Amtsgericht Erding:Verfolgungsjagd über nächtliche Landstraßen

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Der Eingang zum Amtsgericht Erding an der Münchner Straße. (Foto: Stephan Görlich)

Einem jungen Mann geht das Taschengeld aus, als seine Eltern im Urlaub sind. Er versucht deshalb, einen Zigarettenautomaten aufzubrechen. Vor der alarmierten Polizei rast er im Auto davon. Vor Gericht zeigt er Reue.

Von Vivien Götz, Erding

Möglicherweise habe er nicht gut mit dem Geld gewirtschaftet, das seine Eltern ihm für die Zeit ihres Urlaubes dagelassen hätten, erzählt der Angeklagte gleich zu Beginn der Verhandlung am Amtsgericht Erding. Weil das Geld aus, der Urlaub seiner Eltern aber noch nicht vorbei war, schaute sich der damals 20-Jährige im vergangenen Sommer nach alternativen Einnahmequellen um.

Im Juli 2023 versuchte er deshalb, nachts einen Zigarettenautomaten bei Reichenkirchen,Fraunberg, aufzubrechen. Er habe "Geld rausholen" wollen, um die letzte Zeit des elterlichen Urlaubs zu überbrücken. Mit Stemmeisen und Metallsäge rückte er dem stillen Verkäufer zu Leibe, schaffte es auch, diesen von der Wand zu lösen, aber nicht ihn aufzubrechen. Zeugen riefen schließlich die Polizei und der junge Mann fuhr mit dem Auto davon, als er bemerkte, dass er gesehen worden war.

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Als der heute 21-Jährige sah, dass ihm die gerufene Polizeistreife folgte, gab er Gas und lieferte sich eine fast zwei Kilometer lange Verfolgungsjagd mit den Beamten. "Ich wolle einfach nur weg", schilderte er dem Richter die Situation. "Ich hatte Angst und wollte flüchten."

Weil der junge Mann den versuchten Diebstahl und die Beschädigung des Zigarettenautomaten vollumfänglich eingeräumt hatte, ging es in der Verhandlung vor dem Erdinger Amtsgericht vor allem um die Frage, wie gefährlich das Fahrverhalten des Angeklagten auf seiner Flucht tatsächlich war. "Ich musste schauen, dass wir hinterherkommen", schilderte der Fahrer der Polizeistreife die Verfolgungsjagd über die nächtlichen Landstraßen.

Er habe bereits innerorts Gas gegeben

Der Angeklagte habe bereits innerorts in Fraunberg beschleunigt, sagten die Streifenpolizisten vor Gericht aus. "Er hat definitiv alles gegeben" und habe klar das Ziel verfolgt, den Beamten zu entkommen, ergänzte die Kollegin des Fahrers, die mit im Streifenwagen saß. Die Verfolgungsjagd fand erst ein Ende, als dem Angeklagten ein Reh vor den Wagen lief und er nicht mehr rechtzeitig bremsen konnte. Danach ließ er sich widerstandslos festnehmen und räumte auf der Wache den versuchten Diebstahl ein.

Der zuständige Richter sah aufgrund der Aussagen der Polizeibeamten den Straftatbestand des verbotenen Kraftfahrzeugrennens erfüllt. Ein Paragraf, der eigentlich zur Ahndung von illegalen Autorennen geschaffen wurde, aber auch auf das Flüchten vor der Polizei angewendet werden kann.

Für acht Monate ist der Führerschein weg

Dem Angeklagten schließlich kamen während der Schlussplädoyes von Verteidigung und Staatsanwaltschaft die Tränen. "Mir tut das alles sehr leid, ich habe einfach nicht nachgedacht", sagte er am Ende der Verhandlung. Der Richter rechnete ihm diese Reue, die frühe Geständigkeit und sein kooperatives Verhalten im Polizeigewahrsam an. Der junge Mann sei bisher nicht straffällig geworden und zeige gute Absichten, da er inzwischen ein Studium aufgenommen habe. "Einsicht ist ja der erste Weg zur Besserung", sagte der Vorsitzende und verurteilte den gescheiterten Dieb nach Jugendstrafrecht zu acht Tagen Sozialdienst und acht Monaten Fahrerlaubnisentzug.

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