Amtsgericht Erding:Online-Händler zeigen wenig Interesse an Betrugsaufklärung

Lesezeit: 2 min

Ein Betrüger ist am Erdinger Amtsgericht zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden. (Foto: Stephan Görlich)

Richter verurteilt 43-jährigen zur einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung.

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Am Schluss der Verhandlung war der 43-jährige Angeklagte einfach froh, dass alles vorbei war. Er nahm das Urteil von Amtsrichter Björn Schindler an. Der hatte ihn zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen gewerbsmäßigen Betrugs in 19 Fällen und fünf weiteren versuchten Betrugsfällen verurteilt. Gesamtschaden: 4575,86 Euro. Dazu kommt eine Geldauflage in Höhe von 1500 Euro. Ohne das umfangreiche Geständnis wäre die Strafe vielleicht anders ausgefallen, denn einige der Online-Händler, bei denen er eingekauft hatte, seien wenig kooperativ gewesen, sagte eine als Zeugin geladene Polizistin vor Gericht.

Die Masche des Angeklagten im Zeitraum von Juli 2018 bis zum Juni 2022 war stets identisch, sagte die Polizistin. Er bestellte hochwertige Ware - zum Beispiel eine Lederjacke - und reklamierte dann die Bestellung. Es sei die falsche oder mangelhafte Ware angekommen. Wenn die Reklamation angenommen wurde, schickte er qualitativ weniger wertige Sachen zurück. In der Hoffnung, dass schon keiner genau die Retoure kontrolliert. Was in 19 Fällen, die er zugab, funktionierte und er sein Geld zurück bekam. Fünf Händler hatten die Retoure abgelehnt.

Sechs Kundenkonten mit verschiedenen E-Mail-Adressen liefen auf die selbe Zustelladresse

Aufgefallen ist dies offenbar nur einem Händler, der im vergangenen Jahr deshalb Anzeige wegen Betrugsverdacht gestellt hatte. Ins Auge ist dem Händler gefallen, dass sechs Kundenkonten mit verschiedenen Email-Adressen auf die selbe Zustelladresse liefen. Der Nachname stimmte, nur die Vornamen wechselten laut der Polizistin. Und bei den Konten wurden verdächtig viele Retouren gemacht. Die Polizei beantragte daraufhin einen Durchsuchungsbeschluss, bei dem die Ermittler fündig wurden und etliche Waren, teils noch mit Original-Etikett, sicherstellten.

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Bei der Hausdurchsuchung sei der Angeklagte unkooperativ gewesen, bei der Vernehmung in der Erdinger Polizeiinspektion aber dann doch geständig, was die Bestellungen in einem Online-Shop betraf. Einen Tag später sei er dann noch mal gekommen, um "alle Karten auf den Tisch zu legen", sagte die ermittelnde Beamtin. Zehn Online-Firmen seien dann relevant geworden. Doch bei den Ermittlungen sei sie auf ein Hindernis gestoßen: Einige der Händler hätten auf ihre Anfrage gar nicht reagiert, in einem Fall habe sie einen Ordner mit 125 Transaktionen zugesendet bekommen. Aber keinen Hinweis, welche der Transaktionen dem Angeklagten zugeordnet werden können. Im Endeffekt habe sie deshalb nur 19 konkrete Betrugsfälle und fünf versuchte dem Angeklagten nachweisen können. Und das nur, weil das Geständnis die Ermittlungen erleichtert habe, da die Online-Shops sich wenig "kooperativ" gezeigt hätten zur Aufklärung beizutragen.

Die Staatsanwältin forderte 18 Monate Freiheitsentzug auf Bewährung

Die Staatsanwältin sah nichtsdestotrotz in allen dem 43-Jährigen vorgeworfenen Fällen laut Anklageschrift ein gewerbsmäßiges Handeln und forderte eine Gesamtstrafe von 18 Monaten Freiheitsentzug - auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt, da er keine Vorstrafen habe und ein stabiles, soziales Leben führe. Dazu forderte sie eine Geldauflage in Höhe von 2500 Euro. Der Verteidiger des Angeklagten wies darauf hin, dass ohne Geständnis die Polizei wenig hätte ermitteln können. Und gewerbsmäßiges Handeln sah er nicht, da der 42-Jährige die Ware nur für sich behalten habe. Er sah eine Geldstrafe von 150 Tagessätzen als gerechtfertigt an.

Amtsrichter Schindler sah das Geständnis des Angeklagten, dass er nicht vorbestraft sei und begonnen habe, den Schaden wieder gut zu machen, als positiv an. Seiner Meinung nach habe der Angeklagte sich aber mit seiner Masche regelmäßig Geld erspart - insgesamt 4575,86 Euro. Was für eine Gewerbsmäßigkeit spreche. Wahrscheinlich sei dies nur "die Spitze des Eisbergs", da die Firmen wenig hilfreich gewesen seien. Er verurteilte den 43-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr - ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung. Zudem muss der Angeklagte 1500 Euro an die Einrichtung Brücke zahlen.

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