Zornedinger CSU-Affäre:Personelle Konsequenzen gefordert

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Zornedings geschmähter Pfarrer Olivier Ndjimbi-Tshiende segnet die Gräber. Seine Sonntagspredigt nutzt er für einen Aufruf zur Nächstenliebe. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Landrat Robert Niedergesäß und Kreisvorsitzender Thomas Huber fordern die Zornedinger CSU-Ortsvorsitzende Sylvia Boher zum Rücktritt auf. Bezirkschefin Ilse Aigner prüft Ordnungsmaßnahmen gegen deren Stellvertreter Johann Haindl.

Von Karin Kampwerth, Zorneding

In der Affäre um die fremdenfeindlichen Äußerungen der Zornedinger CSU-Ortsvorsitzenden Sylvia Boher und ihres Stellvertreters Johann Haindl hat sich Kreisvorsitzender Thomas Huber ein Machtwort abgerungen: Er halte personelle Konsequenzen innerhalb des CSU-Ortsverbandes Zorneding für unausweichlich, teilte er am Sonntag mit. Ein umstrittener Artikel Bohers im aktuellen Partei-Blatt "Zorneding Report" sowie die jüngsten Äußerungen Haindls hätten das politische Klima in der Gemeinde belastet.

An einer Sondersitzung des CSU-Ortsvorstandes an diesem Montagabend nehme er deshalb teil. "Sollten bei dieser Sitzung keine personellen Konsequenzen gezogen werden, werde ich den CSU-Kreisvorstand für Dienstag, den 10. November um 17 Uhr, zu einer Sondersitzung einberufen", so Huber weiter. Bislang hatte der Kreisvorsitzende die rechtspopulistischen Äußerungen Bohers zur Flüchtlingspolitik als freie Meinungsäußerung abgetan, wenngleich er immer betont hat, diese Ansichten nicht zu teilen.

Am Samstag hatte der Landrat bereits Boher Rücktritt gefordert

Vorgelegt hatte am Samstag allerdings Landrat Robert Niedergesäß (CSU), der in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk Boher den Rücktritt empfohlen hatte. "Ich möchte an die Frau Boher appellieren, dass sie Verantwortung für ihr Handeln übernimmt und weiteren Schaden von der CSU, der Gemeinde und dem Landkreis abwendet, um somit auch den Weg für einen Neuanfang frei zu machen. Nur so kann Ruhe einkehren." Ob sie den Aufforderungen zum Rücktritt nachkomme, verriet Sylvia Boher am Sonntag nicht. Das Interview des Landrates kenne sie nicht, stattdessen verwies sie auf die Vorstandssitzung: "Ich halte es so, dass wir erst miteinander reden, bevor wir übereinander reden", sagte sie der SZ.

Ebenfalls am Wochenende hatte sich die oberbayerische CSU-Bezirkschefin Ilse Aigner eingeschaltet und ihrem Ärger über ein "Neger"-Zitat Haindls Luft gemacht. Dieser wird in einem Interview mit der Ebersberger Zeitung wie folgt zitiert: Pfarrer Olivier Ndjimbi-Tshiende müsse "aufpassen, dass ihm der Brem (Anmerkung d. Red: Altpfarrer von Zorneding) nicht mit dem nackerten Arsch ins Gesicht springt, unserem Neger." Ndjimbi-Tshiende hatte sich nach den rechtspopulistischen Äußerungen Bohers im CSU-Blatt kritisch über die Christsozialen in Zorneding geäußert, vorigen Donnerstag hatte der Pfarrgemeinderat dann in einem offenen Brief darum gebeten, die auf dem Titelblatt des Parteiorgans abgebildeten Kirchtürme künftig nicht mehr zu verwenden.

Das "Neger"-Zitat könnte auch juristische Konsequenzen für Johann Haindl haben

Das Erzbischöfliche Ordinariat München zeigte sich empört über Haindls Äußerung und teilte mit, Pfarrer Ndjimbi-Tshiende werde sich vorbehalten, rechtliche Schritte gegen Haindl einzuleiten. Aigner erklärte daraufhin, dass Ordnungsmaßnahmen gegen Haindl geprüft würden. Dieser könnte für seine Äußerung, die er der Katholischen Nachrichtenagentur KNA gegenüber als "flapsig" abtat, mit einem Parteiausschluss bestraft werden. "Der CSU-Kreisvorsitzende Thomas Huber hat bereits die zuständigen Gremien in Ebersberg informiert und diese werden darüber beraten", sagte Aigner.

Auch der CSU-Bezirksvorstand werde im Rahmen seiner Klausurtagung Mitte November darüber sprechen. Aigner stellt darüber hinaus klar: "Die Äußerungen von Herrn Haindl sind völlig inakzeptabel. In der CSU Oberbayern haben solche Äußerungen und eine solche Wortwahl keinen Platz! Ich kann Herrn Pfarrer Olivier Ndjimbi-Tshiende versichern, dass wir solche Entgleisungen nicht dulden." Sie gehe nun davon aus, dass Haindl sich in aller Form entschuldigen und der CSU-Ortsverband Zorneding sich deutlich distanzieren werde.

Der Aufforderung seiner Bezirkschefin ist Haindl zumindest öffentlich noch nicht nachgekommen. Pfarrer Ndjimbi-Tshiende selber befeuert das Thema ebenfalls nicht weiter in der Öffentlichkeit. Wenngleich seine Worte beim Allerheiligen-Gottesdienst am Sonntagmorgen in der Zornedinger Pfarrkirche St. Martin durchaus als verklausulierte Botschaft an den CSU-Ortsverband zu verstehen sind: Ndjimbi-Tshiende appellierte zum christlichen Hochfest an die Gläubigen, Dienst am Frieden und am Zusammenleben zu tun und überall ein Zeugnis der Nächstenliebe abzugeben. Aber auch eine Geste der Vergebung schwang in seinen Worten mit. "Christ sein ist eine große Herausforderung", sagte der Pfarrer.

© SZ vom 02.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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