Windkraft-Pläne werden konkreter:Nur für Zornedinger

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Gemeinde lässt prüfen, wie man ein exklusives Baurecht für Windräder im Ort schaffen kann

Von Viktoria Spinrad, Zorneding

Als sich die Linien immer röter färben, wird es ganz still im Saal. Gebannt schauen zwei Dutzend Zornedinger auf die anwachsenden Kreise, die Wolfgang Poschenrieder auf die Wand des Sitzungssaals projiziert. Die Simulation einer US-Behörde zeigt die globale Erderwärmung seit 1850, bis 2100 sollen es fünf Grad sein - Alarmstufe rot. Wolfgang Poschenrieders Botschaft: Jeder muss nun an Ort und Stelle aktiv werden.

Wie sich der Sprecher des Zornedinger Energie-Forums und Vorstand der Regenerative Energie Ebersberg eG (Rege) das vorstellt, hat er am Jahresende angekündigt: mit einem oder mehreren genossenschaftlich betriebenen Windrädern im ländlichen Zornedinger Süden. Eine Ankündigung, auf die er sehr viel positive Resonanz erhalten habe, schilderte er seinen zwölf Arbeitskreis-Kollegen und dem Dutzend Besuchern des Arbeitskreises Energiewende Zorneding 2030 am Dienstabend.

Doch wo es in Bayern um Windräder geht, gibt es bekanntlich auch Zweifler - und Zorneding bildet da keine Ausnahme. Um die Abstandsregelung der Staatsregierung zu umgehen, muss der Gemeinderat als ersten Schritt nun einen Teilflächennutzungsplan aufstellen. Doch wer garantiert, dass mit dem grünen Licht der Gemeinde nicht plötzlich externe Investoren auf den Zornedinger Windkraft-Zug aufspringen, das Projekt "von Zornedingern, für Zornedinger" torpedieren? Und: Ist es überhaupt richtig, zuerst den Weg für die Windkraft freizumachen - und erst dann auf die Grundbesitzer zuzugehen, die diese auf ihrer Wiese ermöglichen sollen?

Letztere Kritik kam von den CSU-Gemeinderäten im Arbeitskreis. Robert Strobl und Christian Krumpholz monierten, dass die Gemeinde zunächst mit den Grundstückseigentümern sprechen müsse. Der größte Eigentümer im Zornedinger Süden sei nämlich "strikt dagegen", so Strobl. Poschenrieder hielt seinerseits dagegen: Es sei sinnlos, mit Eigentümern über ein Projekt zu reden, "wenn man nicht weiß, ob es im Ort überhaupt Zustimmung gibt".

Zur Seite sprang ihm einer der beiden Windkraft-Pioniere des Landkreises Ebersberg. Wenn man erst mit den Grundstückseigentümern spreche, "dann sieht es aus, wie wenn das Projekt eine ausgemachte Sache wäre", argumentierte Hans Zäuner, einer der beiden Geburtshelfer des einzigen Windrads im Landkreis. Und genau das soll das Zornedinger Folgeprojekt eben nicht sein: "Dies ist noch lange keine Planung", hatte Poschenrieder in seiner Einstiegsrede betont.

Wohl aber der Anschub für eine Bürgerinitiative. Für die auch Gemeinderat Helmut Obermaier, Aufsichtsrat bei der 3E-Genossenschaft und durch und durch Grüner, leidenschaftlich plädierte. Es gehe erst einmal darum, die Flächen überhaupt für Windräder zu öffnen. Bereits zwei Anlagen könnten ganz Zorneding mit Strom versorgen. "Wir haben wenig Zeit, bis unsere Enkel sagen: Habt's ihr alles verpennt?"

Die örtliche Windkraft-Revolution wollen auch die Freien Wähler nicht verschlafen. Er sei davon überzeugt, dass sich die Anlage(n) aus der Gemeinde heraus finanzieren ließen, argumentierte Wilhelm Ficker (FW). Und: Es sei doch ein anderes Gefühl, Energie aus dem Ort zu beziehen, "als wenn man Strom beim Großkonzern einkaufen muss".

Dass sich eigene Windkraft tatsächlich lohnt, hatten die beiden Windbauern und Obermaier vorgerechnet: Demnach hat das Ebersberger Windrad in Hamberg alleine im Januar 600 000 Kilowattstunden Strom produziert, im ganzen vergangenen Jahr mehr als drei Millionen Kilowattstunden - wobei die neuen Windkraft-Anlagen acht bis zehn Millionen Kilowattstunden produzierten, wie Windbauer Zäuner betonte. Eine Menge Strom, für den es "Tausende Quadratmeter Photovoltaik" bräuchte, sagte Obermaier.

Argumente, die offenbar auch bei den Zweiflern fruchteten: Einstimmig abgesegnet wandert das Thema nun in den Gemeinderat. Mit einem Teilflächennutzungsplan soll er den Weg für das Projekt "von Zornedingern für Zornedinger", wie Piet Mayr (CSU), Zornedings Bürgermeister und Aufsichtsrat der 3E-Genossenschaft, formulierte, freimachen.

Damit dieses im Ort bleibt, sich dann kein gewiefter Investor die freigemachten Flächen unter die Nägel reißt, will sich die Gemeinde vorab absichern: Die Verwaltung soll nun beim Bayerischen Gemeindetag prüfen, ob es rechtlich überhaupt möglich ist, den Bau von Windrädern auf den Flächen auf einen bestimmten Personenkreis zu beschränken. Im nächsten Schritt sollen sich die Bürger bei einer Informationsveranstaltung an der Diskussion beteiligen können.

© SZ vom 31.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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