Entlarvende Studie:Was der Münchner ned kennt, mag er ned

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Leben und leben lassen? Dem folgt der Durchschnitts-Münchner. Er lässt in seiner Stadt leben: Ausländer, Homosexuelle, Andersfarbige. Bedenkt sie nur mit abschätzigem Blick. Anders ist das, wenn sich Fremdheit in der so fremden Religion des Islam manifestiert.

Ein Kommentar von Karl Forster

Man hat sich daran gewöhnt. In der U-Bahn, in der S-Bahn, im Kaufhaus. Man hat sich gewöhnt an die Blicke der offenkundig Einheimischen, wenn offenkundig Fremde dazukommen. Blicke mit einer Mischung aus Abschätzigkeit, Überheblichkeit und Unwohlbefinden. Blicke, die sagen: Was wollt ihr hier? Das ist unsere U-Bahn, unsere S-Bahn, unser Kaufhaus.

Handelt es sich bei den offenkundig Fremden gar um eine Frau mit dunklem Teint und Kopftuch, mischt sich in diesen Blick gerne Ängstlichkeit vor der fremden Religion, die so nah und doch so fern ist und die Nachrichten beherrscht. Nein, keiner sagt einen Ton, aber sie ist spür- und fühlbar, diese Gesinnung, die gerne mit dem Euphemismus beschrieben wird, der Münchner "fremdelt halt ein bisschen".

Es ist diese Melange aus dem "Mia san mia"-Bewusstsein, Erlaubnis zum Dauergrant und Stammtischgemütlichkeit, dank der der Münchner Gefahr läuft, ganz unmünchnerisch intolerant zu werden gegenüber dem Fremden, vor allem wenn die Fremdheit ins Islamische lappt. Die urbairische Weisheit "Was der Bauer ned kennt, des frisst er ned" trifft hier in überhöhter Form: Was er ned kennt, des mag er ned. Dass nun eine seriöse Studie der LMU zu einem beachtlichen Prozentsatz dem Münchner, der Münchnerin Islamfeindlichkeit bescheinigt, ist eigentlich nur die Bestätigung dieses U- und S-Bahn-Gefühls.

Liberalitas bavariae? Das heißt "leben und leben lassen". Dem folgt der Studiendurchschnitts-Münchner. Er lässt in seiner Stadt leben: Ausländer, Homosexuelle, Andersfarbige; bedenkt sie nur mit dem U-Bahnblick. Da ist er toleranter als manch anderer Großstadtdeutscher. Anders ist das, wenn sich Fremdheit in der so fremden Religion des Islam manifestiert. Der Münchner sollte sich einmal damit beschäftigen. Zum Beispiel in einem islamischen Zentrum. Es lohnt sich.

© SZ vom 22.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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