Wissen:Geschichte aufs Ohr

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Dritter Bürgermeister Klaus Seidinger (links) ließ sich den Hörpfad erklären und ist begeistert über das Interesse der Schüler an Kirchseeon. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Schüler des Gymnasiums Kirchseeon erforschen ihre Gemeinde und initiieren eine Hörpfad

Von Julian Kettl, Kirchseeon

Die Gruppe sammelt sich vor einer Wand, von der eine farbenfrohe Fratze herabschaut und ihre Zähne zeigt. "Wir laufen da immer auf dem Weg zur Schule vorbei - und da war's echt mal interessant, ein bisschen mehr darüber zu erfahren." Niclas Wastian erzählt vom Graffiti, das gerade von den Besuchern und Gymnasiasten bestaunt wird. Anlass war die Präsentation des P-Seminar-Projektes "Heimat hören: Ein Hörpfad für Kirchseeon". Graffiti hat Geschichte in Kirchseeon. Der Künstler Raffael Gerlach alias SatOne ist gebürtiger Kirchseeoner. Dort begann er auch zu sprühen. Heute ist seine Kunst international gefragt und er ist von Dubai bis New York unterwegs, um die Welt auf seine Art zu verschönern.

Deswegen war es für die Schüler des P-Seminars nicht leicht, ein Interview mit dem Künstler zu ergattern. "Es hat zwar lange gedauert, bis wir ein Treffen mit ihm arrangieren konnten, dann hat er sich aber echt viel Zeit genommen und uns alles erzählt", erinnert sich Niclas, Schüler und Mitgestalter des Hörpfads. "Wir wollten Kirchseeon hörbar machen und haben uns gefragt: Wie klingt unsere Heimat?", erklärt Lehrer Matthias Ott. Und das ist dem P-Seminar, zu dem sich zehn Schüler mit ihrem Lehrer zusammengefunden haben, gelungen.

Anhand von fünf geschichtsträchtigen Stationen erforschten sie die Vergangenheit ihrer Gemeinde. Dazu erstellten sie gemeinsam mit einem Mediencoach des Bayrischen Rundfunks fünf Audiobeiträge, die sie den Premierengästen des Hörpfades vorstellten. Auch die Schüler selbst lernten dabei viel Neues über den Ort, in dem sie tagtäglich das Gymnasium besuchen. Zum Beispiel über das verlassene Gelände neben den S-Bahn-Gleisen. "Das kennt jeder, aber ich wusste nie was es damit auf sich hat", erzählt der Schüler und Projektleiter Peter Gratz. Seine Seminarkollegen arbeiteten die Geschichte des früheren "Fiat-Geländes" in Form eines Hörbeitrags auf. Dabei erfährt der Zuhörer, dass das Gelände vor 1958 von der Bahn zum Imprägnieren von Bahnschwellen genutzt wurde und wegen der dort verwendeten Chemikalien, die in den Boden sickerten, "eine der größten Umweltkatastrophen in ganz Bayern" ist.

Auch der dritte Bürgermeister Klaus Seidinger besuchte den Hörpfad und war begeistert, obwohl für ihn als alteingesessener Kirchseeoner natürlich "nichts Neues dabei war". Trotzdem lobte er, dass die Schüler so viel Interesse für die Geschichte der Gemeinde zeigen. "Ich bin mir sicher, dass es für viele Bürger sehr spannend ist, so mehr über ihre Heimat zu erfahren." Deswegen werde er sich auch im Gemeinderat für das Projekt einsetzen, das damit auch mit finanzieller Unterstützung weitergeführt werden soll. "Es gibt nämlich noch einiges zu erzählen!"

Felix Jütte hat die Arbeit an den Audio-Podcasts sehr weitergeholfen. "Einfach mal zu sehen, wie arbeite ich ein Thema heraus und setze das dann technisch um?" Der Schüler bastelt hobbymäßig an eigenen Filmproduktionen: "Zum Beispiel Urlaubsfilme mit Kumpels." Er will später gerne professionell in die Medienproduktion. Und konnte sich innerhalb des P-Seminars bei der Erstellung des Beitrags zur NS-Zeit in Kirchseeon ausprobieren. "Das sind einfach neue Erfahrungen, die man im normalen Unterricht nie macht." Auch die Geschichte des ehemaligen Bürgermeisters Fritz Litzlfelder und das noch junge Gymnasium Kirchseeon werden in Form von Audio-Podcasts präsentiert. Orientiert hat sich das P-Seminar an dem Projekt "Auf Spurensuche in Ebersberg - Stadtgeschichte zum Hören" der Volkshochschule Ebersberg

Die Audiobeiträge des P-Seminars sind zum nachhören unter www.kirchseeon.podspot.de.

© SZ vom 11.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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