Vernissage an diesem Freitag:Raus aus dem Rahmen!

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Die "Fotofreunde Glonn" zeigen bei ihrer Ausstellung "Spielräume", welche Kunst entsteht, wenn man alle kreativen und technischen Möglichkeiten ausschöpft

Von Anja Blum

Geht es um das Thema Fotografie, ist oft von einem Gespür für den richtigen Moment die Rede, von einem Blick für Details, für das Spiel von Licht und Schatten. Schließlich lautet das Ziel meist, die Realität mit der Kamera auf besondere Weise einzufangen. Die Fotofreunde Glonn jedoch gehen über dieses Bestreben weit hinaus, vor allem ihre Ausstellungen unter dem Titel "Spielräume" legen bei der Fotokunst den Schwerpunkt deutlich auf den zweiten Bestandteil des Wortes. "Uns geht es nicht nur darum, abzubilden, was ist, sondern um mehr", erklärt Sebastian Kugler, der Chef der Fotofreunde, bei einem Rundgang durch die Galerie in der Glonner Klosterschule. Alle zwei Jahre will er seine Mitstreiter dazu ermutigen, in ihrer Kreativität noch einen Schritt weiter zu gehen, sowohl bei den Bildinhalten als auch bei deren Präsentation alle Möglichkeiten auszuschöpfen. "Hier kann und soll man richtig aus dem Rahmen fallen", sagt Kugler und strahlt übers ganze Gesicht.

So mancher traditionell denkende Fotograf mag die Nase rümpfen angesichts der technischen Spielereien, die die Fotofreunde für ihre Arbeiten nutzen. Bildbearbeitung? Oh Gott! Doch von solch mentalen Beschränkungen haben sich Kugler und Co. in ihrer 35-jährigen Clubgeschichte eben schon lange befreit. Sie tricksen, montieren, filtern und kaschieren wie es ihnen gefällt, was zählt, ist allein das Ergebnis: Spannend muss es sein!

Allerdings, betont Kugler, vereinfache diese künstlerische Freiheit den Schaffensprozess nicht, ganz im Gegenteil: "Da bastelt man oft ewig rum." Der 64-Jährige selbst folgt stets einer zugrunde liegenden Bildidee, für die er zunächst die passenden Fotoelemente sucht und dann zusammensetzt, darüber hinaus arbeitet er mit Texturen, Filtern oder radiert Unerwünschtes raus. Da könne es schon mal dauern, bis alles passe, sagt Kugler. Zumal es ihm nicht nur um Ästhetik geht, sondern auch um Botschaft: "Blick ins Ungewisse" oder "die Angst bleibt" sind durchaus Arbeiten mit Nachdenkpotenzial. "Ich finde, unsere Aufgabe ist es, auch mal das Nicht-so-schöne zu zeigen."

Zehn Fotografen stellen nun in der Klosterschule aus, die Schau ist luftig gehängt, so dass jedem Bild angemessen Raum zur Entfaltung bleibt. Und auch bei der Präsentation haben sich die Fotofreunde einiges einfallen lassen: Kein Rahmen oder Passepartout gleicht dem nächsten, es gibt kleinere Formate und größere, quer und hoch, Pappkarton, Alu und Glas. In dieser Hinsicht am ausgefallensten kommt der "Wäschetrockner" von Norbert Alexy daher: Fotos von drei unterschiedlichen Socken, mit winzigen Holzklammern aufgehängt an einer im Bilderrahmen gespannten Schnur. Herrlich!

Neu bei den Fotofreunden sind Gilbert Pinggera aus Wasserburg, laut Kugler eine "echte Bereicherung", und als Gast Wolfgang Hitzer, von dem sich der Chef ebenfalls einen Beitritt erhofft. Unter dem Titel "Verbindungen" zeigt Hitzer eine dreiteilige, humorvolle Serie über ländliche Immobilität: eine einsame altmodische Telefonzelle, eine Bushaltestelle im Nirgendwo, an der jemand einen Koffer hat stehen lassen, sowie ein verwaistes Mitfahrbankerl. Pinggera wiederum begeistert vor allem durch edle Highspeed-Tropfenfotografie, zum Beispiel der "Flaschengeist". Wie ein Pilz türmt sich hier blau eingefärbtes Wasser in einem Gefäß auf - so hat man dieses Sujet tatsächlich noch nie gesehen.

Eine formell sehr strenge, inhaltlich jedoch verspielte "Karriereleiter" präsentiert Harald Biebel, Experte für geometrische Fassaden, beweist aber mit seinem flatternd-schönen "Überflieger", dass er auch mit organischem Schwung umgehen kann. Edith Huber beschränkt sich diesmal auf drei entzückende Aufnahmen aus einer Serie: Auf einer Frankreichreise hat sie Seerosen in Monets Garten fotografiert, und diese Blütenteppiche später in impressionistischer Manier bearbeitet. Ein schönes Spiel mit Natur und Kunstgeschichte! Seine Bandbreite offenbart Volker Jäger mit ganz unterschiedlichen Arbeiten. Darunter ein Porträt seines Sohnes, Szenen aus einer kalifornischen Geisterstadt sowie spektakulär minimalistische Aufnahmen aus der Pinakothek der Moderne - ohne Exponate, ohne Menschen, ganz puristische Architektur in monochromer Anmutung.

Ehrenmitglied Inge Kolb, mittlerweile Mitte 90, zeigt dem Betrachter "Schein und Sein": Eine zarte Spinne sitzt in ihrem noch filigraneren Netz, daneben Wassertropfen, im Hintergrund eine Blüte, alles driftet ab in die Abstraktion. Wer ist hier die Beute?, fragt Kolb, höchstwahrscheinlich augenzwinkernd. Der Münchner U-Bahn verschrieben hat sich Johannes Schmidt und aus dieser Leidenschaft neun sehr unterschiedliche Arbeiten generiert - von konkret bis hin zu abstrakt. Gisela Wimmer wiederum war mit ihrer Kamera auf "Münchens buntester Baustelle" unterwegs und hat den Kunstpark Ost als höchst kreative Oase für Graffiti entdeckt.

"Fotofreunde Glonn", Ausstellung "Spielräume" in der Klosterschule, Vernissage am Freitag, 5. April, um 19.30 Uhr, zu sehen samstags 14 bis 18 Uhr und sonntags 10 bis 18 Uhr, 6./7. und 13./14. April.

© SZ vom 04.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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