung von Schautafeln gebeten hatte, hat sich das Ausstellungs-Projekt mit Fördergeldern des Umweltministeriums "zu einer in Deutschland einzigartigen Moor-Ausstellung" (Papp) entwickelt. Neben Landratsamt, Bauernhausmuseum, HSWT (mit Peatland Science Centre) haben an Exponaten, Schautafeln, Filmen die Landesanstalt für Landwirtschaft, das Amt für Landwirtschaft Ebersberg/Erding und die Regierung von Oberbayern mitgewirkt.

Die Moorflächen im Landkreis könnten zu Kohlenstoffspeichern werden

Die Ausstellung befasst sich mit Historie (Frühindustrialisierung bis zur Gegenwart) und Moor-Entwicklung. Moorflächen seien Papp zufolge derzeit "in einem ziemlich schlechten Zustand". Sie regte eine rasche Wiedervernässung von Moorflächen an, um den für die Erdatmosphäre problematischen Treibhausgas-Ausstoß zu stoppen. Im Landkreis könnten Moorflächen zu Kohlenstoffspeichern werden und einen Klimaschutz-Beitrag leisten. Das Thema könnte allerdings Interessenkonflikte mit Grundbesitzern, Landwirten, Waldbesitzern, Kommunen induzieren.

Die Kommunalpolitik vor Ort war von der Präsentation des Themas sehr angetan. Dadurch rücke "ein im Landkreis typisches Landschaftsbild in den Vordergrund", sagte Bezirksrat und Erdinger Oberbürgermeister Max Gotz (CSU). "Die Ausstellung ist es wert, angeschaut zu werden", war sich dritter stellvertretender Landrat Rainer Mehringer mit Erdings Zweiter Bürgermeisterin Petra Bauernfeind (beide FW) einige. Die Schautafeln seien auch für Schulen relevant, erklärte Schulleiter und ÖDP-Kreisrat Stephan Treffler. Auch SPD-Kreistags-Fraktionsvorsitzende Ulla Diekmann, die Bürgermeister von Moosinning und Wörth, Georg Nagler (SPD) und Thomas Gneißl (FW), sowie Taufkirchens Zweiter Bürgermeister Christoph Puschmann (CSU) fanden die Ausstellung allesamt äußerst gelungen.

Das Bauernhausmuseum und die Ausstellung haben samstags, sonntags und an Feiertagen von zehn bis 17 Uhr geöffnet.

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