Elektrisches "Hyper Car":Pininfarina will Autowelt von München aus revolutionieren

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2000 PS, Höchstgeschwindigkeit 400 km/h. Allerdings existiert der Pininfarina PF0 bisher nur im Computer. Er wird in München entwickelt. (Foto: obs)

Das neue Elektro-Auto der italienischen Designfirma soll bis zu 400 km/h schnell werden können - das wäre auf deutschen Autobahnen erlaubt.

Von Otto Fritscher

Es donnert, es scheppert, Triumph-Musik ertönt aus den Boxen, auf den Monitoren im "Freiraum" im Werksviertel flimmert das Logo von Pininfarina. Auftritt Michael Perschke, knallblaues Sakko, schwarze Designerbrille. Der Anlass für die Präsentation: Ein Auto zu bauen, wie es die Welt noch nicht gesehen hat - so lautet der Auftrag von Perschke, davon wird er gleich schwärmen.

Von null auf 100 km/h soll das "Hyper Car" - das Super-Auto - in weniger als zwei Sekunden beschleunigen, erst bei 400 Stundenkilometern soll die Höchstgeschwindigkeit erreicht sein. 2000 PS bringen das Modell PF0 (sprich "Pe Eff Null") auf Trab. Und das ohne Verbrennungsmotor, sondern mit einem hochpotenten Elektroantrieb, genauer: mit einem E-Motor an jedem Rad. Klar, dass so ein Supersportwagen, der auch einen 1000 PS starken Bugatti Veyron alt aussehen lässt, nicht ganz billig sein kann. Zwei Millionen Euro verlangt Pininfarina dafür.

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Pininfarina? Ist das nicht diese italienische Designikone, ohne die Ferrari nicht Ferrari wäre? Genau. Sie hat auch Autos wie den Fiat 124, den Renault Espace und den Peugeot 404 designt. Von 2020 an will Pininfarina nun selbst unter die Autoproduzenten gehen, und Perschkes Job ist es, "die Marke aufzubauen". Und von wo aus ginge dies besser als von München, wo Automobili Pininfarina gerade sein weltweites Hauptquartier installiert, in der Dingolfinger Straße. Hier sind IT, Ingenieure, Marketing und der Vorstand, dem Perschke vorsteht, untergebracht.

Der gebürtige Garmischer führt bei der Präsentation gleich mehrere Gründe ins Feld, warum nur München für Pininfarina in Frage komme. Hier gebe es hochqualifizierte IT-Experten, die Autobahn A 9 als Teststrecke für autonomes Fahren, die Talente von der Technischen Universität, die Premium-Wettbewerber, wie Peschke sagt, und natürlich "die Nähe zu Italien", denn ein Großteil der Designer arbeitet in Turin. Was niemand sagt, aber was durchaus eine Rolle für die Entscheidung zugunsten Münchens gespielt haben soll: Deutschland ist das einzige Land ohne Tempolimit, und die Autobahn A 95 nach Garmisch ist bisweilen als "Raser-Autobahn" in Verruf. Für Fahrten mit Highspeed auf deutschen Autobahnen wurde sogar schon in ausländischen Medien geworben.

Perschke war von 2010 bis 2013 Geschäftsführer von Audi India, in dieser Zeit hat er Anand Mahindra kennengelernt, Chef eines Mischkonzerns, der in Indien vor allem Pickups und Traktoren produziert. Pininfarina gehört seit gut drei Jahren zu Mahindra - die Inder haben die italienische Designschmiede nach deren Pleite gekauft. Seitdem hegt Anand Mahindra große Pläne, die Perschke mit seinem Team die Tat umsetzen soll.

Den PF0 hat bislang noch niemand in echt gesehen. Was auch nicht möglich ist, denn er existiert bisher nur im Computer, es gibt noch keine fahrfertiges Exemplar. Hinter verschlossenen Türen wurde im Herbst beim Concours d'elegance in Pebble Beach in Kalifornien handverlesenen Interessenten ein Muster-Exemplar gezeigt. Hier, bei der Präsentation im Freiraum in München, kann man das Auto immerhin durch eine Virtual-Reality-Brille bewundern: blau, flach, schnittig, mit integriertem doppelten Heckspoiler, einem spacigen Innenraum, das Cockpit dominiert von zwei großen Touchscreens.

Auf dem Genfer Automobilsalon soll im März 2019 ein Prototyp gezeigt werden, die auf 150 Exemplare limitierte Serienfertigung soll 2020 beginnen. "70 Prozent der für die USA vorgesehenen 50 Exemplare sind schon vorbestellt", verkündet Perschke stolz.

Braucht die Welt so ein Auto? Michael Perschke muss nicht lange überlegen. "Das weiß ich nicht", sagt er, "aber es gibt Leute, die so ein Auto haben wollen." Auch Nick Heidfeld, der als Rennfahrer 183 Formel-1-Rennen überstanden hat, ist den PF0 zwar noch nicht gefahren, hat aber immerhin für Mahindra an der Rennserie Formel E teilgenommen, dem Grand Prix für Elektroautos. Die 300 PS seines E-Rennwagens nehmen sich neben der Schubkraft im PF0 geradezu lächerlich aus. Auch Heidfeld hat eine Antwort auf die Frage nach dem Sinn eines solchen Elektro-Boliden: "Ja, so ein Auto braucht man schon, wenn man gern schnell fährt."

© SZ vom 29.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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